Frauen in Führungspositionen "Ich führe kooperativ, nicht männlich oder weiblich"

Generation Alpha-Frauen: Ingrid Blumenthal (links) und Vanessa Conin-Ohnsorge (rechts) erzählen, wo Frauen in Führung Härte zeigen Quelle: Pressebild, Montage

Ingrid Blumenthal und Vanessa Conin-Ohnsorge arbeiten in einer klassischen Männerdomäne: Sie sind Managerinnen in der Pharmabranche. Hier erzählen Sie, was Managerinnen von Managern lernen können - und umgekehrt.

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Weibliche Chefs sind in Deutschland noch immer eine Minderheit. Der Anteil von Frauen in Führungspositionen liegt bei derzeit 22 Prozent. Vor allem große Unternehmen werden nach wie vor von Männern geleitet. Unsere Wirtschaft scheint fest in Männerhand. Dabei verfügen Frauen ebenso über Persönlichkeitsmerkmale, die landläufig den männlichen Führungsstil kennzeichnen: emotionale Stabilität, Offenheit, Durchsetzungsstärke. Doch vorherrschende stereotypische Überzeugungen zur weiblichen Persönlichkeit lassen Frauen auf dem Weg nach oben noch immer an die gläserne Decke stoßen, stellt eine aktuelle Studie der Universität Hohenheim fest. Schade. Denn so bleibt wenig Gelegenheit, als weibliche Führungskraft zu beweisen, dass weiblich nicht gleich weich bedeutet.

Spitzenpositionen verlangen Führungsqualitäten – von Frauen wie von Männern

Tatsächlich sind Firmen mit Frauen in der Geschäftsführung erfolgreicher, wie eine Studie des Credit Suisse Research Instituts belegt. Gelingt uns Frauen der Durchbruch nur, wenn wir besonders hart auftreten und weibliche Tugenden im Ringen mit den Alpha-Männern opfern?

Falsch. Der Durchbruch gelingt vor allem mit Ausdauer, Offenheit und dem Wunsch nach Weiterentwicklung. Dabei gilt es nicht, die uns zugeschriebenen Eigenschaften wie Empathie oder Fürsorge zu opfern, sondern sinnvoll im Führungsalltag einzusetzen. Nach oben kommt aber nur, wer eine Grundausstattung wichtiger Eigenschaften zur Führung mitbringt. Dazu zählen Durchsetzungsvermögen, Vertrauenswürdigkeit, Belastbarkeit, Ehrgeiz, Risikobereitschaft, Gewissenhaftigkeit und Mut. Wer beim ersten Gegenwind einknickt wie ein zartes Pflänzchen, hat kaum Chancen, weiterzukommen – das gilt für Frauen wie für Männer.

Ingrid Blumenthal: Manchmal hart, aber immer authentisch

Ingrid Blumenthal ist Geschäftsführerin der Stada-Tochter Aliud Pharma. Quelle: Presse

Wir stehen heute dort, wo wir sind, weil wir den Willen und die Bereitschaft zur Führung hatten, und zwar mit aller Konsequenz. Ich möchte als Person authentisch sein und glaube auch, dass mir das ganz gut gelingt. Meine Offenheit hat es mir ermöglicht, einen Branchenwechsel aus dem Finanzierungsbereich einer Bank in das Management eines Pharmaunternehmens zu schaffen. Das war nicht einfach. Vielleicht ist aber gerade die Veränderung in der beruflichen Entwicklung Grund gewesen, es in eine Führungsposition zu schaffen.

Natürlich gibt es in meiner Führungsposition als Geschäftsführerin der Aliud Pharma GmbH immer wieder Momente, in denen es gilt, Durchsetzungsstärke zu beweisen. So sind Kündigungsgespräche mit Mitarbeitern für mich immer schwer.

Habe ich mich aber einmal dazu durchgerungen, Argumente zusammengetragen und bin zu einer Entscheidung gekommen, muss Objektives vor Empathie gehen. Ich kann einem Menschen zugewandt sein und dennoch müssen unternehmerische Entscheidungen getroffen werden.

Es gilt hier, beides voneinander zu trennen. Die erste Kündigung auszusprechen war für mich ungeheuer schwierig. Es war wichtig, hier vor allem Härte gegen meine eigenen Gefühle zu zeigen. Im Nachgang wusste ich, dass es die richtige Entscheidung war. Ich habe gelernt, dass Konflikte zu Ende gebracht werden müssen, um letztlich zu „erleichtern“.

Vanessa Conin-Ohnsorge: Klare Ansagen, hart in der Sache


Ich musste Härte beim Geschäftsführerwechsel in unserem Familienbetrieb zeigen. Die Unternehmensnachfolge gegenüber Familienmitgliedern durchzusetzen, erforderte Rückgrat. Da halfen nur klare Ansagen: „Ich habe das Zepter in der Hand, sonst gehe ich.“ Es war nicht leicht, die Businessrolle trotz privater Verbundenheit konsequent zu leben. Das widerstrebt durchaus dem weiblichen Harmoniebedürfnis, aber es war wichtig, die Positionen zu klären. Heute stellt niemand mehr in Frage, dass ich die Geschäftsführerin der IDV GmbH bin.

In meinen Aussagen gegenüber Mitarbeitern bin ich klar und durchaus hart in der Sache.

Vanessa Conin-Ohnsorge ist Geschäftsführerin der IDV GmbH - einem auf Vertriebs- und Außendienstinformationen für die pharmazeutische Industrie spezialisierten Unternehmen. Quelle: Presse

Ich sage Dinge einmal und nicht drei Mal. Härte im Sinne von Konsequenz und Klarheit ist angebracht, wenn Prozesse oder Projekte sich entgegen der Unternehmensvorgaben entwickeln.

Oder wenn bei Mitarbeitern mit Motivation nichts mehr zu erreichen ist. Oder wenn sich Entwicklungen abzeichnen, die entweder auf Kosten anderer Mitarbeiter oder zu Lasten des Unternehmens gehen. Diese Härte braucht es als Führungskraft bei Gelegenheit auch gegenüber sich selbst – nämlich dann, wenn Sympathie droht die Rationalität zu überrumpeln oder das Harmoniebedürfnis die Rationalität einschränkt.


Die Männer machen es uns vor: Netzwerken hilft weiter

Unser Führungsstil ist weder typisch männlich noch typisch weiblich, sondern vor allem kooperativ. Bei aller Zielorientierung sind wir berechenbar und hoffentlich faire Partner. Wir decken Potenzial auf und fördern es. Wir wollen Mitarbeiter motivieren, kreativ zu sein, ihre Leistungsfähigkeit zu steigern und selbstständig zu arbeiten. Wenn persönliche Zufriedenheit und die Erfüllung unternehmerischer Ziele Hand in Hand gehen, dann ist für uns Führung erfolgreich. Das gelingt unseres Erachtens nur, wenn wir Vertrauen in die Mitarbeiter haben und sie in uns.

Um aber in diese Position zu gelangen, braucht es schon zu Beginn der Karriere nicht nur Klarheit und Konsequenz, sondern auch Offenheit gegenüber anderen. Jede beruflich orientierte Kontaktpflege, jedes Zusammentreffen mit Kollegen, Mitbewerbern oder möglichen Mentoren ist eine Gutschrift auf dem Karrierekonto. Während Männer ihre Kontakte aus dem Studium oder Wehrdienst teilweise weit in den Job hinein fortführen, haben Frauen im beruflichen Netzwerken noch Nachholbedarf.

Dabei sind gerade weibliche Businessbündnisse nicht nur ein wichtiger Kontaktpool, sondern auch Impulsgeber und Kraftquelle. So kennen wir uns z.B. durch das Netzwerk Healthcare Frauen e.V., das führende Managerinnen im deutschsprachigen Gesundheitswesen verbindet. Es hilft uns, sich über Probleme auszutauschen, auf Verständnis zu stoßen und von erprobten Lösungsstrategien anderer zu profitieren. Hier lässt sich viel für den eigenen Führungsalltag generieren – vom Praxistipp bis zum Geschäftsabschluss. Es wird Zeit, dass Frauen sich weniger als Konkurrentinnen auf dem Weg nach oben betrachten, sondern als Kolleginnen mit gemeinsamem Ziel: Mehr Frauen ins Management.

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