Gerhard Schindler wurde im Jahr 2012 zum Chef des deutschen Auslandsnachrichtendienstes BND ernannt. Zuvor arbeitete der Jurist beim Bundesamt für Verfassungsschutz sowie in weiteren Stabsstellen des Innenministeriums. Er gilt als Experte für IT-Sicherheit, Cyberkriminalität sowie für kriminelle und terroristische Netzwerke.
Im April 2016 wurden Gerüchte laut, dass Schindler – zwei Jahre vor seiner Pensionierung – den BND verlassen müsse. Er sei über die NSA-Affäre gestolpert, man traue ihm die Modernisierung des Geheimdienstes nicht zu, das Kanzleramt wolle einen anderen Kandidaten an der Spitze des BND sehen – über die tatsächlichen Gründe seiner Ablösung herrschte jedoch Stillschweigen. Sicher ist: Seit dem 1. Juli 2016 hat Bruno Kahl, ein langjähriger Schäuble-Vertrauter, den Posten inne.
WirtschaftsWoche: Herr Schindler, man bezeichnete Sie einmal als einen der besseren BND-Chefs. Trotzdem haben Sie vorzeitig ihren Hut genommen. Sind Sie gegangen worden?
Gerhard Schindler: Als politischer Beamter können Sie jederzeit abberufen beziehungsweise in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden. So etwas weiß man, wenn man ein solches Amt antritt. Es müssen keine Gründe genannt werden. Es ist eine politische Entscheidung.
Die absurdesten Spionage-Ziele
Diese Webadresse gehört ibau, einem Dienstleister im Baubereich, der unter anderem eine Datenbank für Bauprojekte und Ausschreibungen unterhält und den jährlichen ibau-Fachkongress veranstaltet. Der war gerade wieder vor drei Wochen im alten Bundestag in Bonn. Wohlgemerkt: Im ALTEN(!) Bundestag – also eigentlich kein Grund, gleich den Geheimdienst zu schicken. Ibau wiederum gehört zur Schweizer Docu-Gruppe, die auf Bau-Fachinformationen spezialisiert ist. Die Docu-Tochter Baumarktforschung Deutschland GmbH schürft besonders tief: Ihre Informationen betreffen Straßen-, Ingenieur-, Brücken- sowie Garten- und Landschaftsbau. Ein Manager von Ibau hat nicht mehr zurück gerufen nach einem ersten freundlichen Gespräch. Ist nicht schlimm, hat sich erledigt!
Klingt gefährlich, ist aber eine legal arbeitende Werbeagentur aus Berlin. Geschäftsführer Sven Barth erfuhr durch den WiWo-Anruf, dass er gerade eine Rolle im Geheimdienst-Skandal spielt. Sein Erklärungsversuch: Vielleicht sei der „provokante Name“, den er seiner Agentur bei der Gründung 1999 gab, irgendwie im Raster der Fahnder hängen geblieben. Das passt! Aber warum interessieren die Schlapphüte sich dann auch für seniorenheim.com und orgelbau.com? In die USA eingereist ist Brandstifter Barth übrigens nach dem Anschlag aufs World Trade 2001 problemlos – und kam unbehelligt wieder heraus.
Erich Katschke, Schriftführer der Freiwilligen Feuerwehr in Ingolstadt, geht beim unerwarteten Anruf von wiwo.de erst mal auf Nummer sicher, ob wir uns nicht verwählt haben: „Meinen Sie vielleicht die Berufsfeuerwehr?“ Als ob die Berufs-Kollegen immer schon im Verdacht der Geheimdienste gestanden hätten. Aber nein: Laut der Liste im „Spiegel“, von der Katschke noch nichts wusste, interessieren sich BND und NSA nicht für die Ingolstädter Lösch-Profis, sondern ausschließlich für die 1863 gegründete Freiwillige Feuerwehr. Sie werden ihre Gründe haben. Oder auch nicht.
Das schwierigste Gespräch von allen: Eigentlich sollte die Telefonnummer, die die Homepage im Impressum angibt, Hartmut Dicke gehören. Der soll Inhaber des marxistisch-leninistischen, vielleicht auch trotzkistischen – oder maoistischen? – Verlages sein. Aber Dicke, der unter dem Pseudonym Klaus Sender sendete, sei 2008 „unter ungeklärten Umständen verstorben“, raunt eine weibliche Stimme am Telefon. Wie die Dame heißt, sagt sie nicht. Wem der Verlag jetzt gehört, fragen wir. Antwort: „Den Nachfolgern.“ Wer das ist? Keine Antwort. Die Neue Einheit ist jedenfalls KPD-nah und mit seeeehr weit links richtig eingeordnet. Ob der Verfassungsschutz die Redaktion schon mal im Visier hatte? „Das müssen Sie den Verfassungsschutz fragen“, sagt die weibliche Stimme am Telefon. Aber ist das wirklich ein Fall für die Internationale der Auslandsgeheimdienste oder für eine andere Anstalt?
Hier stoßen wir bei der Recherche auf andere Geheimnisse. Die beiden Telefonnummern auf der Website führen ins Nichts. Urheber der „Website of german organ builders“ ist ein Heiko R. mit Adressen in Nordrhein-Westfalen und der Schweiz. Aber Thomas Jann, Vorsitzender des Bundes Deutscher Orgelbauer, kennt den vermeintlichen Kollegen nicht. Janns Verdacht: „Vielleicht hat sich da einer eine Web-Adresse gesichert und will sie verhökern.“ Warum das aber BND und NSA interessieren sollte? Keine Ahnung. Wir bleiben dran.
Ist das 25-Mann-Unternehmen aus Buchholz im Erzgebirge ein Fall für Industriespionage? Es ist immerhin ein Hidden-Champion der deutschen Wirtschaft. Feine Schmuck- und Uhrenkassetten aus dem Hause Sacher stehen in Juwelier-Geschäften und Nobel-Kaufhäusern in 42 Ländern, unter anderem bei Harrods in London. Und Unternehmerin Gerhild Sacher weiß: „Wenn man in der ersten Liga mitspielen will, geht das nur über Qualität. Die Chinesen können es billiger.“ Aber spioniert haben laut der NSA-Liste nicht die Chinesen, sondern Deutsche und Amerikaner. Sohn und Mit-Geschäftsführer Ulf Sacher kommt im Gespräch spontan ein Verdacht: „Vielleicht sind die ja wegen unserer Exporte in die Arabischen Emirate und an den Persischen Golf auf uns aufmerksam geworden.“ Aber was konnten sie dann bei dem Unternehmen finden? Sacher meint: „Nichts.“
Geschäftsführer Reiner Ebner hat wie alle Betroffenen erst durch wiwo.de erfahren, dass ausgerechnet sein Pflegezentrum im bayrischen Bischofsgrün ins Visier der Geheimdienst NSA und BND geraten sein soll. Auf die skeptische Frage, welche Klientel denn so wohne in seinem Haus „am Fuße des Ochsenkopfes in idyllischer Waldrandlage“, fällt Ebner aber nichts Verdächtiges ein: „Ganz normale pflegedürftige Leute, viele davon Sozialhilfeempfänger“, sagt er. Vielleicht suchten die Geheimdienstler ja auch im Eigeninteresse einen Platz für die Jahre nach dem stressigen Dienst? Die große Sonnenterrasse des Pflegezentrum verführt laut Seniorenheim-Homepage schließlich „zum Entspannen“, und man kann dort die „Seele baumeln lassen“.
Bedauern Sie das vorzeitige Ende Ihrer Laufbahn als BND-Chef?
Ich durfte viereinhalb Jahre den BND prägen und konnte damit helfen, Deutschland und die Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Ich empfinde das als große Ehre und blicke mit Stolz auf diese Zeit zurück. Mir war es wichtig, den BND als Informationsdienstleister gegenüber der Bevölkerung und der Politik auszurichten. Die Welt wird immer komplexer und dadurch unübersichtlicher. Der BND kann durch seine Analysen und Lagebilder wichtige Grundlagen für politischen Entscheidungen liefern. Vielleicht ist nach viereinhalb Jahren ein personeller Wechsel an der Spitze nachvollziehbar. Dem BND kann dies gut tun. Insofern ist da kein Bedauern, nein.
Genießen Sie Ihren Ruhestand?
Ich genieße jetzt die Freiheit, ein selbstbestimmteres Leben zu führen. Die letzten Jahrzehnte habe ich in großen Organisationen verbracht, an der Spitze oder in leitender Funktion. Da sind Sie natürlich auch stark fremdbestimmt. Ich arbeite jetzt bei friedrich30 und möchte meine freie Zeit für Autorentätigkeiten und ehrenamtliche Engagements nutzen. All dies möchte ich ohne Zwang ausüben und frei entscheiden, welche Aufträge ich annehme und welche ich eben auch ablehne.
Und Sie arbeiten künftig, wenn man so will, als Unternehmensberater bei einem Lobby-Netzwerk.
Meine Tätigkeit bei friedrich30 passt gut zu meinen Plänen. Ich muss in dieser Konstellation meine Freiheit nicht wieder aufgeben, aber lasse mein Wissen nicht brach liegen. Ich kann meinen Erfahrungsschatz gut einbringen und der Wirtschaft so mit meinem Know-how helfen. Der mögliche Anschluss an eine Großorganisation wäre darum meinen Interessen entgegengelaufen.
Das Unternehmen
friedrich30 ist eine Beraterfirma, die vom ehemaligen Staatssekretär und SPD-Politiker Fritz Rudolf Körper und dem Unternehmensberater Sebastian Warnemünde gegründet wurde. Das Unternehmen versteht sich als Netzwerk aus Politik und Wirtschaft, das Firmen und Menschen aus Bund und Ländern zusammenbringt. Die Schwerpunkte liegen auf Lobbying und Business Development.
Wieso tun Sie sich das an und legen nicht einfach die Füße hoch?
Es gibt leider nicht wenige Menschen die glauben, Beamte würden nicht richtig arbeiten. Das stimmt für die meisten nicht, auch nicht für mich. Ich hatte viele 12-, 14- oder 16-Stunden-Tage. Wenn das auf einmal wegfällt, stellt man sich schon die Frage, wie der neue Lebensabschnitt gestaltet werden soll. Und wie gesagt: Ich wollte meinen Erfahrungsschatz weiter nutzen.
Und warum ausgerechnet eine so kleine Firma anstatt eine der vier großen Unternehmensberatungen?
Ich glaube, dass sich in einem kleinen, schlagkräftigen Team deutlich flexibler arbeiten lässt und ich individueller beraten kann. Zum anderen habe ich keine rechte Lust, mich nochmal den Hierarchien und Leitlinien eines großen Unternehmens unterzuordnen. Hinzu kommt, dass ich friedrich30 schon lange kenne. Wir vertrauen uns. Fritz Rudolf Körper, Mitgesellschafter, ist mir seit vielen Jahren ein guter Freund. Arbeiten Sie exklusiv für eine Großorganisation, müssen Sie im Zweifel Interessen vertreten, die Sie gar nicht vertreten wollen oder gar dürfen. Da möchte ich auch in keine Grauzone kommen. Bei friedrich30 kann ich frei entscheiden, für wen, mit wem und wie ich arbeite. Im Einklang mit meinem bisherigen Berufsleben. Darauf kommt es mir an.
Warum sind sie dann nicht politischer Berater geworden?
Es ist die konsequente Fortführung meiner langjährigen Arbeit nun Unternehmen in Sicherheitsfragen zu beraten. Die Bedrohungslagen für unseren Wirtschaftsstandort sind heute sehr vielfältig. Die Herausforderungen sind schwerwiegender und komplexer, da kann eine Geschäftsführung den Überblick verlieren. Man sich nicht gegen alles schützen, da muss sich die Geschäftsführung auf die wesentlichen und wahrscheinlichen Gefahren konzentrieren. friedrich30 hilft dabei mit Analysen und Lösungen.
"Wer alles schützen will, schützt nichts"
Schutz vor wem genau?
Unternehmen stehen in vielfältigen Abhängigkeiten. Nehmen Sie einige Beispiele: Sie sind massiv abhängig von der IT, der Infrastruktur, von externer Kommunikation und Markenwahrnehmung sowie von Satellitentechnik. Und jede dieser Abhängigkeiten kann Gefahren bergen. Je stärker ein Unternehmen vernetzt ist und je abhängiger es von externen Faktoren ist, desto größer ist die Angriffsfläche.
Beim Punkt IT-Sicherheit bzw. Cyberkriminalität dürfte das Bewusstsein der eigenen Verletzlichkeit aber doch ausreichend vorhanden sein.
Im Grundsatz ist das natürlich jedem bekannt. Aber dennoch schaffen es Kriminelle jedes Jahr aufs Neue, unternehmensspezifische Informationen und Ingenieurswissen abzugreifen. Der deutschen Wirtschaft entsteht – je nach Schätzung – dadurch jährlich ein Schaden von 30 bis 50 Milliarden Euro.
Was raten sie also einem Unternehmen?
Es gibt keinen Königsweg. Firewalls helfen natürlich, aber es ist entscheidend, dass man verschiedene Systeme hintereinander schaltet: Eine Firewall, dass andere gar nicht erst ins System eindringen können. Ein Detektionssystem, das erkennt, wenn es doch jemandem gelungen ist. Und am Schluss bleibt natürlich immer der Faktor Mensch: Das größte Einfallstor sind immer noch die Menschen. Diese gilt es über die neue Gefahren in der Cyber-Sicherheit aufzuklären und im Umgang mit Bedrohungslagen zu schulen. Im Übrigen: Es gibt in Deutschland manche ‚Hidden Champions’, die im Bereich der IT-Sicherheit weltweit führend, dennoch den meisten Menschen und Unternehmen vollkommen unbekannt sind. Meine Partner bei friedrich30 und ich sehen es als eine zentrale Aufgabe an, hier mehr Transparenz zu schaffen und diese Champions zu unterstützen und zu fördern.
Also gibt es keinen effektiven Schutz.
Wer alles schützen will, schützt nichts. Unternehmen müssen sich fragen, welche Daten oder welche Werke sie unbedingt schützen müssen. Was ist das Herzstück? Ohne welche Maschine geht es nicht? Was ist lebensnotwendig? Wenn man diese Frage für sich beantwortet hat, kann man sich fragen, wie man strukturell damit umgeht.
Noch einmal zurück zu den Bedrohungsszenarien: Inwiefern kann die Abhängigkeit von Satellitenübertragungstechnik eine Gefahr werden?
Das fängt schon bei GPS-Daten an. Fallen die aus, kommt es zu erheblichen Einschränkungen der Logistik. Wer international aufgestellt ist, braucht Satellitentechnik auch, um seine Lieferketten zu steuern oder zu überwachen. Fallen die Daten weg, agiert das Unternehmen im Blindflug. Dafür müssen Dritte nicht mal physisch einen Satelliten zerstören, das funktioniert elektronisch von der Erde aus. Hinzu kommt, dass durch die Miniaturisierung der Satellitentechnik – früher waren Satelliten so groß wie dieser Raum, heute sind sie so groß wie ein Schuhkarton – sich immer mehr Private leisten können, einen Satelliten ins All zu schießen. Und damit steigen einerseits Chancen aber eben auch die Risiken.
"Jeder ist für irgendwen ein lohnendes Ziel"
Kriminelle, die Satelliten ins All schießen, um deutsche Mittelständler zu sabotieren. Das klingt sehr nach Science-Fiction.
Wir befinden uns, was die Sabotage aus dem Weltraum anbelangt, sicher noch im Versuchsstadium, aber es ist kein rein theoretisches Problem. Auch hier müssen sich Unternehmen fragen, wie abhängig sie von Kommunikations- oder sonstigen Daten aus dem Weltraum sind. Den einen betrifft es nicht, den anderen hingegen sehr stark.
Infrastruktur betrifft dagegen alle. Aber was heißt das denn genau, Abhängigkeit von der Infrastruktur? Stellen Kriminelle Unternehmen den Strom ab?
Am Strom hängt eigentlich alles. Wenn Sie da nicht vorsorgen, ist Ende Gelände. Auch ohne Terroristen. Deshalb haben Behörden und Krankenhäuser Notstromaggregate. Auch hier gilt: Diese versorgen nur die notwendigsten Geräte und Abteilungen, nicht das komplette Gebäude oder die ganze Organisation.
Die größten Stromausfälle in Deutschland
Ganz Hannover und mehrere Gemeinden im Umland liegen nach Ausfällen in einem Kohlekraftwerk und in einem Umspannwerk komplett im Dunkeln. Fast 600.000 Menschen und etliche Industriebetriebe sind von dem Stromausfall betroffen. Nach rund zwei Stunden ist die Versorgung wieder hergestellt.
Der Orkan „Kyrill“ reißt zahllose Stromleitungen ab und verursacht dadurch auch in einigen Regionen Deutschlands tagelange Stromausfälle.
Mehrere Pannen im deutschen Stromnetz sorgen dafür, dass in Millionen Haushalten in Westeuropa die Lichter ausgehen. In Deutschland sitzen weit über eine Million Menschen in Nordrhein-Westfalen, Bayern und Hessen im Dunkeln.
Nach einem heftigen Wintereinbruch knicken mehr als 80 Strommasten im Münsterland um. Zeitweise sind mehr als 250.000 Menschen von der Versorgung abgeschnitten, Tausende sitzen tagelang im Dunkeln.
Nach einer Explosion in einem Frankfurter Umspannwerk sind rund 45.000 Menschen bis zu zehn Stunden lang ohne Strom, auch der Frankfurter Flughafen ist betroffen.
In Rheinland-Pfalz sind rund 540.000 Menschen betroffen. Die Stromversorgung fällt in manchen Gebieten mehr als drei Stunden aus. Der „Blackout“ wirkt sich auch in Luxemburg aus.
In Gütersloh verursacht ein Sabotageakt einen Stromausfall, der sich auf rund 300.000 Menschen auswirkt.
Der große Blackout ist in Deutschland aber doch eher unwahrscheinlich.
Wenn Sie Niederlassungen im Ausland haben, vielleicht in Afrika, ist das kein abwegiger Gedanke mehr. Allerdings ist die Ausfallkommunikation häufig zunächst einmal noch entscheidender als ein Notstromaggregat. Wenn der Strom ausfällt, stellt sich die Frage: Wen rufe ich an, wen muss ich erreichen können, wie bleibt das Unternehmen mit all seinen Lieferanten und Kunden handlungsfähig? Hier empfiehlt sich eine ganzheitliche Betrachtung des Unternehmens und seiner Lieferketten: Welche Risiken drohen den verschiedenen Niederlassungen im jeweiligen Land, welche Probleme können Lieferanten oder Banken im Ausland bekommen?
Ist das den Unternehmen denn nicht bewusst, dass Veränderungen in anderen Ländern große Auswirkungen auf die eigene Existenz haben können?
Diese Risikoanalyse muss regelmäßig durchgeführt werden. Denken Sie an den arabischen Frühling. Die gesamte südliche Nachbarschaft Europas hat sich in wenigen Jahren vollständig gewandelt und verändert sich immer noch. Mit großen Folgen, auf die wir uns kontinuierlich einstellen müssen.
Muss denn der 20-Mann-Betrieb aus Niedersachsen wirklich Angst davor haben, von den Chinesen ausspioniert oder den Russen sabotiert zu werden? Ist das nicht viel mehr eine Sorge der Global Player?
Der Mittelstand hat das vielleicht etwas weniger auf der Agenda, als die großen Konzerne, die global denken. Bei kleinen und mittelständischen Unternehmen fehlt häufig auch einfach die Manpower. Die konzentrieren all ihre Ressourcen auf die Herstellung ihres Produktes, für Risikoanalyse und -abwägung sind dann keine Kapazitäten mehr übrig. Es gibt rund 1500 kleine und mittelständische Unternehmen, die in ihrer Nische Weltmarktführer sind. Natürlich ist deren Know-how begehrt. Das Bewusstsein dafür ist nur nicht überall vorhanden. Aber es gibt in unserer digitalisierten Welt niemanden mehr, der nicht für irgendwen ein Ziel ist.