Ideenmanagement Wie Mitarbeiter-Kreativität Unternehmen voranbringt
Volkswagen hat wieder die hauseigenen Daniel Düsentriebs prämiert. Da die besten Ideen von Menschen kommen, die sich täglich mit dem Unternehmen beschäftigen, setzen viele Manager auf die Ideen aus dem eigenen Haus.

Dank cleverer Verbesserungsideen seiner Mitarbeiter spart Volkswagen in Deutschland jedes Jahr Dutzende Millionen Euro. In den vergangenen 65 Jahren habe Volkswagen allein hierzulande drei Milliarden Euro mit dem sogenannten Ideenmanagement in der Fertigung eingespart, teilte der Dax-Konzern am Mittwoch in Wolfsburg mit. Rein rechnerisch macht das gut 46 Millionen Euro pro Jahr. VW belohnt das Mitdenken der Belegschaft und zahlt Prämien für Ideen, die Abläufe in der Produktion günstiger gestalten. Insgesamt habe VW seit dem Start des Ideenmanagements 1949 zwei Millionen Vorschläge beraten und gut 528 Millionen Euro Prämien ausgezahlt. Deutschlandweit arbeiten rund 50 Experten Vollzeit an der Koordinierung des Verbesserungssystems.
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Und auch der Autobauer BMW setzt erfolgreich auf die Ideen der eigenen Leute: 77,9 Millionen Euro sparte das Unternehmen, weil es auf die Vorschläge seiner Mitarbeiter hörte.
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Gleiches gilt für den Konkurrenten Daimler: Der Autobauer gab im vergangenen Jahr 17 Millionen Euro aus, um seine besonders erfindungsreichen Mitarbeiter zu belohnen - und sparte zeitgleich 68 Millionen Euro durch die Umsetzung der Ideen ein. Macht eine Gesamtersparnis von 61 Millionen Euro. Und das nur, weil das Unternehmen die eigenen Leute fragte: Was stört euch, was muss besser oder anders werden? Und weil es die Anregungen ernst nahm und den Erfindungen der Angestellten eine Chance gab.
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Um sich dieses Einsparpotenzial zu Nutze zu machen und die Mitarbeiter zu motivieren, fördert der Siemens-Konzern seine kreativen Mitarbeiter ganz gezielt mit Workshops und Seminaren: Es gibt interne Ideenwettbewerbe, eine Social-Media-Plattform für technische Fragen und verschiedene Innovationspreise. Ziel der Programme sei es, das "Patentportfolio zu erweitern, neue Produkte zu entwickeln oder technische Probleme zu lösen." Die höchste Auszeichnung, die Siemensmitarbeiter bekommen können, ist der jährlich verliehene Erfinderpreis. Im November 2011 wurden zwölf herausragende Siemens-Erfinder ausgezeichnet, auf deren Konto 730 Erfindungsmeldungen und 636 erteilte Einzelpatente gingen.
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Ideenmanagement heißt das, was Volkswagen, BMW, Daimler und Siemens da betreiben. Softwarehersteller bieten ganze Programme zur Bündelung der Mitarbeiter-Kreativität an und einige Unternehmen leisten sich sogar hauptberufliche Ideenmanager. Diese Manager tun prinzipiell nichts anderes, als die Vorschläge der Mitarbeiter einzusammeln, zu bewerten und auf ihre Umsetzbarkeit zu überprüfen. Studien gehen davon aus, dass rund 5000 Unternehmen in Deutschland ein solches institutionalisiertes Ideenmanagement haben.
Ob ein Daniel-Düsentrieb-Beauftragter tatsächlich nötig ist, ist Ansehenssache. Fakt ist: Viele Ideen entstehen bei der täglichen Arbeit. Wer sich regelmäßig über umständliche Prozesse ärgert, kündigt oder denkt über Verbesserungen nach. Und letzteres spart den Unternehmen bares Geld - so sie die Verbesserungsvorschläge ernst nehmen.
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Der erste deutsche Industrielle, der das Ideenmanagement in seinem Unternehmen einführte, war Alfred Krupp im Jahr 1872. Krupp forderte seine Führungskräfte dazu auf, Kritik und Vorschläge der Mitarbeiter "dankbar entgegen zu nehmen." Er selbst bat seine Angestellten darum, ihre Anregungen und Wünsche auf Papier zu bringen und sie ihren jeweiligen Vorgesetzten zu übergeben. Dieser Tradition ist das heutige Unternehmen ThyssenKrupp treu geblieben - nur eben unter dem neudeutschem Begriff.
"Das Ideenmanagement richtet sich an alle Mitarbeiter weltweit mit dem Ziel, ihre Kenntnisse und Erfahrungen auch über Ihre eigentlichen Aufgaben hinaus in Form von Verbesserungsvorschlägen einzubringen. So können sie sich an der Weiterentwicklung des Unternehmens und an der Verbesserung der Arbeitsbedingungen aktiv beteiligen", heißt es seitens des Unternehmens.
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Auch beim Technologieunternehmen Bosch ist die Idee der Mitarbeiterbefragung nicht neu: Firmengründer Robert Bosch (1862 bis 1942) soll einmal gesagt haben: "Immer soll nach Verbesserung des bestehenden Zustands gestrebt werden, keiner soll mit dem Erreichten sich zufrieden geben, sondern stets danach trachten, seine Sache noch besser zu machen." Das betrifft natürlich nicht nur Manager und externe Berater, sondern jeden Einzelnen. Dementsprechend wirken seit 1924 die Angestellten des Unternehmens nicht nur durch eigner Hände Arbeit sondern auch durch kreative Ideen am Erfolg mit.
Mit Erfolg: Im Jahr 2010 wurden bei Bosch rund 40.000 Ideen eingereicht, die dem Zulieferer einen Jahresnettonutzen von etwa 30 Millionen Euro brachten. Die hauseigenen Erfinder und Vordenker wurden für ihre Ideen mit
Prämien in Höhe von bis zu 150.000 Euro belohnt.
"Jede Idee macht unser Unternehmen besser", sagt auch Günter Müller von der Telekom. Kein Produkt sei schließlich so gut, dass es nicht doch noch verbessert werden könnte. Und das nehmen sich jährlich tausende Mitarbeiter zu Herzen. Im Jahr 2010 reichten sie rund 10.000 Vorschläge ein, wie das Unternehmen besser werden könnte. Der Bonner Konzern leistet sich für seine Erfinder und Vordenker sogar ein eigenes Ideenmanagement, das Vorschläge entgegen nimmt und bewertet. Bis zu 150.000 Euro ist der Telekom eine gute Idee wert.
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Der Softwarekonzern IBM investiert pro Jahr circa sechs Milliarden Dollar in Forschung und Entwicklung - die Ideen der eigenen Leute bescheren dem Unternehmen einen jährlichen Gewinn von etwa einer Milliarde Dollar. Das brachte IBM auf die Idee, die Kreativität der Mitarbeiter stärker zu fördern. Im Januar 2007 rief der Konzern deshalb das "Inventors Forum" ins Leben. Dort können alle - IBM-Mitarbeiter, Geschäftspartner, Lieferanten und Kunden ihre Verbesserungsvorschläge unterbreiten.
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Den Erfindergeist der eigenen Beschäftigten nutzt auch der Autozulieferer Continental. Die Kreativität der eigenen Leute bescherte dem Reifenspezialisten aus Hannover im vergangenen Jahr Einsparungen von rund 120 Millionen Euro. Insgesamt wurden bei Conti 2011 etwa 310.000 Einzelvorschläge in die Tat umgesetzt.
Wie Conti-Personalchefin Elke Strathmann berichtete, ließen sich die Ausgaben mit der Umsetzung von Mitarbeiter-Ideen an weltweit 126 Standorten im Vergleich zu 2010 um mehr als ein Fünftel drücken. Unter den deutschen Werken lag Regensburg an der Spitze, im Schnitt kamen vier umgesetzte Ideen auf einen Kollegen.
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