Führungsetage Chefinnen, die härter sind als Chefs

Seite 2/2

"Personalabteilungen meist fest in Frauenhand"

 

...und dass Frauen nicht nur im Personalbereich der Zutritt erlaubt wird?

Das ist ohnehin ein Ammenmärchen, dass der Personalbereich einfacher ist als die anderen Disziplinen wie F&E oder Finanzen: Tatsächlich ist er besonders schwierig, weil man an mehr Fronten kämpfen muss, mit Gewerkschaften und Betriebsräten. Personalvorstände haben es vielleicht sogar schwerer.

Warum bekommen sie dann gerade diese Posten? Wenn den Unternehmenslenkern das klar ist, könnte es gar eine Falle für die Top-Frauen sein? Um sie ins offene Messer laufen zu lassen?

Dass man dies bewusst tut, würde ich nicht unterschreiben. Aber die Personalabteilungen sind meist fest in Frauenhand, da die weiblichen Eigenschaften wie Empathie, ein größeres Kooperationsbedürfnis oder höhere Kompromissfähigkeit dort eben gefragt sind. Und wer einmal im Personalbereich ist, wechselt in der Regel auch nicht mehr in eine andere Disziplin und kann dann auch nur noch Personalvorstand werden.

Fazit Ihrer Untersuchung ist jedenfalls, dass Chefinnen keine Unschuldsengel sind. Sind sie denn wenigstens umgänglicher, verträglicher?

Nein, da muss ich enttäuschen. Frauen in Führungspositionen sind noch weniger verträglich als Männer, zeigt die Studie. Sie setzen im Team-Meeting ihren Kopf gegen die Interessen der anderen durch und gehen einem Streit nicht aus dem Wege. 

Bei geschäftlichen Verhandlungen mit Externen wäre ein hohes Maß an Verträglichkeit allerdings auch oft kontraproduktiv, zum Beispiel wenn ein Einkaufsleiter die Konditionen mit Lieferanten verhandelt oder wenn der Personalvorstand eines Unternehmens sich mit Gewerkschaftsforderungen auseinandersetzen muss.

Sind denn die Top-Managerinnen heute, die die besseren Männer sein wollen, nur die Vorhut für die nächste Generation von abgeklärteren Managerinnen, die auch in der Lage sind, echt zu führen und Mitarbeiter mitzunehmen?

Ja, zu der Ansicht neige ich in der Tat. Je mehr Frauen an die Spitze gelangen künftig, umso mehr Chefinnen-Typen wird es geben. Dafür könnte die Frauenquote sorgen. 

Aber die Frauen müssen es auch wollen. Das könnte durch mehr weibliche Vorbilder in Führungspositionen verbessert werden. In einer anderen Studie von uns zur Unterrepräsentanz von Professorinnen, kam heraus, dass einer der Hauptgründe für die geringe Zahl von Professorinnen fehlende weibliche Vorbilder sind. Im Wissenschaftskontext gibt es zu wenige und vielleicht auch nicht immer die richtigen Vorbilder. So erscheint der lange und oft steinige Weg in solche Positionen sich nur schwer mit Familie und Kindern vereinbaren zu lassen, was viele Frauen davon abhalten könnte ihn einzuschlagen. Das dürfte übertragbar sein auf die Wirtschaft. Hier müssen verbesserte Rahmenbedingungen geschaffen werden, sowohl im wissenschaftlichen als auch im unternehmerischen Kontext.

Sind sie in Ihrer Studie auch auf Punkte gestoßen, wo Managerinnen sich von Managern unterscheiden? 

Das ist die zweite Haupterkenntnis: Frauen zeigen deutlich mehr Offenheit für Erfahrungen, sie sind neugieriger, offener für neue Lösungen. Sie haben eher Sinn für Kreatives, sind offener für Emotionen und haben mehr Fantasie.

Erscheinen Frauen deshalb Männern oft unberechenbarer sowie unzuverlässiger und wollen Männer in Vorständen und anderen Entscheidergremien deshalb lieber unter sich bleiben?

Das könnte durchaus sein. Männer wollen in ihrer Symbiose vermutlich nicht gestört werden.

Resümee von Christian Mai, German Graduate School of Management and Law, Heilbronn:

Im Rahmen der Studie zu den Eigenschaften der Dunklen Triade wurden über 500 Führungskräfte Deutscher Unternehmen (ca. 200 davon weiblich) befragt (Zeitraum 09-11/2014). Als Resümee hier noch einmal die wichtigsten Ergebnisse der Studie:

-Innerhalb der Dimensionen der Dunklen Triade ergeben sich für  männliche und weibliche Führungskräfte eine mittlere Ausprägungen bei Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie (gemessen auf einer 7-Punkte-Skala)

-Neigungen und Eigenschaften narzisstischer Persönlichkeitszüge wirken sich positiv auf den Erfolg und die Performance von Führungskräften aus

-Die Ausprägungen der Führungskräfte, weiblich wie männlich, liegen dabei signifikant über den Durchschnittswerten aus der Bevölkerung

-Bevölkerungsdaten zeigen außerdem, dass sich der Anteil an männlichen und weiblichen Personen mit derartigen Neigungen innerhalb der Bevölkerung unterscheidet: Es gibt weniger Frauen mit einem solchen Persönlichkeitsprofil, was zur Erklärung der Unterrepräsentanz von Frauen innerhalb von Top-Führungspositionen beitragen kann.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%