Damals wussten Unternehmen wenig über einzelne Kanzleien. Transparenz durch Anwaltsrankings konnte man sich nicht mal vorstellen. Nur wenige Kanzleien gewannen in den Neunzigerjahren Profil, allen voran Hengeler mit Schiessl. „Viele sagten, die seien sektenähnlich“, formuliert es ein Konkurrent und lästert über den seltsamen Zusammenhalt dort. Als sich Schiessl beim Fußballspielen beim Kanzleitreffen in Lissabon einen Kreuzbandriss einhandelte, trug ihn sein Partner Thomas Schmidt-Kötters huckepack vom Hotel ins Flugzeug.
Schiessl gilt als begnadeter Verhandler, weil er als emphatisch gilt und eher umgänglich. Er interessiert sich während der Beratung des Übernahmeprozesses vor allem dafür, wo der gemeinsame Nenner beider Parteien liegen könnte. Ist eine Situation verfahren, bringt Schiessl alle wieder auf die Sachebene und liefert die juristische Lösung fürs kaufmännische Problem. Mandanten sind froh, wenn sie von ihm schnell und punktgenau Antworten bekommen statt eines langwierigen zehnseitigen Statements.
Der Typ Streber, mit dem keiner spielen will, war Schiessl dennoch nie. „Mäxchens Geburtstagspartys in seinem Elternhaus waren legendär, selbst der Weinkeller seines Vaters musste dran glauben“, erzählt seine Studienfreundin Ingeborg Neumann, BDI-Vizepräsidentin und Inhaberin der Textilgruppe Peppermint. „Er ist ein sehr konservativer Geist“, beschreibt sie ihn. Und dass er auch austeilen kann und immer die Nummer eins sein will.
Die besten Zeiten kommen noch
Den Spitznamen „Champagner-Schiessl“ hat er sich redlich verdient. „Bei Partys gluckt er nicht bei seinen Hengeler-Kollegen herum, sondern arbeitet sich regelrecht durch den Raum“, sagt ein Düsseldorfer Anwalt. Seine Studienfreunde sprechen unisono von Max’ Leidenschaft für gutes Essen, nennen ihn einen immensen Weinkenner.
Schiessls Markenzeichen ist schon ewig der Strickpulli, den er sich über die Schultern knotet, oft auch im Büro, sagt Textilunternehmerin Neumann. Überhaupt trüge er heute wie damals denselben Mantel, dieselben Schuhe, denselben Schal, dieselbe Jeans.
Sparsamkeit, die nicht nötig wäre. „2016 war ein unfassbar einträgliches Jahr für Schiessl“, sagt ein Brancheninsider. Denn im vergangenen Jahr ging es im M&A-Geschäft nach acht Jahren erstmals wieder hoch her. „Viele Ausländer kaufen deutsche Unternehmen, vor allem Amerikaner, Chinesen und Japaner“, sagt Schiessl.
Seit der Flut der M&A-Deals – ihr Transaktionswert stieg 2016 um 27 Prozent – arbeitet Schiessl jeden Abend zu Hause weiter, sobald die Familie schläft. Aber nur bis Mitternacht. Gar nicht schlafen passt nicht zum entspannten Bild, das er am liebsten von sich zeichnet. Seine Familie hat für Schiessl erste Priorität. Sagt er. Society-Events sehen ihn nicht. Zweite Priorität hat sein Tennis in der Seniorenmannschaft. Schiessl wohnt einen Steinwurf entfernt von seinem Club. Besucht ihn Studienfreundin Neumann, nutzt er die Gelegenheit, zum Tennis abzuhauen und ihr als Patentante die Kinder zu überlassen. Wo sie doch eigentlich mit „Mäxchen“ reden wollte.