Home Office & Co. Wo Mitarbeiter flexibel sind, steigt die Produktivität

Siemens hat das Festnetztelefon abgeschafft. Die Angestellten nutzen jetzt mobile Geräte. Vielleicht keine große Sache, aber ein Schritt in Richtung mobiles und flexibles Arbeiten. Und das macht Firmen erfolgreicher, zeigt eine Studie.

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Homeoffice: Warum gibt es so wenig flexible Arbeitszeit? Quelle: Getty Images

Der Großkonzern Siemens hat sich entschieden, dass Mitarbeiter künftig nicht mehr mit einem Festnetztelefon telefonieren müssen, sondern ein mobiles Gerät bekommen. Das klingt zunächst vielleicht unerheblich, kann aber der Gesundheit der Mitarbeiter nutzen. Sportmediziner raten schließlich: Wenn man schon den ganzen Tag im Büro sitzt, sollte man doch wenigstens beim Telefonieren aufstehen und umherlaufen. Bei 94 Prozent der Büroangestellten verhindert das allerdings das Telefonkabel, wie es im aktuellen Report „Mitarbeiterengagement und Arbeitsplätze in aller Welt“ von Steelcase Werndl, einem Experten für Arbeitsraumgestaltung und Ipsos, heißt. Die Siemensianer bekommen also ein Stück Bewegungsfreiheit geschenkt.

"Die Entscheidung von Siemens ist definitiv ein Schritt in die richtige Richtung. Denn auch wenn im privaten Bereich Smartphones, Tablets und Co. kaum mehr wegzudenken sind – in Unternehmen überwiegen fest installierte Techniklösungen gegenüber mobilen Technologien. Der durchschnittliche deutsche Mitarbeiter wird durch veraltete Technologien sprichwörtlich an seinen Schreibtisch gefesselt", sagt Stephan Derr, Vorstand von Steelcase.

Eine Studie seines Unternehmens zeigt, dass die technische Ausstattung des Arbeitsplatzes durchaus einen Effekt auf die Zufriedenheit haben kann. Wer an einem lahmen Rechner sitzt, der Stunden zum Hochfahren braucht, ist vermutlich weniger zufrieden als jemand mit einem einigermaßen modernen Laptop.

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Zufriedenheit und Flexibilität hängen voneinander ab

Dass diese Zufriedenheit der Mitarbeiter sich nachweislich auf die Produktivität des Unternehmens niederschlägt, hat nun Vodafone bei einem ganz ähnlichen Thema nachweisen können. Der Mobilfunkanbieter hat 2800 Unternehmen und 5500 Angestellte in zehn Ländern befragen lassen, wie es um die Flexibilität der Mitarbeiter bestellt ist: Dürfen sie nicht nur entscheiden, ob sie an den Schreibtisch gebunden oder mobil sein wollen, sondern vielleicht auch, ob sie am Freitag lieber von zu Hause aus arbeiten als im Büro? Oder gibt es starre Regeln, wer wann wo zu sein hat? Das Ergebnis: In Deutschland bieten bereits 72 Prozent der befragten Firmen ihren Mitarbeitern flexible Arbeitsplatzkonzepte. Der internationale Durchschnitt liegt mit 75 Prozent auf vergleichbarem Niveau.

Und die Unternehmen, die ihren Mitarbeitern eine gewisse Flexibilität einräumen, merken nicht nur, dass ihre Angestellten zufriedener sind, sie spüren es auch bei den Umsätzen. So gab die Mehrheit der Unternehmen - sowohl in Deutschland als auch anderswo - an, dank dieser Maßnahme wirtschaftlich erfolgreicher zu sein.

Gewinnsprung dank Home Office

Rund drei Viertel dieser Unternehmen gaben an, durch flexibles Arbeiten die Produktivität ihrer Mitarbeiter gesteigert zu haben, die Hälfte verzeichnete nach eigenen Angaben einen höheren Gewinn. Die häufig geäußerten Bedenken, dass Mitarbeiter durch mehr Freiheit und weniger Kontrolle auch weniger leisten könnten, bestätigten sich damit nicht. International zeichnet die Untersuchung ein vergleichbares Bild. Für Alexander Saul, Geschäftsführer Firmenkunden bei Vodafone Deutschland, ist die Sache damit klar: "Der klassische Arbeitsplatz mit ständiger Büropräsenz und starren Arbeitszeiten ist ein Auslaufmodell."

Wenn diese Art der Flexibilität Mitarbeiter nicht nur zufriedener, sondern die Arbeitgeber auch noch reicher macht, gibt es keinen Grund mehr, an Stechuhr und Kontrolle festzuhalten. Und wer bummeln will, kann das schließlich auch vor der Nase des Vorgesetzten. Dafür braucht es kein Home Office.

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Natürlich müssen Firmen ihre Infrastruktur und Organisation diesen neuen Anforderungen anpassen, um nicht vom Wettbewerb abgehängt zu werden. Dazu gehört natürlich auch die Anschaffung und Nutzung mobiler und digitaler Technologien, wo Deutschland im Vergleich zum Ausland immer noch ein bisschen hinterher hinkt, wie Alexander sagt. Aber die Kosten amortisieren sich schnell, zeigt die Vodafone-Studie. Zwei Drittel der deutschen Unternehmen, die daran teilgenommen haben, bemerkten eine Steigerung der Leistung ihrer Mitarbeiter, mehr als die Hälfte verbuchte ein Gewinnwachstum.

Ulrich F. Ackermann, Geschäftsführender Gesellschafter des Beratungshauses Transearch International, kann sich deshalb gut vorstellen, einen Rechtsanspruch auf Home Office einzuführen, wie es ihn in den Niederlanden gibt.

"Work-Life-Integration wird stärker gefordert. Das Angebot von zeitweisem Home Office ist eine perfekte Möglichkeit, dem entgegenzukommen", sagt er. Das sagen auch die befragten deutschen Arbeitnehmer. Für sie sind die größten Vorteile des flexiblen Arbeitens die Freiheit bei der Arbeitsgestaltung (37 Prozent) und die bessere Work-Life-Balance (34 Prozent).


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Und: Wer das anbietet, hat bei Bewerbern einen Wettbewerbsvorteil. So gab knapp ein Drittel an, dass die Bereitschaft im aktuellen Job zu bleiben, sich deutlich erhöhen würde, wenn die Angebote für flexibles Arbeiten in ihrem Unternehmen ausgebaut würden. 61 Prozent sind überzeugt, dass sie zufriedener mit ihrer Arbeit wären, wenn sie hinsichtlich Arbeitszeit und -ort noch mehr Spielraum hätten.

Aus Arbeitgebersicht ergibt sich folgendes Bild: 54 Prozent der Firmen berichten von einer höheren Mitarbeiterbindung, 56 Prozent ermittelten eine verbesserte Unternehmensreputation aufgrund flexibler Arbeitsmodelle.

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