Gerhard Schindler Vom BND-Chef zum Unternehmensberater

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"Jeder ist für irgendwen ein lohnendes Ziel"

Kriminelle, die Satelliten ins All schießen, um deutsche Mittelständler zu sabotieren. Das klingt sehr nach Science-Fiction.

Wir befinden uns, was die Sabotage aus dem Weltraum anbelangt, sicher noch im Versuchsstadium, aber es ist kein rein theoretisches Problem. Auch hier müssen sich Unternehmen fragen, wie abhängig sie von Kommunikations- oder sonstigen Daten aus dem Weltraum sind. Den einen betrifft es nicht, den anderen hingegen sehr stark.

Infrastruktur betrifft dagegen alle. Aber was heißt das denn genau, Abhängigkeit von der Infrastruktur? Stellen Kriminelle Unternehmen den Strom ab?

Am Strom hängt eigentlich alles. Wenn Sie da nicht vorsorgen, ist Ende Gelände. Auch ohne Terroristen. Deshalb haben Behörden und Krankenhäuser Notstromaggregate. Auch hier gilt: Diese versorgen nur die notwendigsten Geräte und Abteilungen, nicht das komplette Gebäude oder die ganze Organisation.

Die größten Stromausfälle in Deutschland

Der große Blackout ist in Deutschland aber doch eher unwahrscheinlich.

Wenn Sie Niederlassungen im Ausland haben, vielleicht in Afrika, ist das kein abwegiger Gedanke mehr. Allerdings ist die Ausfallkommunikation häufig zunächst einmal noch entscheidender als ein Notstromaggregat. Wenn der Strom ausfällt, stellt sich die Frage: Wen rufe ich an, wen muss ich erreichen können, wie bleibt das Unternehmen mit all seinen Lieferanten und Kunden handlungsfähig? Hier empfiehlt sich eine ganzheitliche Betrachtung des Unternehmens und seiner Lieferketten: Welche Risiken drohen den verschiedenen Niederlassungen im jeweiligen Land, welche Probleme können Lieferanten oder Banken im Ausland bekommen?

Ist das den Unternehmen denn nicht bewusst, dass Veränderungen in anderen Ländern große Auswirkungen auf die eigene Existenz haben können?

Diese Risikoanalyse muss regelmäßig durchgeführt werden. Denken Sie an den arabischen Frühling. Die gesamte südliche Nachbarschaft Europas hat sich in wenigen Jahren vollständig gewandelt und verändert sich immer noch. Mit großen Folgen, auf die wir uns kontinuierlich einstellen müssen.

Muss denn der 20-Mann-Betrieb aus Niedersachsen wirklich Angst davor haben, von den Chinesen ausspioniert oder den Russen sabotiert zu werden? Ist das nicht viel mehr eine Sorge der Global Player?

Der Mittelstand hat das vielleicht etwas weniger auf der Agenda, als die großen Konzerne, die global denken. Bei kleinen und mittelständischen Unternehmen fehlt häufig auch einfach die Manpower. Die konzentrieren all ihre Ressourcen auf die Herstellung ihres Produktes, für Risikoanalyse und -abwägung sind dann keine Kapazitäten mehr übrig. Es gibt rund 1500 kleine und mittelständische Unternehmen, die in ihrer Nische Weltmarktführer sind. Natürlich ist deren Know-how begehrt. Das Bewusstsein dafür ist nur nicht überall vorhanden. Aber es gibt in unserer digitalisierten Welt niemanden mehr, der nicht für irgendwen ein Ziel ist.

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