




WirtschaftsWoche: Frau Büttgen, Sie haben erstmals erforscht, dass Frauen als Chefs keinen Deut schwächer sind als Männer. Dass sie ebenso hart sind und keineswegs weicher, emphatischer führen. Damit belegen Sie auch, dass Frauen als Chefinnen keineswegs die angenehmeren Vorgesetzten für Ihre Mitarbeiter sind, weil sie - denn so unterstellten bislang etliche - die besseren Soft Skills haben, richtig?

Marion Büttgen: Jedenfalls haben diejenigen Frauen, die sich schon heute in Chefpositionen hoch gekämpft haben, dieselben „dunklen“ Persönlichkeitsmerkmale wie Männer - entgegen der verbreiteten Klischees. In unseren umfangreichen Untersuchungen und Befragungen ist das Ergebnis: In ihren Persönlichkeitsdimensionen unterscheiden sich weibliche und männliche Führungskräfte nicht voneinander. Dass Männer stärker ausgeprägte dunkle Persönlichkeitseigenschaften als Frauen haben, war ein Vorurteil und stimmt nicht.
...also Männer und Frauen auf dem Chefsessel sind kein bisschen weniger narzisstisch, machiavellistisch und psychopathisch?
Genau. Ich war überrascht. Wobei diese Erkenntnisse ausschließlich für Frauen in Führungspositionen gelten - in der Normalbevölkerung kann es durchaus sein, dass sie weicher sind und in anderen Eigenschaften wie Empathie oder Kommunikation ausgeprägter sind.
Erwartet hatte ich dieses Ergebnis jedenfalls nicht.
Zählen Sie uns bitte ein paar Beispiele auf.
Frauen in Entscheiderfunktion sind genauso von ihrer Überlegenheit überzeugt, streben nach Anerkennung, wollen Macht ausüben, können manipulativ und gewissenlos sein und setzen sich beispielsweise genauso wie Männer in besonders gutes Licht in Sitzungen oder Pressekonferenzen.
Welches Profil sollten potenzielle weibliche Aufsichtsratsmitglieder mitbringen?
Für die von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG befragten Dax-30-Konzerne muss eine Aufsichtsrätin vor allem unternehmerische Erfahrung mitbringen und nicht bloß Theoretikerin sein.
An zweiter stelle folgt eine ausgeprägte Kontrollkompetenz´.
Als drittes nannten die Befragten Teamkompetenz.
Auch Branchenerfahrung schadet laut den Umfrageteilnehmern nicht.
An fünfter stelle sei Finanzkompetenz entscheidend.
Internationalität wird dagegen weniger stark gewichtet.
Technisches Expertenwissen spielt dagegen kaum eine Rolle.
Sie sind ebenso selbstgefällig. Das kann zu einem für Top-Führungskräfte typischen Verhalten führen, dass sie Kritik überhören oder Rückmeldungen unterbinden, die kritisch sind und ihr Ego schwächen könnten. Mit der Folge, dass sich keiner aus der Belegschaft mehr traut, Kritik zu äußern, auch nicht konstruktive. So wie bei Siemens, wo vor dem Skandal die Vorstände mehr als 30 Warn-Hinweise des Chefjuristen wohl ignorierten oder wie im Fall Middelhoff, der von seiner eigenen Genialität wohl so überzeugt war, dass er alle Warnhinweise zum drohenden Untergang von Arcandor missachtete.
All das ist nicht im Sinne der Unternehmen - bei Chefs und bei Chefinnen gleichermaßen. Was sind die Folgen für die Unternehmen?
Dass Chefinnen in punkto kommunikativerem, sensiblerem Führungsstil - bislang jedenfalls - keine Bereicherung sind. Und dass weibliche Vorgesetzte ebenso durchsetzungstark wie ihre männlichen Kollegen sind, ebenso ihre Ziele um jeden Preis erreichen wollen.
Also machen Unternehmen mit Frauen an der Spitze keinen besseren oder schlechteren Griff - das wird den Befüwortern der Gleichstellung gefallen, den Frauenquoten-Gegnern dafür gar nicht. Welche Schlüsse ziehen Sie aus dieser Erkenntnis, dass Chefinnen und Chefs gleichermaßen hart sind?
Wer so weit nach oben auf der Karriereleiter kommt, muss wohl so gestrickt sein. Diese Erfolgsfrauen ticken wie die Männer. Wenn Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt anders ticken und mit mehr weiblichen Attributen versehen sind, aber man in Chefetagen männlich funktionieren muss, dann könnte das auch eine Erklärung sein, warum so wenig Frauen oben ankommen.
Anders herum: Wenn es immer heißt, mehr Frauen in der Führung täten Unternehmen gut, müsste es bedeuten, dass auch andere, typische Frauen in diese Positionen kommen sollten.