HR-Abteilungen Personaler vergraulen Fachkräfte

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Was Personaler anders machen müssen

Sollte dem Personaler die Nase des Bewerbers dann doch nicht gepasst haben, bekommt der oft nicht einmal eine Absage. Thomas Gruhle von der Hay Group rät Personalern allerdings dringend dazu, auch den Bewerbern ein Feedback zu geben, die es nicht in die engere Auswahl schaffen. "500 Bewerber für 50 Stellen bedeuten 450 Enttäuschungen. Wenn sich diese abgelehnten Bewerber vom Unternehmen ungerecht behandelt fühlen, reden sie mit anderen über ihren Frust", sagt . Darunter leidet das Image des Arbeitgebers.

Das alles wirft kein gutes Licht auf die Personalverantwortlichen. "Wenn ein Unternehmen heute gute Leute einstellt, geschieht das häufig nicht wegen HR, sondern trotz HR", fasst Trost von der Uni Furtwangen die Lage zusammen.

Mit diesen Tricks arbeiten Personaler im Internet
Personalberater sind wie Sherlock HolmesManchmal erscheint die Personalsuche wie Detektivarbeit. Heutzutage sind Lebensläufe und Anschreiben so professionell verfasst, dass es auf kleinste Details ankommt. Wenn zwei Bewerber zur Auswahl stehen, fällt die Wahl meistens auf den, der neben sehr guter Qualifikation auch Persönlichkeit mitbringt. Doch wie lassen sich private Informationen über einen Kandidaten herausfinden? Auf keinen Fall muss ein Bewerber damit rechnen, wirklich von einem Detektiv auf Schritt und Tritt verfolgt zu werden. Denn meistens ist das gar nicht mehr nötig. Quelle: fotolia
"Personalabteilungen recherchieren Kandidaten im Internet, das ist kein Mythos."Personalern genügt meist schon, was die Kandidaten selbst in sozialen Netzwerken preisgeben. Bewerbungsunterlagen reichen heutzutage nicht mehr aus, um sich ein umfassendes Bild eines Kandidaten zu machen. Beim Auswahlverfahren fallen unangemessene Beiträge, Bilder oder Statusmeldungen deswegen immer mehr ins Gewicht. Wer also glaubt, Personalberater recherchieren nicht im Internet, um private Informationen in Erfahrung zu bringen, der irrt. „Fast die Hälfte der Personaler googelt“, so Tiemo Kracht. Man sollte sich daher über die Transparenz im Internet bewusst sein. Quelle: dpa
Gekreuzte Finger hinter dem Rücken Quelle: fotolia
Emblem von Twitter und facebook Quelle: dpa
Hand am Ohr, um zu horchen Quelle: fotolia
"Es ist unanständig, in den privaten Kreis eines Kandidaten einzudringen."Im Idealfall bleibe die Privatsphäre unangetastet, so die Meinung des Personalberaters. Eine Befragung von Freunden ist jenseits der Grauzone angesiedelt und wird nach Ansicht von Tiemo Kracht auf gar keinen Fall Schule machen. Kandidaten werden dies außerdem auch ablehnen, so schätzt er. Dafür benötigt man einen Rechtfertigungsgrund, denn irgendwann werden Grenzlinien überschritten. Die Gesellschaft tendiert immer mehr zum "gläsernen Menschen". Kracht plädiert deswegen auch für einen Schutz privater Angelegenheiten, die ein Bewerber nicht freiwillig nach außen kommuniziert.
"Freunde kennen Anforderungsprofil des Kandidaten nicht"Stattdessen gehöre es durchaus zur gängigen Praktik, den Bewerber um drei bis vier Referenzgeber aus dem beruflichen Umfeld zu bitten, erläutert Kracht. Mit den entsprechenden  Kontakten werde dann ein Termin für ein Gespräch vereinbart. Die vom Bewerber aufgeführten Personen würden nicht überrascht. Es sollte ihnen schon genügend Zeit gegeben werden, sich auf die Befragung vorzubereiten. Quelle: fotolia

Damit sich an der Arbeit der Personalabteilungen und somit letztlich am Fachkräftemangel der Unternehmen etwas ändert, sind also sowohl ein Umdenken als auch neue Strukturen nötig: "Um die geeigneten Kandidaten zu erkennen, braucht es interne Headhunter, die frühzeitig feststellen, ob jemand das Potenzial zum Chef hat und ihn dann vorschlagen und aufbauen", sagt der Experte.

Das gelte jedoch nicht nur für zukünftige Manager. "Stellen wir uns einmal vor, jemand ist Buchhalter in einem Unternehmen, der ein enormes Verkaufsgeschick hat. Warum soll man den nicht befähigen, im gleichen Betrieb in den Verkauf zu wechseln? ", fragt Trost. Dafür müsse man aber eben aufhören, nur auf Zeugnisse und starre Stellenprofile zu schauen und sich fragen, was ein Mitarbeiter für eine Stelle unbedingt an Kompetenz mitbringen muss und was er lernen kann. Bei Führungspositionen gelte dasselbe.

"Wenn man einmal fragt, auf welche Kriterien bei Managern geachtet wird, dann heißt es: Wie hat er sich entwickelt? Brennt er für den Job? Kann er ein Vorbild sein? Hat er feste Prinzipien, die er vertritt und fällt nicht einfach um?", schildert Trost seine Erfahrungen. Von Chinesisch-Kenntnissen, Einser-BWL-Studium und der prestigeträchtigen Auslandserfahrung sei dagegen nie die Rede.

Der Survival-Guide für Berufseinsteiger

"Immerhin haben - global betrachtet - 93 Prozent der CEOs bemerkt, dass sich etwas ändern muss", sagt Miller von Cornerstone OnDemand. Er ist überzeugt, dass Unternehmen, die trotz des demographischen und gesellschaftlichen Wandels an ihren bisherigen Recruitingmethoden festhalten, untergehen werden. "Die Millenials werden fünf bis sieben Karriereschritte in ihrem Berufsleben machen, nicht fünf Jobs", sagt er. Dementsprechend sei es am Arbeitgeber, dafür zu sorgen, dass die junge Generation dies in einem Betrieb tun könne. Jeder Chef müsse sich fragen, wie treu er seinen Mitarbeitern gegenüber sei und wie flexibel das Unternehmen auf die Bedürfnisse und Karriereziele der Mitarbeiter eingehen wolle. Dementsprechend müssen die HR-Abteilungen umstrukturiert und die Personaler gecoacht werden.

Transparenz ist wichtig

Trotzdem muss kein Personaler Angst haben, zum persönlichen Karriereberater jedes einzelnen Mitarbeiters zu werden.

Gerade in den unteren Hierarchieebenen, in denen es darum geht, Mitarbeiter durch entsprechende Förderung und Beförderung zu motivieren und an das Unternehmen zu binden, ist so etwas gar nicht nötig. "Entweder nimmt man die Leute an die Hand und sagt: Guck mal, da ist eine Stelle frei, die zu dir passt oder man sorgt dafür, dass solche Dinge transparent sind, damit sich die Leute selbst darum kümmern können", sagt Trost. Letzteres würde den Personalern die Arbeit sogar deutlich leichter machen.

Dafür brauche es noch nicht mal ein unternehmenseigenes Karriereportal oder ein Betriebs-Facebook, es würde schon reichen, wenn man in eine andere Abteilung gehen und mit den Kollegen reden könnte, so Trost. "Dafür sind viele Unternehmen viel zu hierarchisch aufgestellt. Da ist eine Abteilung genau das: eine Teilung." Beim klassischen Arbeitgeber von gestern sind Austausch und Transparenz unerwünscht.

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