Nach den Aufsichtsräten sind jetzt die Vorstände und obersten Führungsjobs dran: Die Regierung will auch hier per Gesetz mehr Frauen in Top-Positionen bringen. Doch die 30 größten börsennotierten Konzerne unterlaufen das Ziel der Politik. Eine Umfrage der WirtschaftsWoche ergab, dass ein Großteil den Anteil an Chefinnen in den oberen drei Führungsebenen nur halten will. Einzelne fallen sogar zurück - was das Gesetz von Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig (SPD) ausdrücklich verhindern soll.
Das Quotengesetz der schwarz-roten Bundesregierung legt seit kurzem fest, dass nicht nur Aufsichtsräte zu mindestens 30 Prozent mit Frauen besetzt werden müssen. Sonst dürfen frei werdende Plätze im Kontrollgremium nicht neu vergeben werden.
Große Unternehmen sind zudem verpflichtet, den Frauenanteil in Vorständen sowie den beiden Führungsebenen darunter zum Stichtag 30. September 2015 auszuweisen. Sie sollen auch erklären, um wieviel sie den Anteil bis in spätestens zwei Jahren, bis Mitte 2017, erhöhen wollen. Sobald Frauen wie Männer mindestens zu 30 Prozent vertreten sind, will sich die Politik nicht weiter einmischen. Sanktionen sind nicht vorgesehen.
Diese Unternehmen bieten die besten Karrierechancen für Frauen
Für den Frauen-Karriere-Index des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) bekommen die teilnehmenden Unternehmen eine Wertung auf einer Skala von 0 bis 100. Je höher die Punktzahl, desto besser die Karrierechancen für Frauen in dem Betrieb.
Die Symrise AG kam im Jahr 2015 auf 73 von 100 Punkten - im Ranking reicht das für Platz zehn.
Quelle: Frauen-Karriere-Index
GFT Technologies AG - 75 Punkte
Jeweils 76 Punkte entfallen auf:
Intel GmbH / Intel Mobile Communications
DATEV eG
TÜV Rheinland
ING-DiBa AG
Jeweils 78 Punkte gehen an
Bombardier Transportation GmbH
Uniklinik Köln
Jeweils 79 Punkte für
Hydro Aluminium Rolled Products GmbH, Grevenbroich
SEB AG
KfW
Jeweils 80 Punkte gehen an
Siemens Betriebskrankenkasse SBK
HypoVereinsbank
SMA Solar Technology
Charité Universitätsmedizin Berlin - 81 Punkte
Jeweils 82 Punkte erreichten
Randstad Deutschland
Airbus Group Deutschland
Deutsche Telekom AG - 83 Punkte
Hewlett Packard GmbH - 85 Punkte
Was von Schwesig als öffentliches Druckmittel gedacht war, beeindruckt Konzerne wenig. Die Mehrheit verbittet sich eine Einmischung und weist das „Ziel 0“ aus – das ist erreicht, wenn die Quote an Frauen in den herausgehobenen Jobs zumindest bleibt wie sie ist. Der Industriegase-Konzern Linde will seine Ziele, die er zum 30. September formulieren musste, sogar erst im kommenden Frühjahr im Geschäftsbericht nennen.
Einige Vorstandsvertreter betonen, wie wichtig es sei, Chefpositionen mit Frauen zu besetzen, auch wenn sie selbst offensichtlich nicht immer danach handeln. Beim Chemiekonzern BASF zeigt sich Vorstandschef Kurt Bock einsichtig – auch wenn sein Konzern gar keinen höheren Frauenanteil als Ziel ausgibt. Um die Kunden in aller Welt besser zu verstehen, müsse BASF für Talente überall attraktiv sein: „Unsere weltweiten Ziele sind Ansporn für uns, bei der Förderung von Vielfalt noch besser zu werden.“
Einzelne Unternehmen könnten sogar zurückfallen. Das gilt für die Deutsche Post, die teils dem Staat gehört. Im sechsköpfigen Vorstand sitzt mit Melanie Kreis eine Frau. Doch der oberste Führungskreis soll auf sieben Mitglieder erweitert werden, voraussichtlich um einen Mann.
Die Bonner sehen sich außerdem nicht in der Lage, den aktuellen Chefinnenanteil in Deutschland in den beiden Führungsebenen darunter mitzuteilen. Dazu schweigen auch – anders als vom Gesetz verlangt - der Konsumgüterhersteller Henkel und der Softwarekonzern SAP. Henkel fördert allerdings seit Jahren ausdrücklich Frauen als Führungsnachwuchs.
Frauen im Vorstand - Fehlanzeige
Ambitionslos gibt sich die mit Steuermilliarden vor der Pleite bewahrte Commerzbank: Der Finanzkonzern zeigt wenig Verständnis für die staatlichen Vorgaben. Frauen im Vorstand – Fehlanzeige. Und in der ersten und zweiten Führungsebene darunter könnte deren Anteil sogar sinken. Als Ziel fürs Jahr 2017 nennen die Frankfurter nur den Frauenanteil, den sie schon 2014 vorweisen konnten. – 8,6 Prozent und 14,6 Prozent. Das wäre ein deutliches Minus: Heute arbeiten bereits 15,8 Prozent in der ersten und 15,5 Prozent in der zweiten Führungsebene.
Unter den Quoten-Boykotteuren kritisiert aber allein Bayer-Personalvorstand Michael König die gesetzlichen Vorgaben öffentlich: „Die gesetzliche Verpflichtung, zusätzliche Ziele für die Entwicklung des Frauenanteils in bestimmten hohen Führungsebenen zu formulieren, erscheint uns vor dem Hintergrund unserer erfolgreichen freiwilligen Anstrengungen entbehrlich.“
So hoch ist der Frauenanteil in den Dax-Konzernen
Bei Adidas liegt der Frauenanteil in Deutschland bei exakt 50 Prozent (Stand: 2014). Weltweit sind es ebenfalls 50 Prozent. Die Führungskräfte des Konzerns sind jedoch nur zu 28 Prozent weiblich.
Bei der Allianz liegt der Frauenanteil in Deutschland bei 47,5 Prozent (Stand: 2014). Weltweit sind 52,9 Prozent der Mitarbeiter Frauen. Die Führungskräfte des Konzerns sind aber nur zu 31,5 Prozent weiblich.
Bei der BASF liegt der Frauenanteil in Deutschland bei 23,7 Prozent (Stand: 2014). Weltweit sind 24,4 Prozent der Mitarbeiter Frauen. Die Führungskräfte des Konzerns sind aber nur zu 19,1 Prozent weiblich.
Bei Bayer liegt der Frauenanteil in Deutschland bei 31 Prozent (Stand: 2014). Weltweit sind 37 Prozent der Mitarbeiter Frauen. Die Führungskräfte des Konzerns sind aber nur zu 26 Prozent weiblich.
Bei Beiersdorf liegt der Frauenanteil in Deutschland bei 50,8 Prozent (Stand: 2014). Die Führungskräfte des Konzerns sind in Deutschland zu 27,5 Prozent und weltweit zu 26 Prozent weiblich.
Bei BMW liegt der Frauenanteil in Deutschland bei 14,8 Prozent (Stand: 2014). Weltweit sind 17,8 Prozent der Mitarbeiter Frauen. Die Führungskräfte des Konzerns sind zu 14,2 Prozent weiblich.
Bei der Commerzbank liegt der Frauenanteil in Deutschland bei 51,2 Prozent (Stand: 2014). Weltweit sind 52 Prozent der Mitarbeiter Frauen. Die Führungskräfte des Konzerns sind aber nur zu 28,2 Prozent weiblich.
Bei Continental liegt der Frauenanteil in Deutschland bei 21 Prozent (Stand: 2014). Weltweit sind 27,3* Prozent der Mitarbeiter Frauen. Die Führungskräfte des Konzerns sind aber nur zu 10* Prozent weiblich.
*Ergänzung der systematischen Belegschaftsdaten um 6 weitere Länder in 2014 mit unterdurchschnittlichem Frauenanteil
Bei Daimler liegt der Frauenanteil in Deutschland bei 15,5 Prozent (Stand: 2014). Weltweit sind 16,8 Prozent der Mitarbeiter Frauen. Die Führungskräfte des Konzerns sind ebenfalls zu 15,5 Prozent weiblich.
Bei der Deutschen Bank liegt der Frauenanteil in Deutschland bei 47,5 Prozent (Stand: 2014). Weltweit sind 41,7 Prozent der Mitarbeiter Frauen. Die Führungskräfte des Konzerns sind aber nur zu 19,4 Prozent weiblich.
Bei der Deutsche Börsen Group liegt der Frauenanteil in Deutschland bei 37 Prozent (Stand: 2014). Weltweit sind 40 Prozent der Mitarbeiter Frauen. Die Führungskräfte des Konzerns sind aber nur zu 15 Prozent (oberes und mittleres Management) und 24 Prozent (Unteres Management) weiblich.
Bei der Deutschen Post liegt der Frauenanteil in Deutschland bei 45,2 Prozent (Stand: 2014). Weltweit sind 36 Prozent der Mitarbeiter Frauen. Die Führungskräfte des Konzerns sind aber nur zu 19,3 Prozent weiblich.
Bei Eon liegt der Frauenanteil in Deutschland bei 27 Prozent (Stand: 2014). Weltweit sind 29 Prozent der Mitarbeiter Frauen. Die Führungskräfte des Konzerns sind aber nur zu 15,8 Prozent weiblich.
Bei Fresenius liegt der Frauenanteil in Deutschland bei 71,5 Prozent (Stand: 2014). Weltweit sind es nur 68,4 Prozent. Die Führungskräfte des Konzerns weltweit sind sogar nur zu 29,9 Prozent weiblich.
Bei Fresenius Medical Care liegt der Frauenanteil in Deutschland bei 46,5 Prozent (Stand: 2014). Weltweit sind 68,7 Prozent der Mitarbeiter Frauen. Die Führungskräfte des Konzerns sind aber nur zu einem Drittel (32,4 Prozent) weiblich.
Bei Heidelberg Cement liegt der Frauenanteil in Deutschland bei 14 Prozent (Stand: 2014). Weltweit sind 13 Prozent der Mitarbeiter Frauen. Die Führungskräfte des Konzerns sind aber nur zu 9 Prozent weiblich.
Bei Henkel liegt der Frauenanteil in Deutschland bei 36 Prozent (Stand: 2014). Weltweit sind 33,2 Prozent der Mitarbeiter Frauen. Die Führungskräfte des Konzerns sind aber nur zu einem Drittel (32,5 Prozent) weiblich.
Bei Infineon liegt der Frauenanteil in Deutschland bei 25,5 Prozent (Stand: 30.09.2014). Weltweit sind 37,1 Prozent der Mitarbeiter Frauen. Die Führungskräfte des Konzerns sind aber nur zu 12,5 Prozent weiblich.
Bei K+S liegt der Frauenanteil in Deutschland bei 9,2 Prozent (Stand: 2014). Weltweit sind 12,1 Prozent der Mitarbeiter Frauen. Die Führungskräfte des Konzerns sind weltweit aber nur zu 14 Prozent weiblich.
Bei Lanxess liegt der Frauenanteil in Deutschland bei 17,1 Prozent (Stand: 2014). Weltweit sind 18 Prozent der Mitarbeiter Frauen. Die Führungskräfte des Konzerns sind weltweit aber nur zu 15,4 Prozent weiblich.
Bei der Lufthansa liegt der Frauenanteil in Deutschland bei 45,8 Prozent (Stand: 2014). Weltweit sind 44,7 Prozent der Mitarbeiter Frauen. Die Führungskräfte des Konzerns sind weltweit jedoch nur zu 14,2 Prozent weiblich. Bezieht man Frauen mit Personalverantwortung (inkl. Leitungsebenen und Vorstand) mit ein, liegt der Wert bei 33,7 Prozent.
Bei Merck liegt der Frauenanteil in Deutschland bei 38 Prozent (Stand: 2014). Weltweit sind sogar 41 Prozent der Mitarbeiter Frauen. In den Führungskräften des Konzerns sind weltweit jedoch nur 26 Prozent weiblich.
Bei Munich RE liegt der Frauenanteil in Deutschland bei 52 Prozent (Stand: 2014). Weltweit sind sogar 54 Prozent der Mitarbeiter Frauen. Die weiblichen Führungskräfte des Konzerns liegen jedoch nur bei 31 Prozent weltweit.
Bei der RWE liegt der Frauenanteil in Deutschland bei 21,5 Prozent (Stand: 2014). Weltweit sind 26,6 Prozent der Mitarbeiter Frauen. Die Führungskräfte des Konzerns sind aber nur zu 14,3 Prozent weiblich.
Bei SAP liegt der Frauenanteil in Deutschland bei 28,7 Prozent (Stand: 2014). Weltweit sind 31* Prozent der Mitarbeiter Frauen. Die Führungskräfte des Konzerns sind weltweit zu 21,3* Prozent weiblich.
*Aktuelle Akquisitionen einbezogen und historische Daten entsprechend angepasst
Bei Siemens liegt der Frauenanteil in Deutschland bei 22* Prozent. Weltweit sind 24* Prozent der Mitarbeiter Frauen. Die Führungskräfte des Konzerns sind aber nur zu 16* Prozent weiblich.
*Stand jeweils 30.09.2013: Siemens ohne Osram
Bei der Telekom liegt der Frauenanteil in Deutschland bei 31,4 Prozent (Stand: 2014). Weltweit sind 35,5 Prozent der Mitarbeiter Frauen. Die Führungskräfte des Konzerns sind aber nur zu 25,6 Prozent weiblich.
Bei The Linde Group liegt der Frauenanteil in Deutschland bei 25,4 Prozent (Stand: 2014). Weltweit sind 28,7* Prozent der Mitarbeiter Frauen. Die Führungskräfte des Konzerns sind weltweit aber nur zu 13,9* Prozent weiblich.
*inklusive Akquisition von Lincare in den USA
Bei Thyssen Krupp liegt der Frauenanteil sowohl in Deutschland, als auch weltweit bei 14,5 Prozent (Stand: 2014). Die Führungskräfte des Konzerns sind jedoch nur zu 8,6 Prozent weltweit weiblich.
Bei Volkswagen liegt der Frauenanteil in Deutschland bei 17,5 Prozent (Stand: 2014). Weltweit sind 15,7 Prozent der Mitarbeiter Frauen. Die Führungskräfte des Konzerns sind aber nur zu 12,1 Prozent weiblich.
Der Vorstandschef der Versicherung Allianz, Oliver Bäte, strebt zwar teils auch nur an, den Status Quo zu halten. Er ist sich aber der Probleme bewusst, wenn fast alle Chefs Männer sind: „Als Unternehmen können wir langfristig nur erfolgreich sein, wenn wir Frauen gleichberechtigt fördern und leistungsbezogen in Führungspositionen einsetzen.“
Eine höhere Quote als Ziel auf allen drei Topebenen verordnet haben sich der Sportartikelhersteller Adidas, der Kosmetikkonzern Beiersdorf, die Deutsche Bank, und Energieversorger RWE. Beiersdorf-Personalvorstand Zhengrong Liu verteidigt die staatlichen Vorgaben sogar: „Das neue Gesetz in Deutschland ist ein zusätzlicher Ansporn für Beiersdorf, den bereits eingeschlagenen Weg fortzusetzen.“