Führungsqualitäten Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser

Management: So schaffen Sie eine vertrauensvolle Beziehung Quelle: imago images

Wie motiviert Mitarbeiter sind, hängt auch von ihrer Beziehung zum Chef ab. Das Problem: Viele Führungskräfte sind zwar fachlich stark, fallen aber zwischenmenschlich durch. So fördern Chefs die Beziehung zu ihren Untergebenen.

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Verstecken ist nicht mehr möglich: Plattformen wie kununu.de zeigen heute jedem, wie es hinter den polierten Fassaden von Unternehmen aussieht. Besonders am Vorgesetztenverhalten scheitern dort viele. Von 13 Kategorien, die auf dem Portal bewertet werden, liegt die Kategorie Vorgesetztenverhalten unter den schlechtesten drei.

Doch was macht ein gutes Vorgesetztenverhalten aus? „Mitarbeiter fordern ein hohes Maß an Flexibilität“, erklärt Johannes Prüller von kununu. Doch damit ihnen diese zugestanden wird, muss der Chef ihnen erst einmal vertrauen.

Eva Schulte-Austum kennt sich mit Vertrauen aus. Sie berät Unternehmen in Sachen Mitarbeiterbindung und erklärt, wie sie zu einem vertrauenswürdigen Arbeitgeber werden. Das pflegt das Image: Denn Mitarbeiter, die ihrem Arbeitgeber vertrauen, empfehlen diesen doppelt so häufig weiter im Vergleich zu den Kollegen, die ihrem Arbeitgeber misstrauen. Das ist ein Ergebnis des Trust Barometers der Kommunikationsagentur Edelmann.

Mitarbeiter brauchen Freiraum

Schulte-Austum startet viele ihrer Seminare beim Thema Kontrolle. Führungskräften falle es häufig schwer, ihren Mitarbeitern mehr Freiheit einzuräumen, erzählt sie aus ihrem Erfahrungsschatz. Das bleibt nicht folgenlos: Je mehr die Angestellten mit ihren Vorgesetzten abstimmen müssen, desto weniger können sie selbst gestalten. Viele verlieren dann deutlich an Motivation und bringen ihrem Arbeitgeber schnell ebenso viel Misstrauen entgegen wie er ihnen. „Es heißt nicht umsonst: Unternehmen bekommen die Mitarbeiter, die sie verdienen“, sagt sie.

Ein Beispiel: ein Mitarbeiter soll neue Kunden gewinnen, muss sich aber vor jeder Kontaktaufnahme mit zwei Vorgesetzten abstimmen. „Das bremst und demotiviert den Mitarbeiter“, weiß die Vertrauensexpertin.

Viele Unternehmen üben auch auf viel offensichtlichere Weise Kontrolle aus. Sie erfassen die Pausen- und Arbeitszeiten, verlangen eine Krankschreibung ab dem ersten Tag, den ein Mitarbeiter nicht zur Arbeit kommt. In Dänemark, so Schulte-Austum, glauben die Arbeitgeber ihren Mitarbeitern einfach, dass sie krank sind. „Geschenktes Vertrauen funktioniert besser als jedes Kontrollsystem, weil das an unserer Ehre ansetzt“, sagt sie.

Wer die Kontrolle also reduziert, sorgt dafür, dass die Mitarbeiter auch noch unter der Dusche nach Lösungen suchen, weil sie gerne in ihrer Firma arbeiten. Denn wer seinen Mitarbeitern Vertrauen schenkt, bekommt auch Vertrauen zurück.

Kultur ist keine Hochglanzbroschüre

Ein weiterer wichtiger Ansatzpunkt ist Ehrlichkeit. Schulte-Austum erzählt von einer Präsentation des Unternehmensleitbildes einer Werbeagentur. Es lief ein exzellent produzierter Imagefilm. Doch im Zuschauerraum war gar nichts super: keiner der Mitarbeiter fühlte sich angesprochen. Sie machten Wochenendschichten und der Film warb mit Home-Office und Freizeit. „Ein Unternehmensleitbild muss realistisch sein und vor allem eines: ehrlich“, erklärt Schulte-Austum. Dazu sollten die Mitarbeiter aktiv einbezogen werden. Wer hingegen die neuen Werte hinter verschlossenen Türen ausarbeiten und dann per E-Mail rumschicken lässt, stößt nur auf Unverständnis und somit wiederum auf Misstrauen.

Schulte-Austums wichtigster Rat nach zehn Jahren in der Führungskräfteauswahl und -entwicklung: Es sollten die Menschen Führungskräfte werden, die auch gute Beziehungen führen. Um diese zu finden, sollten Unternehmen standardisierte Tests und ausführliche Interviews im Bewerbungsverfahren einsetzen, empfiehlt sie.

Viele Unternehmen haben Führungskräfte, die fachlich hochqualifiziert sind, aber in Sachen sozialen Miteinanders noch einiges dazulernen können. Die Wenigsten werden jetzt ihre gesamte Führungsriege austauschen. Doch Vertrauensmanagement lässt sich lernen, ist Schulte-Austum überzeugt. Vielen Menschen fehle einfach das Wissen darüber, wie man gute Beziehungen führen kann. Diese neun kleinen Tricks können das Vertrauen der Mitarbeiter in die Führungskraft schon deutlich erhöhen:

Wie Chefs das Vertrauen ihrer Mitarbeiter gewinnen

Schulte-Austum weiß aber auch, wie Chefs die Beziehung zu ihren Mitarbeitern mit Anschwung gegen die Wand fahren können: mit falsch geäußerter Kritik.

Natürlich läuft im Arbeitsalltag nicht immer alles rund, Mitarbeiter machen Fehler und ernten dafür Kritik. So weit, so normal. Doch wer seine Botschaft geringschätzig verpackt, verspielt schnell Vertrauen. „Eine gute Führungskraft kritisiert ein Arbeitsergebnis oder ein konkretes Verhalten, aber niemals die Person an sich“, erklärt Schulte-Austum.

Wenn der Chef dann die ganze Zeit davon spricht, wie schlecht dieses oder jenes Problem gelöst wurde, hilft das auch nicht weiter. Stattdessen sollten Führungskräfte bewusst nach vorne schauen und sich und ihren Mitarbeitern folgende Fragen stellen:

- Was können wir anders machen?
- Welche Informationen hätte der Mitarbeiter gebraucht, um das Ziel besser zu erreichen?

Dieser positive Blick in eine gemeinsame Richtung schafft die Grundlage einer vertrauensvollen Zusammenarbeit.

Den typischen Spruch „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ verurteilt Schulte-Austum nicht. Es kommt eben stets auf das richtige Maß an. Wer einem Jobeinsteiger in den ersten Wochen über die Schulter schaut, kann ihm helfen. Doch für die meisten anderen Situationen gilt: Kontrolle ist in Ordnung, aber Vertrauen ist besser.

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