




Es ist noch nicht so lange her, da war Gisbert Rühl im Silicon Valley. Das ist einerseits für den Vorstandschef eines großen Unternehmens, wie der Stahlhändler Klöckner eins ist, nichts Besonderes; viele deutsche Firmenoberhäupter erhoffen sich vom Besuch der digitalen Hochburg eine mentale Verjüngungskur. Andererseits lässt so eine Tour zu den Technikhelden dieser Welt in einer Branche, in der man für Bestellungen gerne noch das Faxgerät nutzt, dann doch aufhorchen. Und so hatte Rühl bei der diesjährigen Bilanzpressekonferenz seines Unternehmens allerlei zu berichten. Zum Beispiel, dass Klöckner eine eigene Digitaltochter mit Sitz in Berlin gegründet hat. Und wie das Unternehmen langfristig die gesamte Liefer- und Leistungskette im Stahlhandel via Internet abwickeln will. Statt Zahlen und Finanzkauderwelsch präsentierte Rühl Visionen.
In diesen Branchen kriegen die Chefs am meisten
Auf dem dritten Platz landen die Geschäftsführer aus der Chemieindustrie. Sie können sich im Schnitt über jährliche Bezüge in Höhe von 573.000 Euro freuen.
Insbesondere Chefs von großen Unternehmen können sich über eine hohe Vergütung freuen. Kein Wunder, dass die Geschäftsführer in der Autoindustrie mit Bezügen von durchschnittlich 616.000 Euro weit vorne liegen.
Am besten werden in Deutschland die Geschäftsführer von Pharmaunternehmen bezahlt. Sie kassieren im Schnitt Bezüge in Höhe von rund 661.000 Euro im Jahr.
Wie anders noch die Situation vor sieben Jahren. Da war Rühl Finanzvorstand des Stahlhändlers, den alle nur Klöco nennen. Sobald es zum spannenden Teil überging, musste er das Wort an den damaligen CEO Thomas Ludwig abgeben. Ein Jahr später hatte Rühl es geschafft: vom Bilanzversteher zum Boss. Schließlich hatte sich der Finanzfachmann während der Krise bewährt. Außerdem passte die Personalie zum Plan des Unternehmens, durch Zukäufe zu wachsen – ein Leib- und Magenthema des Finanzers. Und so gelang ihm ein Aufstieg, der damals noch unüblich war. Der Finanzvorstand galt als Spaßbremse, Pedant; einer, der tolle Ideen mit einem einzigen Blick in die Bilanz erstickt. Und heute ist Rühl der Großstratege, beeindruckt von den Ideen des Silicon Valley.





Finanz-Chefs kommen an die Spitze von Konzernen
Ämter machen eben Leute. Oder verändern doch eher Leute Ämter? Diese Spitzfindigkeit könnte eine relevante Frage für die Zukunft der deutschen Unternehmenswelt werden. Denn was Rühl vormachte, hat sich zum Trend gemausert: An die Spitze der Konzerne schwingen sich Finanzer.
Oliver Bäte, der nach Stationen als Finanzchef und zuletzt West- und Südeuropachef in das Büro des Allianz-Vorstandschefs zieht, ist nur der jüngste eines ganzen Reigens ehemaliger Oberfinanzdirektoren, die nun das Gesamtunternehmen leiten. Mit Bäte sind 10 von 30 Dax-Vorstandschefs seit jeher gut mit dem Taschenrechner befreundet; mit Werner Baumann bei Bayer rechnet sich Nummer elf gerade als möglicher Nachfolger von Marijn Dekkers beste Karrierechancen aus. Und auch die E.On-Abspaltung Uniper wird künftig vom bisherigen E.On-Finanzchef Klaus Schäfer geführt. In den USA lag der Anteil der Finanzvorstände, die auf den Chefsessel der größten börsennotierten Unternehmen rückten, im Jahr 2013 bei 25 Prozent. 1999 waren es noch zehn. Und abseits des Dax entwerfen Herren wie Metro-Chef Olaf Koch, Thomas Rabe von Bertelsmann oder Stephan Gemkow von Haniel nun Strategien statt Bilanzen.
Erfolgreiche Finanzchefs
Spiegeln die aufgehübschten Karriereaussichten von Controller und Co. die gestiegene Qualität von Deutschlands Finanzern wider, oder wird die Controller- und Zahlenlogik nun auf Jahre hinaus die Unternehmenswelt plagen? Siegt gar der Einfluss der Kapitalmärkte? Und bräuchten Unternehmen nicht gerade in Zeiten des rasanten digitalen Wandels eher Kreativität als Controlling?
Fakt ist, dass erfolgreiche Finanzchefs eine ganze Reihe von Stärken mitbringen. Zum einen hat sich ihre Position dank Finanzkrise und immer komplexer werdender Finanzstrukturen insgesamt gestärkt. Sie sprechen die Sprache von Investoren und Kapitalmärkten und haben anders als andere Vorstände Einblick in alle Unternehmensbereiche. Zudem versprechen sie Rationalität und einen kühlen Kopf, was gerade in Krisenzeiten nie schadet. Und: Sie sind die Idealbesetzung für Anteilseigner, die eher auf Rendite denn auf technischen Fortschritt aus sind.
Gesundes Selbstbewusstsein der Controller
Klöco-Chef Rühl, 56, räumt zunächst mit einem Vorurteil auf. „Ich war nie besonders zahlenverliebt“, sagt er. „Wer sich nur auf die Zahlen konzentriert, sollte Finanzvorstand bleiben.“ Und macht deutlich, dass der Posten für ihn immer nur ein Sprungbrett war. „Mein Ziel war der Vorstandsvorsitz“, sagt er. „Ich wollte gestalten und nicht nur verwalten.“ Dafür schien der Posten als Finanzvorstand aussichtsreich – schließlich war es Rühl, der in den Krisenjahren nach der Lehman-Pleite die Verhandlungen mit Banken und Kapitalgebern führte. „Das war meine Stärke.“
Solche Aussagen zeigen zum einen das gesunde Selbstbewusstsein der Finanzer. Laut einer Umfrage des Personalvermittlers Robert Half unter 200 deutschen Finanzvorständen, trauen sich 70 Prozent von ihnen zu, auf der Stelle auf den Chefposten zu wechseln. 80 Prozent sind überzeugt, dass Kenntnisse im Finanz-und Rechnungswesen die Chance auf einen Platz in der Geschäftsführung erhöhen.