Führungskräfte sollen Perspektive wechseln Firmenchefs, auf geht's ins Sozialpraktikum!

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Die volle Bandbreite weicher Führungsfähigkeiten

Was erfolgreiche Chefs täglich tun
1. Sie sind zugänglich Viele Führungskräfte wirken auf ihre Kollegen einschüchternd. Wer erfolgreich sein will, sorgt dafür, dass dem nicht so ist. Vielmehr sorgen sie dafür, dass in Meetings und Einzelgesprächen eine angenehme Gesprächsatmosphäre herrscht, in der sich auch die graue Maus im Büro traut, den Mund aufzumachen, um ihre Meinung zu sagen. Also: besser nicht zu sehr den Boss raushängen lassen, sondern lieber Sicherheit geben, dass Kritik nicht nur erlaubt, sondern sogar erwünscht ist. Quelle: Fotolia
2. Sie treffen Entscheidungen Ja Mensch, denken sich jetzt vermutlich viele, mache ich auch – auf dem Weg zur Arbeit, am Rechner, in der Kantine. Erfolgreiche Chefs sind im Treffen von Entscheidungen wahre Experten. Dabei konzentrieren sie sich immer darauf, dass alle Entscheidungen, die getroffen werden, dazu führen, dass ein Prozess voranschreitet, etwas möglich wird, etwas am Ende herauskommt. Entscheidungen mit Folgen sozusagen. Quelle: Fotolia
3. Sie definieren ZieleErfolgreiche Führungskräfte sind hervorragende Kommunikatoren in eigener Sache. Und natürlich vor allem dann, wenn es ihnen etwas nützt. Also erzählen sie, wann immer es geht, welche Ziele das Unternehmen verfolgt, welche Werte es vertritt, damit die Vision korrekt verinnerlicht ist und umgesetzt werden kann. Und jeder im Team immer wieder erinnert, wird, welche Aufgabe er in diesem System zu erfüllen hat. Quelle: Fotolia
4. Sie übernehmen VerantwortungErfolgreiche Führungskräfte halten ihren Mitarbeitern den Rücken frei. Sie boxen Entscheidungen durch, damit ihre Kollegen mit ihrer Arbeit weiterkommen und sich nicht im Kleinklein des strategischen Taktierens verlieren müssen. Sie schaffen ein Umfeld, in dem sie sich auf ihre Mitarbeiter und ihre Mitarbeiter sich auf sie verlassen können. Quelle: Fotolia
5. Sie sind BeispielfunktionKlingt wieder banal, aber auch über Banalitäten kann es sich lohnen, noch einmal nachzudenken. Nur wenige Führungskräfte sind dabei nämlich konsequent. Das fängt bei der Pünktlichkeit an und hört bei dem Verhalten in Meetings auf. Erfolgreiche Führungskräfte wissen, dass sie unter ständiger Beobachtung stehen und decken intuitiv diejenigen auf, die nur auf einen klitzekleinen Fehler warten. Quelle: Fotolia
6. Sie geben FeedbackJeder Angestellte möchte, dass seine Führungskraft weiß, welchen großartigen Beitrag er jeden Tag für das Unternehmen leistet. Erfolgreiche Führungskräfte wissen daher, wie wichtig es ist, Feedback zu geben. Sie schenken auch einmal kleinen Details Aufmerksamkeit und legen Wert auf vertrauensvolle Beziehungen zu ihren Mitarbeitern. Quelle: Fotolia
7. Sie nutzen das Potenzial des Teams perfektErfolgreiche Führungskräfte wissen genau um die Talente in ihrem Team. Sie sind Experten darin, auch noch so versteckte Fähigkeiten ihrer Kollegen zu erkennen und heraus zu kitzeln. Wie auf dem Fußballfeld ist es nicht sonderlich sinnvoll, einen Stürmer als Verteidiger einzusetzen und umgekehrt. Erfolgreiche Führungskräfte erkennen das und setzen ihre Kollegen ihren Fähigkeiten entsprechend ein. Quelle: Fotolia

Geschult wird die volle Bandbreite weicher Führungsfähigkeiten: Offenheit und aktives Zuhören, das Überdenken eigener Werte und Maßstäbe, das Verständnis für Menschen in anderen Lebenssituationen. Und die Erkenntnis, dass man nicht für jede Situation eine Lösung parat haben muss. "Das bringt Führungskräfte, die sonst immer alles im Griff zu haben glauben, ins Grübeln", sagt Tito. Ebenfalls eine wichtige Lektion: "Statt über andere zu urteilen“, so Tito, „erfährt man mit eigenen Augen und Sinnen, wie sie leben."

Versicherungsmanager Krausen muss öfter schlucken, wenn er von seiner Zeit in der Suchtberatung erzählt. In seinem lichtdurchfluteten, frisch renovierten Büro mit Postern von Andy Warhol scheint die Welt von Drogen und Alkohol weit weg. Doch der Schein trügt. Mit genau diesen Problemen ist der Manager auch hier konfrontiert. Schulden, Ehekrisen und Depression - als Vorgesetzter kennt er viele private Sorgen seiner rund 100 Mitarbeiter. "Als Unternehmen dürfen wir davor nicht die Augen verschließen", sagt Krausen. "Wir sind ein Spiegel der Gesellschaft."

Und dort hat sich das Suchtproblem extrem verstärkt, wie der jüngst vorgelegte Fehlzeiten-Report 2013 des AOK-Bundesverbands zeigt. Innerhalb der letzten zehn Jahre stieg die Zahl der Fehltage, die durch die Einnahme von Alkohol und anderen Suchtmitteln bedingt waren, um 17 Prozent. Während 2002 noch 2,07 Millionen Fehltage in dem Zusammenhang registriert wurden, waren es 2012 schon 2,42 Millionen.

Nicht um den heißen Brei

Krausen spürt die Auswirkungen dieses Problems hautnah: Eine alkoholkranke Mitarbeiterin belastete ihr Team, weil sie immer wieder ausfiel. Nach seinen Erfahrungen in der Suchtberatung fasste sich Krausen ein Herz, suchte das Gespräch. "Bei Seitenwechsel habe ich gelernt, nicht um den heißen Brei herumzureden", sagt er. "Als Chef muss man Probleme offen ansprechen, sonst erreicht man nichts."

Gesagt, getan. So brachte er die Mitarbeiterin dazu, sich vor ihrem eigenen Team zu outen. "Ein Riesenschritt für sie, aber er hat sich gelohnt", ist Chef Krausen überzeugt. Das Getuschel hinter ihrem Rücken sei fast verstummt, weil sie die Kollegen von Kontrahenten zu Eingeweihten gemacht habe. "Das hat eine positive Dynamik im Team angestoßen."

Außerdem entwarf Krausen für sorgengeplagte Mitarbeiter spezielle Arbeitsprogramme, bei denen sich der Schwierigkeitsgrad der Arbeit nur langsam steigert. Das Ziel: ihr Selbstwertgefühl zu stärken und ihnen die Chance zu geben, ihre Akkus nach und nach neu aufzuladen.

Damit die Sozialwochen ähnlich erfolgreich verlaufen wie bei Krausen, setzen erfahrene Unternehmen auf freiwillige Teilnahme. Idealerweise wählen die Führungskräfte die gewünschte Institution selbst aus und werden dann in Einzelinterviews auf ihren Einsatz vorbereitet. Während und nach dem Aufenthalt sollte ein Ansprechpartner zur Verfügung stehen, um Probleme abzufangen und Feedback einzuholen.

Serviceagenturen bieten Rundum-sorglos-Pakete an, die Beratung, Konzeption, Vermittlung, Organisation und Auswertung enthalten. Dazu gehören lokale Freiwilligenagenturen sowie Dienstleister wie die mehrwert Agentur für Soziales Lernen in Stuttgart oder Vis a Vis in Köln.

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