Wohin dieses "weiter wie bisher" führen kann, zeigte sich vor einigen Jahren bei Nokia. Einst Weltmarktführer bei Mobiltelefonen, hat das finnische Unternehmen den Wandel zum Smartphone unterschätzt. Eine erdrutschartige Verschiebung von Marktanteilen war die Folge, am Ende stand der Verkauf der Mobilfunksparte an Microsoft. So etwas könnte genauso gut einem deutschen Konzern passieren.
Innovation ist dabei nicht auf Produkte beschränkt. Neue Dienstleistungen, Prozesse und Geschäftsmodelle zählen ebenso hinzu. Daher muss ein Hausgerätehersteller nicht zwangsläufig die Waschmaschine neu erfinden, vielleicht aber sein Geschäftsmodell erweitern. Und ein Sportartikelhersteller braucht nicht den Turnschuh zu revolutionieren – aber unter Umständen lohnt es sich, über neue Dienstleistungen nachzudenken.
Revolution in Produkt, Dienstleistung und Geschäftsmodell
Ein klassisches Beispiel dafür gibt Apple: Mit dem iPod (neues Produkt) kam auch die Plattform iTunes (neue Dienstleistung) und das dazugehörige Bezahlsystem (neues Geschäftsmodell). Diese Kombination mehrerer Innovationen war nur aufgrund verschiedener interner Prozessinnovationen und anderer organisatorischer Änderungen sowie in der Zusammenarbeit von Apple mit externen Partnern möglich.
So machen Sie Ihr Unternehmen innovativ
Innovation bedeutet schöpferische Zerstörung. DAX-30-Unternehmen bewundern zwar das Schöpferische an der Innovation, fürchten sich jedoch vor der Zerstörung. Dabei dürfen sich DAX-30-Unternehmen nicht allein auf die Generierung und Bewertung von Innovationsvorhaben konzentrieren, sondern müssen auch den Mut haben, auf die nächste Technologie- bzw. Marktkurve zu springen.
Quelle: „Innovation 2015“ von Ili consulting
Der Kampf um 5 Prozent weniger Verbrauch oder 2 Prozent mehr Inhalt verstellt allzu leicht den Blick auf das Wesentliche – einen echten Vorsprung. DAX-30-Unternehmen dürfen daher Innovationen als wichtigsten Wachstumstreiber nicht vernachlässigen und müssen sich neben Prozessinnovationen noch mehr mit wirklich neuen Produktinnovationen und Geschäftsmodellinnovationen befassen.
DAX-30-Unternehmen sollten bereit sein, mit ausgewählten Innovationsprojekten die Welt zu verändern. Darunter ist echte Innovation nicht zu haben. Daher sollten DAX-30-Unternehmen den Anspruch haben, mit ihren Innovationsvorhaben Trends zu setzen. Deutschlands größte Unternehmen haben hierfür eine hervorragende Ausgangsbasis, die sie jedoch stärker nutzen sollten.
Die Umsetzung von Innovationsprojekten scheitert zu oft. DAX-30-Unternehmen müssen daher ihre Innovationsfähigkeit deutlich verbessern. Dabei dürfen sich die Unternehmen nicht von ihren bestehenden Organisationsstrukturen lähmen lassen, sondern müssen dynamischer werden, um dauerhaft innovativ zu sein.
In vielen Firmen scheinen beim Thema Innovation Matrosen am Steuer zu stehen, und es stellt sich die Frage, ob Innovationsabteilung und Produktentwicklung tatsächlich die richtigen Treiber von Innovation sind. DAX-30-Unternehmen müssen sich von der Alibifunktion des Innovationsmanagements lösen und dafür Entrepreneure in der Organisation mit ausreichend Durchsetzungskraft ausstatten.
In vielen Firmen ist ein substanzieller Verlust von Wirkungsgraden bei Innovationsvorhaben festzustellen. Die Innovationsabteilung reibt sich dabei oft in der Orchestrierung der am Innovationsmanagement beteiligten Akteure auf. DAX-30-Unternehmen müssen es daher schaffen, interne Politik der am Innovationsprozess beteiligten Akteure und das Silodenken der Bereichsfürsten zu unterbinden. Ansonsten kommt es zu einer emotionalen Verschmutzung der Innovationspipeline.
In vielen Firmen scheint eine gewisse Ohnmacht aufgrund der Themenfülle bei Innovationsvorhaben zu herrschen. Als Ergebnis wird oft das Innovationsbudget für eine effektive Steuerung zweckentfremdet. DAX-30-Unternehmen müssen mit dem Innovationsbudget jedoch aktiv Inhalte und ihr Innovationsprogramm gestalten, anstatt bestehende Projekte zu verwalten.
Um Exzellenz im Management von Open Innovation zu erreichen, kommt es auf das „Wie“ in der Durchführung dieser Aktivitäten an. Durch die schlechte Qualität in der Nutzung von Open Innovation bleiben bisher viele Potenziale liegen. DAX-30-Unternehmen dürfen Open Innovation nicht aus Imagegründen nutzen, sondern müssen endlich beginnen, Qualität in die Anwendung von Open Innovation zu bringen.
Echte Innovationen erfordern unkonventionelle Denkweisen außerhalb der Komfortzone von Unternehmen. DAX-30-Unternehmen müssen daher ihre Chancenintelligenz wieder aktivieren. Insbesondere müssen sie ihre Geschäftsmodelle reflektieren, um mit ihnen möglicherweise zu brechen und aus neuer Perspektive noch größere Vorteile zu extrahieren.
Kunden kaufen meist keine Produkte, sondern Emotionen. Eine gute Story ist somit ein wesentlicher Erfolgsfaktor für Innovation. DAX-30-Unternehmen müssen im Detail verstehen, warum ihre Produkte und Dienstleistungen gekauft werden. Auf dieser Grundlage müssen sie ihren Kunden gute Gründe liefern, ihre Produkte und Dienstleistungen weiterhin zu kaufen.
Natürlich sind auch in Deutschland schon bahnbrechende Neuerungen hervorgebracht worden, beispielsweise die Magnetschwebebahn oder die MP3-Technologie. Eine gute Idee zu haben heißt hierzulande aber leider nicht automatisch, sie auch gewinnbringend umzusetzen. Zur Marktreife wurde beides im Ausland weiterentwickelt - der MP3-Player wegen Lizenzschwierigkeiten, der Transrapid, weil die Finanzierung nicht geklärt und die Kosten zu hoch waren.
Keine Lust auf Veränderung
Hinzu kommt, dass viele Ideen nicht umgesetzt werden können, weil Unternehmen sich mit ihrem Regelwerk selbst im Wege stehen. "Die Integration disruptiver Ideen ist die größte Herausforderung deutscher Konzerne", bestätigt Marc Wagner, Partner bei der Managementberatung Detecon und verantwortlich für die Themen Transformation, People Management und Nachhaltigkeit. Anders ausgedrückt: Der Marketing-Praktikant kann mit seinem Einfall nicht einfach zum CEO gehen und sagen: "Chef, ich habe eine Idee, wie wir mehr Kunden erreichen." Er muss stattdessen zu seinem Praktikumsbetreuer, der sich dann vielleicht an den Chef der Marketingabteilung wendet, der den Vorschlag dann vielleicht weitergibt.
Ausnahmen gibt es natürlich. So dürfen zum Beispiel die Mitarbeiter bei VW und Porsche ihre Verbesserungsvorschläge einreichen. Die besten Vorschläge werden prämiert und umgesetzt. 2014 haben die VW-Mitarbeiter mehr als 66.000 Verbesserungsvorschläge eingebracht. Das gesamte Einsparvolumen beziffern die Wolfsburger laut einer Mitteilung auf 111,6 Millionen Euro. Insgesamt habe Volkswagen laut eigener Einschätzung in den vergangenen 67 Jahren so allein in Deutschland drei Milliarden Euro in der Fertigung eingespart.
Trotzdem: Erfolg führt laut PA Consulting häufig dazu, dass man auf Veränderungen keine rechte Lust hat. Lief ja auch immer gut ohne neue Ideen, scheint man sich in manchem Unternehmen zu sagen. Entsprechend denken sich die Dax-Konzerne laut der Studie von Ili-Consulting nicht einmal für neue Märkte andere Produkte oder Dienstleistungen aus. Wer deutsche Autos mag, der will auch deutschen Kundenservice, scheint die Überzeugung zu sein.