Dass auch Franzosen Persönliches zunächst wichtiger ist als der Deal, weiß auch Michael Neumann. Der Deutschland-Chef der französischen Personalberatung Alexander Hughes wunderte sich schon mal, warum die Kollegen aus Paris auf seine Mails oft nicht antworteten. Der Grund: Statt freundliche Floskeln vorauszuschicken, kam er stets direkt zum Thema – für Franzosen ein Fauxpas. Auch bei Meetings reden sie nicht sofort über die Agenda, sondern erst mal über die Familie. Kommt man auf anstehende Projekte zu sprechen, entsteht oft eine Art Hausaufgabenzettel, den die Anwälte beider Seiten abarbeiten. "Wenn die Juristen ins Spiel kommen", sagt Neumann, "gehen die Vertragspartner ins Restaurant."
Was inzwischen auch Jochen Zeitz schätzt. „Wenn ich jemanden besser kennenlernen will“, sagt der Nachhaltigkeitsvorstand des französischen Luxuskonzerns PPR, "ist es oft viel aufschlussreicher und lockerer, miteinander essen zu gehen als im Büro zu sitzen".
Irritationen zwischen den Kulturen
Dass es nicht alle Deutschen so locker nehmen wie der Ex-Puma-Chef, musste Henkel-Vorstand Bruno Piacenza erst lernen: Als der Franzose sein erstes Meeting in Deutschland organisierte, kam er fünf Minuten zu spät – alle Kollegen waren da schon wieder gegangen. "Man wollte mir zeigen, dass in Deutschland Pünktlichkeit sehr wichtig ist".
Öffentlicher Affront gegen Kollegen – in Frankreich so undenkbar wie in Großbritannien. Was auch umgekehrt für Irritationen sorgen kann, wie eine Deutsche feststellte, die für Turner Broadcasting in London arbeitete. Sie war nach ihrem Feedback-Gespräch davon überzeugt, einen guten Job gemacht zu haben. Erst als ihr Bonus viel kleiner ausfiel als erwartet, merkte sie, wie unzufrieden ihr britischer Boss mit ihr war.