Erfolgreiche Anwälte Champagner ist sein zweiter Vorname

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Begnadeter Verhandler

Damals wussten Unternehmen wenig über einzelne Kanzleien. Transparenz durch Anwaltsrankings konnte man sich nicht mal vorstellen. Nur wenige Kanzleien gewannen in den Neunzigerjahren Profil, allen voran Hengeler mit Schiessl. „Viele sagten, die seien sektenähnlich“, formuliert es ein Konkurrent und lästert über den seltsamen Zusammenhalt dort. Als sich Schiessl beim Fußballspielen beim Kanzleitreffen in Lissabon einen Kreuzbandriss einhandelte, trug ihn sein Partner Thomas Schmidt-Kötters huckepack vom Hotel ins Flugzeug.

Das sind die dicksten Deals 2016
Platz 12: Microsoft kauft LinkedInDas soziale Netzwerk LinkedIn richtet sich hauptsächlich an professionelle Kunden, die Geschäftsbeziehungen pflegen oder knüpfen möchten. Im Juni erklärte Microsoft, das Unternehmen für 25 Milliarden Euro kaufen zu wollen.Quelle: Dealogic Quelle: dpa
Platz 11: Abbott Laboratories kauft St Jude MedicalDas große Fusionsfieber in der Pharmabranche scheint etwas abgeflaut. Die Übernahme von St. Jude Medical durch Abbott Laboratories für 27,1 Milliarden Dollar zählt dennoch zu den größten Deals 2016. St. Jude stellt medizinische Geräte für Krankheiten des Herzens und des Nervensystems wie Herzschrittmacher oder implantierte Defibrillatoren her. Benannt ist das Unternehmen nach dem Apostel Judas Thaddäus, dem Schutzpatron der hoffnungslosen Fälle. Quelle: REUTERS
Platz 10: Softbank kauft ARM HoldingsIm Juli wurde die Übernahme angekündigt, im September war sie perfekt: Für 28,7 Milliarden Euro übernahm der japanische Mobilfunkriese Softbank den britischen IT-Konzern ARM Limited. ARM soll als eigenständiges Unternehmen allerdings bestehen bleiben, auch das Personal soll aufgestockt werden. Quelle: REUTERS
Platz 9: General Electric kauft Baker HughesAm Ende war der Widerstand zu stark: Im Mai 2016 scheiterte die 28 Milliarden Euro schwere Fusion der Öldienstleister Halliburton und Baker Hughes am Widerstand US-amerikanischer und europäischer Kartellbehörden. Im Oktober kündigte dann der US-Industrieriese General Electric an, Baker Hughes für 29,3 Milliarden Euro zu übernehmen und sein Öl- und Gasgeschäft mit dem Ölfeldausrüster zusammenzulegen. Eine Entscheidung gegen den Trend: Die Energiebranche steckt angesichts niedriger Ölpreise bereits seit 2015 in einer Dauerkrise. Quelle: AP
Platz 8: Centurylink kauft Level 3 CommunicationsIm Oktober 2016 gab der US-Telekomkonzern Centurylink bekannt, den Telekomdienstleister Level 3 Communications für 30,6 Milliarden Euro zu übernehmen. Level 3 betreibt ein Glasfasernetz von 120.000 Kilometern Länge, mehrere Backbones und vier transatlantische Verbindungen von Europa nach Nordamerika. Im Rahmen der NSA-Affäre geriet das Unternehmen in Verdacht, Daten deutscher Nutzer an US-Geheimdienste weitergegeben zu haben, dementierte die Vorwürfe jedoch. Quelle: AP
Platz 7: Enbridge kauft Spectra EnergyDer kanadische Konzern Enbridge ist der größte Pipelinebetreiber der Welt. Im September kündete das Unternehmen an, den US-Rivalen Spectra Energy übernehmen zu wollen. Die Finanzplattform Dealogic misst dem Deal einen Wert von 38,5 Milliarden Euro zu. Quelle: REUTERS
Platz 6: Chemchina kauft SyngentaChinesische Staatskonzerne gerieten 2016 in einen regelrechten Kaufrausch, auch in Deutschland gingen die Asiaten auf Shoppingtour. Mit dem ersten Megadeal des Jahres fuhr Chemchina allerdings gleich mal einem deutschen Industriegiganten in die Parade: Anfang Februar kündigte die China National Chemical Corporation die Übernahme des Agrochemiekonzerns Syngenta an – und schnappte die Schweizer damit BASF unter der Nase weg. Dealogic bewertet den Deal mit 43 Milliarden Euro. Quelle: REUTERS

Schiessl gilt als begnadeter Verhandler, weil er als emphatisch gilt und eher umgänglich. Er interessiert sich während der Beratung des Übernahmeprozesses vor allem dafür, wo der gemeinsame Nenner beider Parteien liegen könnte. Ist eine Situation verfahren, bringt Schiessl alle wieder auf die Sachebene und liefert die juristische Lösung fürs kaufmännische Problem. Mandanten sind froh, wenn sie von ihm schnell und punktgenau Antworten bekommen statt eines langwierigen zehnseitigen Statements.

Der Typ Streber, mit dem keiner spielen will, war Schiessl dennoch nie. „Mäxchens Geburtstagspartys in seinem Elternhaus waren legendär, selbst der Weinkeller seines Vaters musste dran glauben“, erzählt seine Studienfreundin Ingeborg Neumann, BDI-Vizepräsidentin und Inhaberin der Textilgruppe Peppermint. „Er ist ein sehr konservativer Geist“, beschreibt sie ihn. Und dass er auch austeilen kann und immer die Nummer eins sein will.

Die besten Zeiten kommen noch

Den Spitznamen „Champagner-Schiessl“ hat er sich redlich verdient. „Bei Partys gluckt er nicht bei seinen Hengeler-Kollegen herum, sondern arbeitet sich regelrecht durch den Raum“, sagt ein Düsseldorfer Anwalt. Seine Studienfreunde sprechen unisono von Max’ Leidenschaft für gutes Essen, nennen ihn einen immensen Weinkenner.

Schiessls Markenzeichen ist schon ewig der Strickpulli, den er sich über die Schultern knotet, oft auch im Büro, sagt Textilunternehmerin Neumann. Überhaupt trüge er heute wie damals denselben Mantel, dieselben Schuhe, denselben Schal, dieselbe Jeans.

Sparsamkeit, die nicht nötig wäre. „2016 war ein unfassbar einträgliches Jahr für Schiessl“, sagt ein Brancheninsider. Denn im vergangenen Jahr ging es im M&A-Geschäft nach acht Jahren erstmals wieder hoch her. „Viele Ausländer kaufen deutsche Unternehmen, vor allem Amerikaner, Chinesen und Japaner“, sagt Schiessl.

Seit der Flut der M&A-Deals – ihr Transaktionswert stieg 2016 um 27 Prozent – arbeitet Schiessl jeden Abend zu Hause weiter, sobald die Familie schläft. Aber nur bis Mitternacht. Gar nicht schlafen passt nicht zum entspannten Bild, das er am liebsten von sich zeichnet. Seine Familie hat für Schiessl erste Priorität. Sagt er. Society-Events sehen ihn nicht. Zweite Priorität hat sein Tennis in der Seniorenmannschaft. Schiessl wohnt einen Steinwurf entfernt von seinem Club. Besucht ihn Studienfreundin Neumann, nutzt er die Gelegenheit, zum Tennis abzuhauen und ihr als Patentante die Kinder zu überlassen. Wo sie doch eigentlich mit „Mäxchen“ reden wollte.

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