Ideen-Management So sorgen Mitarbeiter für Innovationen

Statt Berater zu holen und Kreative einzukaufen, lohnt sich der Blick auf die eigene Mannschaft: Niemand kennt das Unternehmen besser als die Mitarbeiter. Wie Chefs die besten Ideen aus ihrer Belegschaft herauskitzeln.

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ein Mann malt verschiedene Symbole auf eine Wand. Quelle: Fotolia

Niemals war Innovationsfähigkeit so wichtig wie heute. Das merken auch die deutschen Industrieunternehmen und kaufen innovative Start-ups, um von deren Kreativität zu profitieren. Einige Konzerne wie Volkswagen setzen dagegen auf die Ideen der eigenen Leute - und sparen dadurch jedes Jahr bares Geld. In den vergangenen 66 Jahren habe Volkswagen allein hierzulande drei Milliarden Euro mit dem sogenannten Ideenmanagement in der Fertigung eingespart.

Rein rechnerisch macht das gut 46 Millionen Euro pro Jahr. Insgesamt habe VW seit dem Start des Ideenmanagements über zwei Millionen Vorschläge aus den eigenen Reihen beraten. Auch andere Konzerne halten ihre Mitarbeiter an, Ideen einzureichen. Wie lässt sich die Arbeitsatmosphäre verbessern, wie lässt sich effizienter arbeiten, welches Produkt fehlt noch im Portfolio und wie können die bestehenden Produkte besser werden?

"Manager vertrauen zunehmend darauf, dass ihre Angestellten die Initiative ergreifen, dass sie über die ihnen gestellten Aufgaben hinausgehen, Verantwortung übernehmen und neue Ideen vorstellen", schreiben Dirk Deichmann und Jan van den Ende in ihrer Studie "Rising from Failure and Learning from Success: The Role of Past Experience in Radical Initiative Taking". Doch ganz ohne Zutun von oben werden die Mitarbeiter in der Regel nicht kreativ.

Was die Kreativität fördert

"Es ist wichtig, dass es keine negativen Konsequenzen hat, wenn eine Idee abgelehnt wird. Sonst sind die Leute schnell demotiviert", sagt Deichmann, der an der Rotterdam School of Management Innovationsmanagement lehrt. "Wichtig ist, dass das Ideenmanagement ein unabhängiges System ist. Wer seinen Vorschlag direkt bei seinem Vorgesetzten abgibt und dann abgelehnt wird, steht sonst vor seinem Chef blöd da." Und das ist das Ende jeder Kreativität.

Wenn eine Idee dagegen von neutraler Stelle abgelehnt wird und der Mitarbeiter ein entsprechendes Feedback bekommt, woran die Idee letztlich scheiterte, kann das durchaus positive Auswirkungen haben, wie Deichmann und van den Ende nachweisen konnte. Ihre Beobachtungen in einem international tätigen Energieunternehmen haben gezeigt: Wenn ein Vorschlag abgelehnt wurde, kam der jeweilige Mitarbeiter gleich mit neuen Ideen um die Ecke. So gab einer der Mitarbeiter, der eine Idee eingereicht hat, an, dass es ihn weder stören noch abhalten würde, wenn sein Vorschlag abgelehnt werde. Und das, obwohl das Unternehmen keine finanziellen Anreize oder sonstigen Boni in Aussicht gestellt hat. "Ich weiß, dass nicht jede Idee angenommen werden kann."

Mitarbeiter brauchen Leidensfähigkeit

Das ist vor allem erstaunlich, da eine kürzlich von der Rotterdam School of Management veröffentlichte Studie zeigte, dass Prämien die Kreativität besser ankurbeln, als der Führungsstil des Chefs. Für Deichmann, der auch Autor dieser besagten Studie ist, ist das jedoch kein Widerspruch. "Prämien helfen bei kleinen Verbesserungsvorschlägen, für große Ideen braucht es die intrinsische Motivation", sagt er. Bei Prämien bestehe außerdem die Gefahr, dass die Mitarbeiter alles nur Erdenkliche einreichen, um an die Boni zu gelangen.

"Die Mitarbeiter in dem von uns untersuchten Unternehmen wollten etwas lernen, an spannenden Projekten mitarbeiten, neue Leute kennenlernen und sich profilieren. Solche Nebeneffekte können auch ein Anreiz sein." Entsprechend sagte einer der Mitarbeiter, dessen Vorschlag angenommen und umgesetzt wurde, dass er "positive Konsequenzen" bemerkt. Diese seien jedoch nicht seine Hauptmotivation gewesen.

Die Forscher stellten fest, dass die Motivation, weitere Vorschläge einzureichen, erst nach durchschnittlich 27 Ablehnungen in Folge nachließ. Um solch eine Motivation - und auch Leidensfähigkeit - zu generieren, brauchen die Mitarbeiter nicht nur konstruktives Feedback, sondern auch die Gewissheit, dass ihre Ideen ernst genommen werden, ist Deichmann überzeugt. "Es muss ein Raum geschaffen werden, in dem Mitarbeiter kontinuierlich Ideen einreichen können", sagt er.

Rückmeldung für Verbesserungsvorschläge

Unternehmen, die gerade erst ein Ideenmanagement aufbauen, sollten sich entsprechend fragen, welche Ideen und Vorschläge sie von ihren Mitarbeitern haben wollen. Soll es darum gehen, wie sich die Zusammenarbeit mit Zulieferern optimieren lässt, wie der Kundenservice noch besser und die Arbeit noch produktiver werden kann? Oder darum, wie sich Produkte verbessern und Geld sparen lässt? Entsprechend müsse das Ideenmanagement in der Personalabteilung oder der Forschungsabteilung angesiedelt werden.

Dann müsse man sich klar machen, wie das Feedback auf einzelne Vorschläge aussehen soll, denn ohne Feedbackkultur versickert der Ideenstrom nach einer anfänglichen Euphorie schnell wieder. "Es muss nicht immer ein Report sein. Man kann auch eine Community etablieren, in der zunächst andere Mitarbeiter einen Vorschlag bewerten, sodass die Idee erst ab einem bestimmten Bearbeitungsstatus an die entsprechende Abteilung weitergereicht wird", sagt Deichmann.

Er empfiehlt, bei kleinen Verbesserungsvorschlägen nach einer Woche Rückmeldung zu geben. Ein Ja oder Nein zu Gratis-Obst in den Abteilungen ist sicher keine Entscheidung, die Monate dauert. Bei den großen Innovationen sollte man zumindest Rückmeldung geben, was gerade mit dem Vorschlag passiert.

Und wer möchte, dass Mitarbeiter ausgereifte Konzepte statt Geistesblitze vorlegen, sollte proaktiv vorgehen und Gruppen von Tüftlern und Erfindern zusammenbringen. Hierbei kann eine Ideenmanagement-Software helfen, die es zum Beispiel ermöglicht, festzustellen, ob ein ähnlicher Vorschlag schon einmal eingereicht oder umgesetzt wurde. "Leute, die schon erfolgreich Ideen eingereicht haben, verbessern die Ergebnisse solcher Teams", weiß Deichmann.

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