Ist Kaugummi kauen erlaubt? Wer bestellt den Wein und wer grüßt wen? Wie übergibt man eine Visitenkarte korrekt, welche Kleidervorschriften gibt es und wie geht guter Smalltalk in Italien? Zig Seminare und Workshops rund um interkulturelle Kompetenzen beschäftigen sich mit den kleinen und großen Fettnäpfchen, in die Geschäftsreisende im Ausland treten könnten. Die Nachfrage nach den Benimmkursen für den beruflichen Auslandsauenthalt ist groß.
Zu Recht, wie einige bekannte Patzer zeigen. So hat sich etwa Russlands Präsident Wladimir Putin bei einem Gipfeltreffen in Peking 2014 in die Nesseln gesetzt: Gemeinsam mit Staats- und Regierungschefs der asiatisch-pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (Apec) wartete er bei Temperaturen knapp über Null Grad auf ein Feuerwerk. Ganz der russische Gentleman legt er Chinas First Lady Peng Liyuan eine Decke um die Schultern, um sie zu wärmen. Die reagierte peinlich berührt und reichte die Decke an einen Begleiter weiter.
In China gehört es sich nicht, sich derart einer fremden Person zu nähern. Entsprechend irritiert schaute auch Staatschef Xi Jinping drein. Ein Crashkurs zu Benimm in China hätte diesen Fauxpas verhindern können. Wer kein Staatschef, sondern Unternehmer ist, kann sich durch derartiges Verhalten das Geschäft mit einem ausländischen Partner durchaus verscherzen.





Die Zusammenarbeit ist das größere Problem
"Kulturelle Probleme tauchen, anders als erwartet und in Workshops gelernt, nicht in Geschäftsessen oder Verhandlungen auf, sondern in täglichen Banalitäten wie Deadlines, Offenheit im Umgang mit Problemen oder der Feierabendkultur", sagt dagegen Heinz-Jürgen Althoff. Der Urerbe aus der Karstadt-Dynastie arbeitet seit vielen Jahren als Interim Manager und Berater für Start-ups und mittelständische Unternehmen.

Seit rund einem Jahr macht er den Ableger eines deutschen Mittelständlers in Indien fit. Althoff, der sich auf die Branchen Automobilindustrie, Maschinenbau, Elektrotechnik, Erneuerbare Energien und Medizintechnik spezialisiert hat, soll dort helfen, ein B2B-Produkt reif für den Massenmarkt zu machen.
„Der indische Ableger wurde von der Mutter gegründet, dann aber weitestgehend alleingelassen“, sagt Althoff. Der Gedanke dahinter: den deutschen Perfektionismus, der in der Heimat zu langsamen Entwicklungszyklen sowie zu überfunktionalen und teuren Maschinen führte, nicht auf die indische Tochter zu übertragen. Eine gute Idee – eigentlich.
So benehmen Sie sich in China richtig
Der Händedruck sollte nicht zu kräftig, sondern locker bis weich sein. Nicht die Dame wird zuerst begrüßt, sondern der Ranghöchste.
Wenn Sie Leute vorstellen: Niemals mit dem Zeigefinger auf jemanden zeigen – das gilt als extrem unhöflich! Besser ist es, die ganze Handfläche zu benutzen.
Reis wird immer zuletzt gereicht. Zum Essen wird die Schale dicht an den Mund geführt, der Reis mit Stäbchen geschaufelt. Nie mit den Essstäbchen gegen die Schale tippen – dies wird mit dem in Ostasien traditionellen Zeichen der Bettler assoziiert. Absolut tabu ist es auch, die Stäbchen in den Reis zu stecken. Dies findet nur bei Trauerzeremonien statt.
Nudeln werden ebenfalls mit Stäbchen zum Mund geführt und schlürfend eingesaugt. Schlürfgeräusche sind durchaus erwünscht, als Zeichen dafür, dass es einem schmeckt.
Chinesen werden bei einer Einladung aus Höflichkeit zurückhaltend essen. Sie wollen wiederholt zum Essen aufgefordert werden.
Meist werden Schnaps, Bier oder Wein zum Essen gereicht und die Gläser randvoll gegossen. Das Personal schenkt immer neu nach – ansonsten der Mann der Frau und der Ranghöhere dem Rangniederen.
Bei der Aufforderung „Ganbei“ („Das Glas trocknen“) trinken alle ihr Glas in einem Zug aus. Dazu erhebt sich die Runde.
Gastgeschenke werden erwartet. Diese sollten generell qualitativ hochwertig sein und dürfen auch einen Bezug zum Herkunftsland haben, etwa hochwertige Bildbände, Bierkrüge, Porzellanteller. Auch lokale Alkoholspezialitäten sind gerne gesehen, zudem Obstkörbe (beliebt sind etwa Orangen und Äpfel, die für Glück und Sicherheit stehen)
Es gibt allerdings auch einige Dinge, auf die als Geschenk unbedingt verzichtet werden sollte. Dazu gehören etwa Uhren (symbolisieren die ablaufende Lebenszeit), Taschentücher (Symbol für einen endgültigen Abschied), Schnittblumen (typisches Mitbringsel zur Beerdigung, insbesondere, wenn weiße Blüten eingebunden sind) oder Regenschirme (das chinesische Wort für „Regenschirm“ (伞 sǎn) klingt wie das Wort für „Aufbrechen“ (散 sàn)).
Sie sollten auf Geschäftsreise möglichst nicht in einem Hotel mittlerer Kategorie absteigen. Status und Prestige sind in China extrem wichtig. Chinesen fragen beim ersten Meeting gerne, in welchem Hotel man wohnt.
Formale Kleidung – dunkler Anzug und Krawatte – sind im Geschäftsalltag ein Muss. Wer Jeans und Krawatte trägt, wird nicht ernst genommen. Ebenso sind schrille Farben tabu. Für Frauen gelten in China inzwischen westliche Konventionen: Standard ist der dunkle Hosenanzug.
Direkte und offene Kritik ist in China tabu. Jemand unverhohlen zu korrigieren, ihm gar deutlich zu widersprechen, ist eine Beleidigung und führt zum Gesichtsverlust, die die Geschäftsbeziehung nachhaltig belasten, sogar zerstören kann.
Beim Kennenlernen sind persönliche Fragen nach Familienstand, Kindern, sogar nach Höhe des Gehalts üblich. Nicht ausweichend antworten! Wer zudem über die Bundesliga Bescheid weiß, genießt hohes Ansehen: Europäischer Fußball ist bei Chinesen beliebt. Tabu sind dagegen Politik, Kritik an Missständen, Umweltverschmutzung und Menschenrechten.
Am Beginn steht ein ausgedehntes Essen, während dem Gespräche über Geschäftliches tabu sind. Das entscheidende Thema kommt zum Schluss. Sollte es mal haken, auf keinen Fall aus der Haut fahren! Das bedeutet Gesichtsverlust. Besser freundlich bleiben und beteuern, dass man am Abschluss interessiert sei. Oft kommt dann nach wenigen Tagen ein Anruf, der Entgegenkommen zeigt.
Ähnlich wie bei uns in Deutschland die Zahl 13, gibt es auch in China Zahlen, die den Ruf genießen Unglück zu bringen. So kann die Zahl 4 auf Chinesisch auch „Tod“ bedeuten.
So sollte man bei offiziellen Veranstaltungen unbedingt darauf achten, dass in der Anzahl der Gäste keine 4 vorkommt. Ebenso gilt, an wichtigen Tagen (etwa einer Vertragsunterschrift) darauf zu achten, dass das Datum keine 4 aufweist.
Immer viele mitnehmen, stets parat haben und stehend mit beiden Händen überreichen und genauso annehmen. Karte noch einen Moment respektvoll betrachten und dann in ein hochwertiges Etui stecken. Auf gar keinen Fall sollten Visitenkarten beiläufig angenommen und in die Hosentasche gesteckt werden, dies gilt als respektlos.
Gerne gesehen sind zweisprachige Visitenkarten, die auf einer Seite auf Chinesisch, auf der anderen Seite auf Englisch bedruckt sind.
Verzögerungen und Frust auf beiden Seiten
„Leider ist man dabei über das Ziel hinausgeschossen, hat notwendiges Wissen nicht weitergegeben, die Führung Menschen überlassen, die im Mutterkonzern niemand kannten und es dann noch versäumt, sich regelmäßig des Entwicklungsfortschritts zu vergewissern“, erzählt Althoff.
Auch hier war der indische Ableger auf sich alleine gestellt. In der Folge kam es zu Verzögerungen, Enttäuschung und Frust auf beiden Kontinenten. Was nicht nur an einer Partei liege, sondern daran dass sich die Deutsche Mutter offenbar nicht damit befasst habe, wie in indischen Betrieben gearbeitet werde.