Eine für alle Parteien unbefriedigende Situation, an der das Top-Management etwas ändern muss. „Die Rollendefinition des mittleren Managements ist keine Aufgabe für den einzelnen Manager“, sagt Penning. Denn die ungenügende Zeit für die Mitarbeiter, für sich selbst und die beklagte Überlastung – das sind strukturelle Probleme. „Um dem mittleren Management eine Rolle als Coach und Berater der Mitarbeiter zu ermöglichen, muss das Top-Management dies gegenüber seinen Führungskräften auch selbst leben“, sagt er.
Ohne Eigenverantwortung und Abgrenzung geht es nicht
Was aber nicht heiße, dass die zweite Führungsebene den Entscheidungen ihrer Vorgesetzten ausgesetzt ist. „Prinzipiell bin ich ein großer Freund davon, dass man sein Leben aktiv gestaltet. Das gilt auch für die Rolle des Mittelmanagers. Er ist kein Opfer, sondern Gestalter seines Arbeitsplatzes“, sagt er. Wenn er keine Zeit eingeräumt für Dinge eingeräumt bekomme, die von ihm erwartet werden, müsse er dafür kämpfen.
„Es ist ein Problem, das Mittelmanager häufig so eine Art Starfighter-Syndrom haben, viel zu viele Ziele gleichzeitig erfüllen zu müssen - und dabei abstürzen. Aber es gehört eben auch dazu, sich abzugrenzen und klar zu sagen, was nicht geht“, sagt Penning.
So fällt das Nein sagen leichter
Machen Sie sich klar, warum Ihnen das Nein sagen schwer fällt. Haben Sie Angst vor Ablehnung, vor Verlust von Sympathien, Retourkutschen? Malen Sie sich die Konsequenzen Ihrer Ablehnung aus: Was kann denn schlimmstenfalls passieren, wenn Sie Nein sagen?
Bevor sie zu etwas Ja oder Nein sagen, denken Sie in Ruhe darüber nach: Haben Sie Zeit, sich um den Hund Ihres Nachbarn zu kümmern? Wen oder was müssen Sie dafür vernachlässigen? Müssen Sie Ihr Hobby vernachlässigen, weil Sie die Abendrunde mit dem Nachbarshund drehen müssen? Wie groß ist der Druck, der Ihnen durch diese zusätzliche Aufgabe entsteht?
Machen Sie sich klar, wem und was Sie Ihre Zeit opfern wollen. Machen Sie nichts, das Ihnen unwichtig erscheint, wenn Sie dafür Ihrer Meinung nach Wichtiges vernachlässigen müssen.
Wenn Sie prinzipiell bereit sind, beispielsweise dem Kollegen beim Umzug zu helfen, bloß nicht den ganzen Tag dafür Zeit haben, sagen Sie das. Setzen Sie zeitliche Grenzen.
Auch in anderen Bereichen gilt: Kommunizieren Sie, was Sie bereit zu tun sind und was nicht.
Sagen Sie nicht: „Ich würde ja sehr gerne, aber mein Partner wird dann wieder sauer...“ oder ähnliches. Sondern sagen Sie klar, dass Sie etwas nicht wollen oder keine Zeit dafür haben.
Selbstverständlich gebe es auch Unternehmen, in denen es gut funktioniere. „44 Prozent sind belastet, 20 Prozent davon nochmal leicht überlastet. Das Gros der Mittelmanager ist aber adäquat für den Job aufgestellt.“
Diese Mehrheit hat allerdings auch andere Voraussetzungen beziehungsweise ein anderes Management über sich. Bei den Unternehmen, in denen die Mittelmanager Innovationstreiber und wenig belastet sind, übernehmen sie die Rolle als Coach und Unterstützer ihrer Mitarbeiter und die der Informations- und Kommunikationsschnittstelle.
Hinzu komme, dass „dass das Top-Management Change nicht nur an die zweite Ebene delegiert, sondern mit auf dem Spielfeld steht“, wie Pennig sagt. Außerdem sei die zweite Ebene bei den positiven Beispielen in strategische Prozesse eingebunden und fungiere nicht bloß als Handlanger.
Weiterentwicklung muss sein
Entspannte Mittelmanager bekommen von der Personalentwicklung konkrete Angebote, um ihre Führungskompetenzen systematisch weiterzuentwickeln und Belohnungen für erfolgreich abgeschlossene Projekte. Sie gelten nicht als Verhinderer der Chef-Ideen, sondern bekommen Anerkennung für ihre Arbeit. Sie haben also gute Chefs, die die Wichtigkeit von Co-Piloten richtig einschätzen und Verantwortung abgeben.
Die Chef-Checkliste zur sozialen Kompetenz
Können Sie sich im "Hier und Jetzt" spürbar auf Ihre Führungsaufgabe einlassen? Sind Sie offen und ansprechbar? Hören Sie aktiv dazu?
Hören Sie sich alle Meinungen an und würdigen Sie die verschiedenen Sichtweisen, bevor Sie sich (vorschnell) ein Urteil bilden?
Stehen Sie hinter dem, was Sie sagen? Können Sie diese Haltung gegenüber dem Team ebenso wie nach außen vertreten?
Bleiben Sie auch in schwierigen Situationen standfest, um Ihr Gegenüber von Ihrem Standpunkt zu überzeugen?
Unterschiedliche Ziel- und Wertvorstellungen führen zwangsläufig zu Konflikten. Erkennen und bewältigen Sie diese Konflikte? Erreichen Sie in Mitarbeitergesprächen konstruktive Lösungen?
Sind Sie in der Lage, Mitarbeiter und Kollegen schnell einzuschätzen und ihre jeweiligen Stärken und Schwächen zu erkennen?
Besitzen Sie das notwendige Einfühlungsvermögen, um Ihre Mitarbeiter zu verstehen und in der Folge leichter von einer Sache zu überzeugen?
Wenn es nicht "rund" läuft: Sprechen Sie das Problem offen an? Stehen Sie hinter ihren Leuten, auch wenn sie Fehler machen?
Verhalten Sie sich integer und folgen Sie im Umgang mit Mitarbeitern und Kollegen den Regeln des Fair Play?
Sind Sie in der Lage, Interaktionen und gruppendynamische Prozesse in Teams aktiv zu gestalten und effizient in und mit Teams zu kooperieren?
Die anderen 44 Prozent arbeiten mit Top-Managern, die zwar das Steuer übernehmen, aber niemandem sagen, wohin sie rudern – und sich dann über das Tempo und den Kurs beschweren. „Der Mittelmanager ist der zentrale Informationsmanager. Er hat die meisten Infos von den Mitarbeitern, als auch von den Kunden. Ihn nicht einzubinden, ist töricht“, kritisiert Penning deren Verhalten. Über Überlastung und Blockaden braucht man sich dann jedenfalls nicht wundern. Zusammengefasst lässt sich sagen: Wer sich über seine unfähige zweite Führungsebene beschwert, sollte vielleicht einmal überprüfen, ob der größte Bremser und Blockierer nicht im Chefsessel sitzt.