Für Manager ist daher essenziell, das Wichtige vom Unwichtigen zu unterscheiden. Und den Zeitpunkt zu erkennen, an dem genug Daten gesammelt und Meinungen ausgetauscht wurden. „Zu viele Informationen können der Entscheidungsfindung auch schaden“, sagt Opel-Chef Neumann. Er spricht von einer permanenten Kraftprobe zwischen Bauch und Verstand, die mit zunehmendem Alter aber immer häufiger der Bauch gewinnt. „Das nennt man wohl Erfahrung“, sagt er.
Eine aktuelle Studie gibt ihm recht: Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin und der Universität Basel sind überzeugt, dass die bevorzugte Entscheidungsart davon abhängt, wie hoch man die eigene Kompetenz einschätzt. „Haben wir viel Erfahrung, vertrauen wir bei Entscheidungen eher unserem Bauchgefühl“, sagt Studienautor Thorsten Pachur. „Dies könnte auch bedeuten, dass ältere Menschen aufgrund ihrer größeren Erfahrung mehr zu Bauchentscheidungen neigen als jüngere.“
Wann Überzeugungen zu Handlungen führen
Ohne einen erkennbaren, individuellen, hohen und relativ sicheren Gewinn, ändert kein Mensch sein gewohntes Verhalten. Dieser Gewinn muss und sollte nicht nur materiell sein. Materielle Belohnungen wirken schnell und sättigen schnell. Sozialer Gewinn (zum Beispiel Anerkennung) wirkt nachhaltiger. Die einzige nicht sättigende Belohnung ist die intrinsische, die man sich selbst gibt.
Ins Blaue hinein ändern wir unser Leben nicht gern. Die Umsetzung der Neuerung muss daher klar vorgezeichnet und praktikabel sein.
Pioniere können und wollen nur die wenigsten Menschen sein. Die meisten anderen brauchen Vorbilder, denen sie nacheifern können. Und die müssen vor allem glaubwürdig sein.
Die erwartbaren Widerstände gegen das neue Leben sollten nicht zu groß sein. Das Festhalten an Gewohntem trägt eine starke Belohnung in sich. Der Anreiz muss doppelt so stark sein, wie die Bremskräfte.
Was passiert, wenn Manager ihrer Intuition nicht mehr trauen und zu lange am Bewährten festhalten, zeigt das Beispiel Deutsche Bank. Die ehemalige Doppelspitze aus Anshu Jain und Jürgen Fitschen hoffte darauf, dass das Investmentbanking wieder so viel Gewinn machen würde wie vor der Finanzkrise; rief einen Kulturwandel aus, ohne diesen entschlossen umzusetzen; und verärgerte die Bankenaufseher durch die zögerliche Aufklärung von Skandalen. Nun muss es der Nachfolger richten. John Cryan räumt gründlich auf, Tausende Angestellte verlieren ihren Job.
Internet macht Entscheidungen angreifbar
Zauderer haben es heutzutage besonders schwer an der Spitze, da die CEOs ihr Handeln längst nicht mehr nur vor ihrem Aufsichtsrat und der Presse rechtfertigen müssen. Das Internet hat das Wissen demokratisiert. Nicht nur Manager können sich die entsprechenden Informationen besorgen. „Das macht Entscheidungen angreifbar“, sagt Peter Brandl. Der ehemalige Pilot berät Manager heute dabei, wie sie entschlossener vorgehen können.
Keine leichte Aufgabe, erst recht bei unpopulären Entscheidungen. Wer stellt sich schon gerne der Öffentlichkeit, nachdem er Tausende von Mitarbeitern entlassen hat? Brandl rät Führungskräften deshalb, sich einmal im Jahr mit ihren Mitarbeitern zusammenzusetzen und die schlimmsten Szenarien durchzusprechen. Der Vorteil: Da es sich nur um ein Gedankenexperiment handelt, werden Entscheidungen rationaler und vor allem angstfrei getroffen. Und sind somit oft besser als solche, die im Affekt getroffen werden.
Alle Entscheidungen absichern funktioniert nicht
Ein weiterer Feind der Entschlossenheit ist die vorherrschende Absicherungskultur unter Managern. Die Zeit der Alleinherrscher wie einst Daimler-Chef Jürgen Schrempp ist vorbei. Heute glaubt kaum einer mehr, ein globales Unternehmen im Alleingang steuern zu können – Gott sei Dank, einerseits. Andererseits hat das auch Nachteile: „Manager wollen immer mehr in Gremien entscheiden“, sagt der Hamburger Professor Rick Vogel. „Das verlangsamt die Prozesse und verwässert Entscheidungen, da sie am Ende immer nur ein Kompromiss sind.“