Innovationen frisch von der Uni Wo Studenten als Unternehmensberater arbeiten

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„Wir investieren viel in Sozialleistungen"

„Bis 2025 sind wir vermutlich 50 bis 60 Leute mehr. Da stellt sich die Frage: Baut man an oder kann man deutlich stärker Richtung Home-Office gehen?“, sagt Carlo Sprenger, Leiter Personalwesen bei Somfy. Diese Fragen sollen Studierende beantworten, in dem sie die "Arbeitswelt 2025 bei Somfy" entwerfen und entwickeln. Pläne, die sich als realistisch erweisen, will das Unternehmen in die Tat umsetzen. Trotzdem tut sich schon jetzt einiges: „Wir wollen weg vom Konzept des reinen Arbeitsplatzes“, sagt Sprenger.

Auch wenn es blumig klinge wolle man bei Somfy lieber ein Erlebnisplatz sein, an dem die Mitarbeiter sich wohl fühlen. „Wir investieren viel in Sozialleistungen und Aufmerksamkeiten wie Gratiskaffee, Gratisgetränke oder Betriebsfahrräder.“ Und wer könnte besser entscheiden, ob sich das auch in Zukunft lohnt, als die potentiellen künftigen Mitarbeiter?

Neben Somfy arbeiten etwa Groupon, Bioprognos, Aldi, Ikea, Philips Healthcare oder das KaDeWe mit den Telanto-Studenten zusammen. Mit Erfolg: Die Problemlösequote der vermittelten Studenten-Teams liegt bei 90 Prozent.

Studentenjob Unternehmensberater

Dass das Modell „Student berät Unternehmen“ auch langfristig erfolgreich ist, zeigt die Oscar GmbH. Die ausschließlich von Studenten und Absolventen geführte Unternehmensberatung feierte am 1. Oktober ihr 25-jähriges Bestehen. Rund zwei Millionen Euro Umsatz machen die Jungberater mit Projekten wie etwa einer Trendanalyse zur Untersuchung der künftigen Relevanz des Themas “Consumerization” für Vodafone, Marktanalysen im Bereich Membranpumpen für Saint Gobain PPP, Verbesserung der der Ausbildungs- und Traineestrukturen beim Deutschen akademischen Ausbildungsdienst oder der „Entwicklung, Konzeption und Implementierung einer internationalen Diskussionsplattform für Studenten“ bei Daimler.

Karriere-Sprungbrett McKinsey: Diese Vorstände waren mal Berater

Die Berater sitzen in Köln oder Stuttgart und haben mindestens vier Semester studiert, bevor sie bei Oscar anfangen dürfen. Ein Nebenjob ist die Unternehmensberatung bei Oscar jedoch nicht. Alle Angestellten arbeiten dort in Vollzeit, manche unterbrechen das Studium, andere nutzen ein Praxissemester oder die Pause zwischen Bachelorabschluss und Beginn des Masterstudiums, wie die ehemalige Geschäftsleitung des Kölner Standortes erklärte.

Ehemalig, weil die Jungberater nicht ewig bei dem Unternehmen bleiben. Oscar ist vielmehr als Karrieresprungbrett und Netzwerk für die Studierenden gedacht: Ein Projektmitarbeiter bleibe bis zu vier Monate, ein Abteilungsmitarbeiter vielleicht ein halbes Jahr. Geschäftsführer sind in der Regel erst Berater oder Abteilungsleiter – und anschließend ein Jahr lang Boss. Älter als 30 ist hier also niemand – nicht einmal die Geschäftsführung. Für die 400 Kunden, darunter 23 von 30 Dax-Konzernen, ist das kein Problem. Schließlich wollen sie junge, frische Ideen.

Sprüche, die Studenten nicht mehr hören können
Studenten und das frühe Aufstehen passt für viele nicht zusammen - vielleicht auch, weil sie es aus ihrer Studienzeit so kennen. Heute können Studenten Sprüche wie "Studenten stehen ja schon um sieben Uhr auf - weil um acht die Geschäfte zumachen" nicht mehr hören. Auch Fragen um die Mittagszeit von besorgten Familienmitglieder wie "Oh, habe ich dich etwa wach gemacht? Studenten von heute schlafen ja immer so lang" sorgen nicht gerade für gute Laune bei Studierenden, deren Vorlesungen mittlerweile häufig morgens um acht Uhr oder noch früher beginnen und zu denen sie auch erscheinen müssen... Quelle: Fotolia
Nicht nur das lange Schlafen wird von Älteren oder Nicht-Akademikern häufig angeführt, um das Leben von Studenten zu verherrlichen. Ein anderer Vorwurf trifft viele Studierende noch deutlich härter als dass sie zu lange schlafen würden: "Studenten haben ja keine Ahnung, was es bedeutet zu arbeiten." Passend dazu auch: "Du weißt auch nicht, was Stress ist." Oder besonders direkt: "Studenten sind doch faul." Quelle: dpa
Es mag manche überraschen, aber nur weil jemand ein Fach studiert, das viele auch in der Schule belegt haben, heißt das noch lange nicht, dass derjenige auch Lehrer werden möchte. Wer Geschichte, Mathematik, Englisch oder ähnliche Studiengänge im Studentenausweis stehen hat, kennt "Auf Lehramt?" bestimmt - und hasst es. Alternativ: "Ach, dann willst du Lehrerin werden?" Für "normale" Bachelor- und Masterstudenten ein Alptraum - und eine der häufigsten Fragen überhaupt. Quelle: dpa
Übrigens die häufigste Nachfrage, wenn der Lehramtsspruch überstanden ist: "Und was macht man dann damit?" Alternative Formulierungen, die den Studiengang noch stärker in Frage stellen sind etwa "Ist so ein Studium überhaupt notwendig?" oder gleich ohne Fragestellung: "Dein Studium hat ja gar nichts mit der Realität zu tun." Wer mit Studenten nett im Gespräch bleiben will, Finger weg von solchen Aussagen! Quelle: dpa
Überfüllter Hörsaal Quelle: dapd
Passend zur Kritik an der mangelnden Arbeitsmoral verabscheuen Studenten einen weiteren allseits beliebten Spruch: "Es muss ja auch Arbeiter geben!" Wie ein Vorwurf fühlen sich Studenten dann häufig in der Situation als müssten sie rechtfertigen, warum sie den akademischen Weg gewählt haben. Erweitert wird er häufig durch Fragen wie "Wenn heute alle studieren, wer repariert dann die Rohre und wer holt den Müll ab?!" Übrigens ein weiterer Spruch, den Familienmitglieder gerne nutzen: "Dein kleiner Bruder hat ja schon eine feste Stelle! Hättest du mal eine Ausbildung gemacht!" Quelle: dpa
"Das Sekretariat ist mittwochs zwischen 10 und 12 geöffnet." Ähnliche Sätze kennen Studenten vom Prüfungsamt, Beratungsbüros oder Sprechstunden bei Dozenten und Professoren. Bei Beschwerde folgt darauf gerne der Hinweis: "Studenten haben doch alle Zeit der Welt" oder "Studenten können sich ihre Zeit frei einteilen." Die Anwesenheitspflicht bei gleichzeitig stattfindenden Seminaren wird dabei häufig vergessen. Quelle: dpa
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