Im jüngsten Work Trend Index von Microsoft, einer weltweiten Umfrage unter Arbeitnehmern aus verschiedenen Branchen und Unternehmen, gaben 48 Prozent der Befragten an, sich bei der Arbeit ausgebrannt zu fühlen. Das ist eine erschreckend hohe Zahl, die zeigt, wie ein altes Problem in einer unsicheren Welt neue Bedeutung erlangt.
Im Zuge der Neudefinition des Arbeitsplatzes für die nächste Generation haben Personalverantwortliche und Führungskräfte die Möglichkeit, die menschliche Energiekrise anzugehen und Burnout vorzubeugen. Demografische Daten aus dem Work Trend Index zeigen, dass Burnout bei Menschen aller Altersgruppen weit verbreitet ist, aber bei der Generation Z und den Millennials (53 Prozent) – also denjenigen, die sich in der Anfangsphase ihrer Karriere befinden oder aufstrebende Führungskräfte sind – um 11 Prozentpunkte stärker verbreitet ist als bei den Babyboomern (42 Prozent). Die Bekämpfung von Burnout beginnt damit, den Mitarbeitern aufmerksam zuzuhören, um die Warnzeichen zu erkennen – und dann Probleme anzugehen, bevor sie entstehen.
In diesem Artikel weisen wir darauf hin, wie wichtig es ist, Burnout und seine drei Dimensionen wirklich zu messen, untersuchen einige der Auswirkungen und zeigen auf, was Führungskräfte, Manager und Mitarbeiter tun können, um diese negativen Auswirkungen abzumildern.
Über die Autoren
Dawn Klinghoffer ist Leiterin der Abteilung People Analytics bei Microsoft.
Katie Kirkpatrick-Husk ist Managerin für Employee Listening bei Microsoft.
Verständnis von Burnout und seinen Triebkräften
Viele Menschen assoziieren Burnout mit Erschöpfung, aber Forscher sagen, dass es um viel mehr geht. Christina Maslach, Forscherin und Professorin an der University of California, Berkley, beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit den wissenschaftlichen Hintergründen von Burnout. Ihre Arbeit hat dazu beigetragen, dass die Weltgesundheitsorganisation Burnout im Jahr 2019 zu einem „Arbeitsplatzphänomen“ erklärt hat.
Maslach definiert Burnout als eine psychologische Reaktion auf chronischen Stress am Arbeitsplatz, die sich in drei wesentlichen Symptomen äußert: Erschöpfungsgefühle, Zynismus sowie der Eindruck, nichts erreicht zu haben. Die meisten Menschen kennen Stressfaktoren am Arbeitsplatz wie steigende Anforderungen oder mangelnde Anerkennung. Wenn sich diese Stressfaktoren summieren und auf den Arbeitnehmern lasten, und wenn sie dann auch noch mit Zynismus und einem geringeren Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten einhergehen, verschärft sich das Problem - und die Menschen beginnen, ein echtes Burnout zu erleben.
Der Umgang mit Burnout beginnt damit, die Signale im gesamten Unternehmen zu verstehen und sich dann auf Maßnahmen zu konzentrieren, die Sie ergreifen können.
Acht Tipps zum Stressabbau
Versuchen Sie, die Situation, die Ihnen Frust bereitet, ganz bewusst von oben beziehungsweise von außen zu betrachten. So bauen Sie eine innere Distanz zum aktuellen Geschehen auf. Zum Beispiel: „Der Stau, in dem ich gerade stehe, ist eine Tatsache, die ich nicht ändern kann. Wenn ich mich aufrege, verschlimmere ich die Situation nur.“
Quelle: Deutsche Herzstiftung
Sport zählt laut der Deutschen Herzstiftung zu den besten Möglichkeiten, um Stress loszuwerden. Bereits eine halbe Stunde Bewegung, sei es Walking, Schwimmen oder Tennis, kann das Stresslevel deutlich senken.
Zwar lassen sich die Ursachen von Stress nicht immer beheben, etwa bei einem schwierigen Chef. Bei Stress in der Beziehung können gezielte Gespräche helfen.
Hier gilt: Nicht schon aufgebracht ins Gespräch gehen, sondern lieber ein paar Tage warten und alle Argumente und Gegenargumente auch sacken lassen.
Yoga, autogenes Training und Co. werden immer wieder angepriesen – doch nicht jedem sind sie eine Hilfe. Während manche Menschen alleine und in völliger Stille entspannen, bevorzugen andere etwa die Anleitung in einer Gruppe.
Die gewählte Technik sollte unbedingt regelmäßig geübt werden, damit sie in akuten Stress-Situationen dann auch abrufbar ist.
Unter dem „Gegenentwurf“ versteht man die ständige Pflege persönlicher Interessen, seien es Chorsingen, Fußballspielen oder Briefmarkensammeln. Also Aktivitäten, die uns anregen, ein Kontrastprogramm zum (beruflichen) Alltag bieten, uns positiv herausfordern – und so vom negativen Stress ablenken.
Fernsehen mag zwar entspannend erscheinen, doch man ist dabei passiv und erreicht keine nachhaltige Stress-Reduktion. Wertvolle Zeit, in der man den Ärger des Tages verarbeiten und abschütteln kann, geht so verloren.
Es kann helfen, sich einen Plan zu machen, an welchen Tagen man den Fernseher auf jeden Fall auslassen und stattdessen etwa ein altes Hobby wieder aufleben lassen oder ein Treffen mit Freunden verabreden kann.
Gerade wer viel zu tun und das Gefühlt hat, dass der Tag nie genug Stunden haben kann, achtet oft nicht ausreichend auf seine Ernährungsweise. Es wird dann oft das Falsche, zu hastig und insgesamt zu viel gegessen und häufig auch zu viel Alkohol getrunken.
Zusammen mit Bewegungsmangel kann das zu Übergewicht führen, was Unzufriedenheit und Frustgefühle noch verstärken kann. Man sollte sich am Besten ein Repertoire an schnellen und gesunden Mahlzeiten zulegen, etwa aus der Mittelmeerküche, die sich auch gut vorbereiten lassen.
Arzneien, die Beruhigung versprechen gibt es zwar – sie sollten aber stets nur unter Kontrolle eines Arztes zum Einsatz kommen, und nicht einfach auf eigene Faust im Internet bestellt werden.
Als Beispiel nennt die Deutsche Herzstiftung Benzodiazepine, die für langfristige Stressbewältigung ungeeignet sind, weil sie schon nach kurzer Zeit abhängig machen und zudem erhebliche Nebenwirkungen (Konzentrationsschwierigkeiten, Benommenheit) haben können.
Die wichtigsten Warnzeichen
Obwohl der Work Trend Index die Mitarbeiter fragt, ob sie sich ausgebrannt fühlen, geht er nicht speziell auf Erschöpfung, Zynismus und mangelnde Leistung ein. Dabei ist die Messung aller Dimensionen von Burnout wichtig, um genauere Statistiken zu erstellen und präzisere Maßnahmen zur Abschwächung zu bestimmen, die je nach Burnout-Profil der Mitarbeiter variieren können.
Bei Microsoft konzentriert sich unsere halbjährliche interne Umfrage darauf, wie wir unseren Mitarbeitern helfen können, sich energiegeladen zu fühlen und sinnvolle Arbeit zu leisten. Um Burnout zu messen, werden in dieser internen Untersuchung die drei Dimensionen von Maslach – Erschöpfung, Zynismus und das Gefühl, nichts zu leisten – genauer untersucht. Unsere Ergebnisse zeigen, dass es Zusammenhänge zwischen diesen Symptomen und wichtigen Ergebnissen wie der Fluktuation von Mitarbeitern oder mangelnder Produktivität gibt.
So ist die Wahrscheinlichkeit, dass Mitarbeiter, die alle drei Dimensionen von Burnout erleben, das Unternehmen verlassen, viermal höher als bei Mitarbeitern, die keine dieser Dimensionen erleben. Und während die Produktivität nach eigenen Angaben bei Mitarbeitern, die nur eine einzige Burnout-Dimension aufweisen, tendenziell niedriger ist (etwa 13 Punkte auf unserer 100-Punkte-Skala), lag sie in unserer jüngsten Umfrage bei Mitarbeitern, die alle drei Burnout-Dimensionen aufweisen, im Durchschnitt um 22 Punkte niedriger.
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Wichtig ist, dass eine deutlich kleinere Gruppe von Mitarbeitern alle drei Dimensionen des Burnouts erlebt. Das bedeutet, dass es noch nicht zu spät ist, den Menschen zu helfen, und die Untersuchung der spezifischen Stressfaktoren bietet einen Lösungsweg.
Die drei Stressfaktoren angehen
Die meisten Unternehmen begegnen Burnout mit Maßnahmen wie der Förderung von Urlaub, der Ausrichtung von Betriebsversammlungen oder der Bereitstellung von Achtsamkeits-Apps für Mitarbeiter. All diese Maßnahmen sind sinnvoll und helfen den Mitarbeitern, sich zu erholen, aber sie gehen nicht unbedingt auf die eigentliche Ursache für die Erschöpfung der Mitarbeiter ein. Wenn jemand beispielsweise aus dem Urlaub zurückkehrt, kehren auch die Bedingungen, die zu ihrer Abgeschlagenheit geführt haben, einfach wieder zurück.
In diesem Fall kann das Verständnis der Gefühle einen Ausweg skizzieren: Wenn das Gefühl der mangelnden Wertschätzung ein Symptom ist, sollten Sie überlegen, wie Sie den Menschen helfen können, sich für ihre Leistungen anerkannt zu fühlen. Liegt das Problem in der mangelnden Kontrolle über eine Flut von Projekten, sollten Sie überlegen, wie Sie den Mitarbeitern mehr Handlungsspielraum und die Möglichkeit geben können, Prioritäten für ihre Arbeit zu setzen.
Unsere Forschungsergebnisse zeigen, dass Faktoren, die mit der Karriere der Mitarbeiter zusammenhängen – wie das Gefühl, dass ihre Karriereziele erreicht werden können und dass sie im Job ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten gut einsetzen können –, die wichtigsten sind, die das Gefühl der Erfüllung steigern – und Zynismus verringern. Zeit für Weiterbildungen und das Learning on the job einzuräumen sowie die Möglichkeit zur flexiblen Arbeit sind die besten Mittel, um Erschöpfung auszugleichen. Wir haben zudem ein interessantes Muster entdeckt: So ist die Erschöpfung größer, wenn die Mitarbeiter in die Führungsetagen aufsteigen, aber sie sind auch weniger zynisch, weil sie besser erkennen können, wie ihre Arbeit mit der Unternehmensstrategie zusammenhängt.