Innovation Darauf sollten Manager achten, wenn sie mit Start-ups kooperieren

Start-ups Quelle: Getty Images

Das Ziel bleibt gleich, der Weg ändert sich: Etablierte Unternehmen testen neue Methoden, um mit Start-ups zu kooperieren. Das funktioniert, zeigt eine Studie – solange Anfälle von Arroganz in den Konzernen ausbleiben.

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Herr Lehnen, seit mittlerweile fünf Jahren beobachten Sie, was für Programme Konzerne und große Mittelständler aufbauen, um mit Start-ups zu kooperieren. Was hat sich in der Zeit getan?
Jens Lehnen: Die grundsätzlichen Motive sind aus Sicht von Konzernen und Mittelständlern gleichgeblieben. Es geht darum, durch die Zusammenarbeit mit Start-ups Innovationskraft ins Unternehmen zu holen. Was wir aber beobachten: Strategische Themen rücken deutlich stärker in den Vordergrund. Die etablierten Unternehmen verfolgen konkrete Ziele, um sich bei Produkten, Prozessen oder Technologien zu verstärken.

Was bedeutet das konkret für die Art der Zusammenarbeit?
Die Zusammenarbeit mit Start-ups wird lösungsorientierter. Viele Konzerne und Mittelständler sind sehr daran interessiert, mit Gründern direkt über die Lösung eines ganz bestimmten Problems zu sprechen. Das wird beispielsweise mithilfe von sogenannten Corporate-Venture-Client-Programmen gemacht oder auch über Challenges, die große Unternehmen für eine spezifische Herausforderung ausschreiben.

Was bringen diese Modelle?
Für Konzerne und Mittelständler hat das mehrere Vorteile: Man kommt weg von den Standard-Pitches, bei denen Start-ups oftmals nur generische, sehr positive Inhalte vorstellen. Und man merkt in der ersten Zusammenarbeit direkt, wie zielorientiert ein Start-up arbeitet – und wie gut das Miteinander gelingt.

Und Start-ups lassen sich darauf ein?
Natürlich muss man absprechen, was den beiden Seiten so ein gemeinsames Projekt konkret wert ist. Aber dann kann diese Zusammenarbeit mit einem großen Unternehmen für Start-ups sehr spannend sein. Manche Gründer sagen sich zudem gerade jetzt: Reine Risikokapitalgeber sind viel zu stark auf die finanziellen Aspekte ausgerichtet. Da fühlen wir uns wohler mit einem Konzern, der einen etwas langfristigeren Blick hat.

Zur Person

Spiegelt sich das in den Ergebnissen der Studie wider?
Wir sehen, dass die Zahl der Beteiligungseinheiten im Dax und im MDax zugenommen hat. Dafür gibt es über die Jahre etwas weniger Acceleratoren oder Inkubatoren. Vor allem aber nehmen die unternehmensübergreifenden Programme zu, wie etwa die Start-up-Autobahn, bei der Konzerne wie Daimler, Porsche, ZF, Webasto oder Schaeffler mitmachen.

Wie erklären Sie sich diese neue Offenheit?
Ein Grund ist sicher, dass Konzerne und Mittelständler ihr Risiko minimieren wollen. Eigene Start-up-Programme aufzubauen, ist immer ein erhebliches Investment. Das kann man durch die gemeinsamen Projekte verringern. Wir beobachten aber generell eine größere Offenheit, bei bestimmten Themen und Technologien zusammenzuarbeiten. Da ist auch sinnvoll: Vieles schafft man nur gemeinsam.

Sie zählen allein bei Dax- und MDax-Firmen insgesamt 120 verschiedene Start-up Programme – bei insgesamt 90 Unternehmen. Angesichts dieser Anzahl: Wer bewirbt sich hier überhaupt bei wem?
Als gutes Start-up haben Sie sicher die Auswahl zwischen solchen Programmen. Vielleicht keine unbegrenzten Wahlmöglichkeiten, aber sicher zwei, drei Optionen, zwischen denen man sich entscheiden kann. Manche Konzerne sind überzeugt, dass sie trotzdem automatisch attraktiv für Gründer sind. Aber das ist falsch. Natürlich ist die Marke oft reizvoll für Start-ups - die guten Start-ups wägen aber durchaus kritisch ab, welchen Programmen sie sich anschließen und achten auf den idealen Fit zu ihrer eigenen Strategie.

Woran hakt es denn?
Eine wichtig Aufgabe ist es für Konzerne, eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe zu schaffen. So dass den Start-ups nicht das Gefühl vermittelt wird: Wir sind hier die großen Konzerne und Player am Markt, ihr könnt dankbar sein, dass wir mit euch zusammenarbeiten. Manchmal gehen die großen Unternehmen sehr selbstbewusst auf die Start-ups zu. Dabei geht unter, dass die jungen Firmen keine Zuarbeiter sind, sondern Partner werden sollen.

Wie können Konzerne und Mittelständler diese Arroganz vermeiden?
Das Team, das die Start-ups betreut, muss sich gut in die Belange der Gründer hineindenken können. Dann können sie sich offen mit den betreuten Start-ups auseinandersetzen: Was wollen wir von ihnen? Und welchen Mehrwert können wir den Gründern bieten? Häufig arbeiten bei Konzernen und Mittelständlern in diesen Abteilungen Mitarbeiter, die vorher in der Start-up-Szene gearbeitet oder selbst gegründet haben – sonst kriegen sie den Konzerngeist nicht so leicht raus.

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Gefühlt müssen auch manche großen Unternehmen immer mal wieder die Bewerbungsfristen für ihre Programme verlängern.
Sofern sich nicht die geeigneten Start-ups bewerben, ist dies teilweise der Fall. Wichtig ist dabei, den ursprünglichen Fokus und Ziel der Programme beizubehalten. Zum Beispiel kann es ein Risiko darstellen, entgegen des eigentlichen Programmschwerpunkts Start-ups aufzunehmen, die noch sehr am Anfang stehen. Denn die Gründer und ihre Teams mögen super sein – aber sie sind häufig noch gar nicht in der Lage zu liefern. Aber den etablierten Unternehmen hilft ja nur eine tatsächliche Lösung wirklich weiter.

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