Im Januar 2017 gab Yahoo seine endgültige Abwicklung bekannt. Das Webgeschäft des früheren Internet-Giganten ging für einen Bruchteil des einstmals stolzen Unternehmenswertes an den US- Mobilfunkbetreiber Verizon. Knapp fünf Milliarden Dollar zahlte Verizon dafür, 2007 hatte Microsoft den Yahoo-Aktionären noch rund 44 Milliarden Dollar für eine Übernahme geboten.
Der traurige Yahoo-Rest, nämlich der Unternehmensanteil am chinesischen Online-Riesen Alibaba, wird voraussichtlich in Altaba umbenannt. Der Name Yahoo ist Geschichte.
Übernahmen sollten es richten
Die geschasste CEO Marissa Mayer, 2012 als Heilsbringerin vom Konkurrenten Google abgeworben, hatte versucht, Yahoo mit kostspieligen Übernahmen wieder auf die Erfolgsspur zu führen.
Die vermeintlichen Yahoo-Heilsbringer: Marissa Mayers Spitzenteam aus dem Jahr 2012
Marissa Mayer war im Jahr 2012 im Alter von 37 Jahren die jüngste Chefin eines US-Konzerns. In den ersten hundert Tagen bei Yahoo hat sie ihr Führungsteam neu aufgestellt und die Moral der Mitarbeiter gehoben. Ihr Glanz als pragmatische Macherin färbte damals zunächst auch auf Yahoo ab.
Henrique de Castro, damals 47, war nach Mayer die Nummer zwei bei Yahoo. Der gebürtige Portugiese verantwortete zuvor bei Google unter anderem das Banner-Anzeigengeschäft.
Ken Goldman, 63 – der Silicon Valley Veteran war damals neuer Finanzchef unter Mayer. Der Senior sollte verlorenes Vertrauen bei Aktionären und Wall Street Analysten rückgewinnen.
Kathy Savitt, 48 – sollte als Marketingchefin das Profil von Yahoo stärken. Die Online-Expertin beriet schon Amazon-Gründer Jeff Bezos, arbeitete für PepsiCo und führte zuletzt ein Internet-Unternehmen.
So übernahm Yahoo beispielweise 2013 für über eine Milliarde Dollar den Blogging-Dienst Tumblr, ohne dass der je signifikante Umsätze erzielt hätte. Viele Analysten sagten, dass hier gutes Geld schlechtem Geld hinterher geworfen wurde. Mayer kann das ziemlich egal sein. Laut Medienberichten erhielt sie inklusive der ihr vertraglich zustehenden Aktienoptionen eine Abfindung von rund 23 Millionen Dollar, sie fällt also weich.
Yahoo ist beileibe nicht der einzige gescheiterte Milliardenkonzern. Im deutschen Raum sei an den Niedergang einstiger Handelsriesen wie Arcandor und Schlecker erinnert. Auch die früheren Giganten im Markt für Handys, Nokia und Motorola, waren vor wenigen Jahren in ihrer ursprünglichen Form nicht mehr zu halten. Die jeweiligen Mobilfunksparten gingen an Microsoft beziehungsweise Google.
Auffällige Gemeinsamkeit dieser Geschichten ist die Tatsache, dass zumeist relativ kurz vor dem betriebswirtschaftlichen Ende – von außen betrachtet irrational und aktionistisch anmutend – noch Unmengen an Ressourcen verbrannt wurden. Mal sollten es kostspielige Übernahmen richten, wie im Fall von Yahoo. Ein anderes Mal war es die rettende Killerapplikation, beispielsweise das in der Bedeutungslosigkeit versunkene Betriebssystem Symbian von Nokia.
Oft ist es auch eine überlebensgroße Management-Figur, die – gleich einem für die letzten fünf Saisonspiele eingekauften Fußballtrainer – das Unternehmen vor dem Abstieg retten soll, so geschehen zum Beispiel mit Thomas Middelhoff und Arcandor.
Wenn ein Unternehmen in Schieflage gerät und – im schlimmsten Fall – von der Insolvenz bedroht ist, ist das niemals nur ein betriebswirtschaftliches Problem, sondern immer auch eine psychologische Krise. Zumindest beim einzelnen Menschen verläuft eine schwere Krise in fünf Phasen, wie die schweizerisch- amerikanische Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross im Umgang mit Sterbenden herausgefunden hat.
Die fünf Phasen der Trauer
Was würden Sie denken, fühlen, wie würden Sie sich verhalten, wenn Sie heute erführen, dass Sie einer unheilbaren Krankheit litten, beispielswiese einer nicht therapierbaren Form von Krebs? Genau diesem – auf den ersten Blick sehr betrüblichen – Themenkomplex hat die schweizerisch-amerikanische Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross (1924–2004) einen großen Teil ihres beruflichen Wirkens gewidmet. 1969 veröffentliche sie das Buch „On Death and Dying“. In diesem verarbeitete sie die Erkenntnisse, welche sie in rund 200 Interviews mit todkranken Menschen gesammelt hatte. Zu dieser Zeit galt das Werk als revolutionär, gleichermaßen auch als Tabubruch, es machte die Autorin berühmt. Sie schrieb in der Folge eine Reihe weiterer Bücher und hielt Seminare auf der ganzen Welt ab, vor allem für Ärzte und Pflegepersonal.
Menschen, denen etwa die Hiobsbotschaft einer unheilbaren Krankheit überbracht wird, reagieren zunächst oft mit Leugnung. Es wird dann beispielsweise darauf verwiesen, dass man sich kerngesund fühle. Man vermutet, der Arzt habe eine Fehldiagnose gestellt oder die Röntgenbilder vertauscht. Gegebenenfalls werden weitere Mediziner konsultiert. Das Wissen um die tödliche Bedrohung wird gewissermaßen psychisch abgespalten. Dieser Mechanismus schützt die Seele vor emotionaler Überbelastung.
Nach der Leugnung folgt typischerweise die Phase des Zorns. Sie zeichnet sich durch eine Reihe von nach außen gerichteten, aggressiven Impulsen aus. Betroffene verspüren etwa Neid auf jene, die weiterleben. Diese empfundene Ungerechtigkeit zieht Zorn nach sich. Man fühlt sich um sein Leben betrogen, hadert mit dem Schicksal. „Warum gerade ich?“ oder „Warum schon jetzt?“ sind typische Fragen. Je nach Konstitution können Menschen in dieser Phase aggressiv werden, weshalb diese für Angehörige und medizinisches Personal oft schwer auszuhalten ist.
Wenn der Zorn abgeklungen ist, treten Betroffene oft in eine Phase des Verhandelns ein. Diese ist gekennzeichnet durch psychische Regression, das Zurückfallen in kindliche Denkmuster, insbesondere magisches Denken: den Glauben, man könne durch das eigene Denken Ereignisse in der externen Welt hervorrufen. Man versucht, sich beim Universum Zeit zu erkaufen („Ich tue alles, wenn ich noch die Hochzeit meiner Tochter erleben darf.“). Man hofft auf Belohnung durch Kooperation, eine längere Lebensspanne oder die Freiheit von Schmerzen, hat aber die Tatsachen weitgehend akzeptiert.
Die vorletzte Phase ist meist von zweigeteilter Natur: a) eine reaktive Depression als Konsequenz des bisherigen Verlusts; und b) eine antizipierende Variante in Bezug auf folgende Einbußen, letztlich den Verlust des Lebens. Der erste Aspekt kann sich auf körperliche Einbußen als Folge der Krankheit beziehen, aber auch auf die bereits erwähnten entgangenen Lebenschancen. Die zweite Ebene befasst sich mit dem Nicht-mehr-Sein und der Lücke, die im Leben der Angehörigen entsteht. In diesem Stadium sind viele Menschen in sich gekehrt und entsprechen am ehesten jenem Verhalten, welches man als Außenstehender von einer todkranken Person erwartet.
Nicht alle Betroffenen, also etwa sterbende Menschen, kommen in der Phase der Akzeptanz an. Sie wird typischerweise leichter von alten Menschen erreicht, da diese weniger verbleibende Ziele haben und im Idealfall auf ein erfülltes Leben zurückblicken können. Dieses Stadium ist oft von tiefer Ruhe gekennzeichnet. Der Mensch wirkt befreit, schläft viel und hat ein vermindertes Bedürfnis nach Kontakt mit den Lebenden. Im besten Fall hat er inneren Frieden gefunden und ist bereit, die kommende Reise anzutreten.
Kübler-Ross´ Phasenmodell ist umstritten. Sie selbst hat es später relativiert: nicht alle Menschen durchlaufen notwendigerweise alle Stadien nacheinander. Eher scheinen die meisten Personen zwischen verschiedenen Phasen hin und her zu wechseln. Das Modell wurde später auch auf weniger dramatische Verlustprozesse übertragen, beispielsweise die Verarbeitung der elterlichen Scheidung bei Kindern.
Ebenfalls gibt es Autoren, die das Phasenmodell als prototypisch für Reaktionen in Veränderungsprozesse an sich betrachten, so auch Change-Prozesse in Unternehmen. So lässt sich das Modell auch auf bedrohliche Unternehmenssituationen übertragen.