




Die umstrittene Frauenquote in den Aufsichtsräten großer Unternehmen ist auf der Zielgeraden. Trotz anhaltender Meinungsverschiedenheiten über Details soll der Gesetzentwurf der großen Koalition voraussichtlich im März im Bundestag verabschiedet werden; die Grünen haben einen alternativen Vorschlag vorgelegt. An diesem Montag kommen Experten zu einer gemeinsamen Anhörung der Bundestagsausschüsse Frauen und Recht zusammen.
Ab 2016 soll in börsennotierten Unternehmen, in denen die Arbeitnehmerseite voll mitbestimmungsberechtigt ist, bei der Aufsichtsratswahl eine Frauenquote von mindestens 30 Prozent gelten. Das betrifft gut 100 Großunternehmen. 3500 entweder börsennotierte oder mitbestimmungspflichtige Unternehmen müssen sich ab 2015 verbindliche Ziele für die Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen setzen. Sanktionen sind aber nicht vorgesehen.
Hinterfragen Sie sich selbst: Stimmen diese Klischees über Frauen und Männer im Job?
Studien zeigen: Schon kleine Mädchen bevorzugen flache Hierarchien – keiner soll sein Gesicht verlieren. Chefinnen-Gehabe wird abgestraft. Jungs aber testen schon früh Hierarchien – und bleiben im Job dabei: Arbeit ist Wettkampf, Karriere heißt Konkurrenten killen.
Viele Frauen lehnen Machtgerangel ab, streiten lieber um der Sache willen. Männer kämpfen oft nicht um Inhalte, sondern um die Deutungshoheit.
Frauen landen oft entweder auf unwichtigen oder sehr wackeligen Stühlen, auf denen die Gefahr des Scheiterns besonders groß ist. Nicht, weil sie besonders gute Krisenmanager wären – sondern weil Männer Frauen eher ranlassen, wenn der Karren tief im Dreck steckt.
Auch unfähige Männer treten oft mit breiter Brust auf. Fähige Frauen machen sich oft klein, nehmen Dinge persönlich, haben Angst vor zu viel Verantwortung.
Kritiker wie Grüne und Linke monieren, dass es nur um die Aufsichtsräte geht, nicht um die für das operative Geschäft zuständigen Vorstände. Auf Ablehnung stößt auch, dass die Quote für Unternehmen im Besitz des Bundes und für den öffentlichen Dienst bis hin zu den Bundesministerien nicht gelten soll. Die Vorsitzende des Bundestags-Rechtsausschusses, Renate Künast (Grüne), begrüßt dennoch, dass die Frauenquote nun endlich kommt. „Das hat auch etwas Historisches“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. „Vier Jahre haben viele Frauen im Bundestag gekämpft, jetzt werden wir hoffentlich bald den Fuß in der Tür haben.“
Die Grünen fordern zwar eine höhere Quote, nämlich 40 Prozent. Künast räumt aber ein: „Man muss auch wissen, wann es ausverhandelt ist. In dieser Wahlperiode kriegen wir nicht mehr.“ Allerdings beklagt auch die Grünen-Politikerin, dass die Quote zunächst für nur gut 100 Unternehmen gelten soll. „Verlage, Stiftungen, Familienunternehmen, die alle sind ausgenommen, aber auch die Bahn als größtes Unternehmen des Bundes.“ Künast kritisiert: „Wie will man denn Vorbild sein, wenn man das größte Unternehmen, das man hat, gar nicht mit einbezieht?“
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) forderte Ausnahmen für Kleinstgremien bis zu drei Personen. „Es ist widersinnig, den Unternehmen für ein- oder zweiköpfige Geschäftsführungen im Mittelstand Quotenziele aufzuzwingen“, erklärte Holger Lösch, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung, am Sonntag.
Bei der Anhörung am Montag werden auch Einwände der Gewerkschaften zur Sprache kommen. Sie fordern bei der Berechnung der Quote in den paritätisch besetzten Aufsichtsräten eine getrennte Betrachtung der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite. Sonst könnte eine Über-Erfüllung auf der einen Seite den Druck auf der anderen Seite reduzieren.
Kritik von vielen Seiten dürfte es bei der Anhörung auch zur Umsetzung der Quote in Behörden und Ministerien geben. „Die Bundesregierung wird noch stärker als bisher in der Pflicht stehen, auch auf den obersten Führungsebenen in den Ressorts die Unterrepräsentanz von Frauen abzubauen“, heißt es etwa in einem Papier von Kienbaum-Unternehmensberatern für die Ausschüsse.