Chef zu werden ist nicht schwer, Chef zu sein dagegen sehr. Auf diese Formel könnte man das Dilemma von Managern bringen.
Wer in der Firmenhierarchie nach oben klettern will, braucht Talent, Fleiß, Biss und eine gute Portion Glück. Das Problem dabei: All das zeichnet noch lange keine gute Führungskraft aus. Im Gegenteil. Und so leiden Tausende von Angestellten regelmäßig unter dem Führungsstil ihres Chefs.
Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation
Einerseits ist das verständlich. Nichts hasst der Mensch so sehr, wie seine persönliche Freiheit beschnitten zu bekommen – aber genau das tun Personalverantwortliche tagtäglich. Qua Position können sie Autonomie einschränken, indem sie Aufträge erteilen und entziehen oder Positionen nach Gutdünken besetzen. Chefs polarisieren von Natur aus.
Die beiden US-Psychologieprofessoren Edward Deci und Richard Ryan postulierten vor einigen Jahren die Selbstbestimmungstheorie der Motivation. Demnach hat jeder Mensch drei universelle psychische Grundbedürfnisse: Autonomie, Kompetenz und soziale Eingebundenheit. Sind die nicht erfüllt, kommt es früher oder später zur emotionalen Schieflage.
Wie wichtig eine gute Führungskraft nicht nur für die Moral der Angestellten, sondern auch für deren seelische Gesundheit ist, zeigt jetzt eine neue Studie (den Link zu der Studie als PDF finden Sie hier) von Nicolas Gillet von der französischen Universität Tours.
Der Wissenschaftler befragte für seine Untersuchung insgesamt insgesamt 1.118 Arbeitnehmer mit einem Alter zwischen 19 und 64. Das Durchschnittsalter der Teilnehmer lag bei etwa 36 Jahren – manche arbeiteten bei Kleinunternehmen, andere bei Mittelständlern, andere bei Großkonzern mit mehr als 500 Mitarbeitern.
Alle bekamen von Gillet einen umfangreichen Fragebogen, indem sie einerseits Angaben zu ihrem Arbeitsplatz machten sollten – welchen Führungsstil ihr Vorgesetzter hatte, ob sie sich von ihrem Arbeitgeber unterstützt fühlten und ob sie eigenständig arbeiten konnten. Andererseits sollten sie angeben, wie glücklich und zufrieden sie mit ihrem Job waren und ob sie sich dort wohl fühlten.
Eigenständigkeit sorgt für Zufriedenheit
Und siehe da: Je stärker der Vorgesetzte die Eigenständigkeit der Angestellten förderte, desto eher waren deren Bedürfnisse nach Autonomie, Kompetenz und sozialer Eingebundenheit erfüllt – und desto glücklicher und zufriedener waren sie auch mit ihrer Arbeit.
Ein autoritärer Gutsherrenstil à la „Ich bin Chef, du nix“ hingegen wirkte sich enorm negativ auf die Arbeitsmoral aus: Neigte die Führungskraft zum Kontrollwahn und ständigen Druckausüben, litt darunter auch das Wohlbefinden der Angestellten.
Die Ergebnisse sind zwar keine Sensation – taugen aber dennoch dazu, Personalverantwortliche an ihre Pflichten zu erinnern. „Vorgesetzte sollten die Eigenständigkeit der Mitarbeiter fördern“, rät Nicolas Gillet, „anstatt ihnen ständig Deadlines zu setzen und sie unter Druck zu setzen.“