
Neue Tresen für Lachs, Krabben und Matjes, eine kleine Bäckerei und eine Probierstube zur Häppchen-Verkostung: Alles muss raus, alles muss neu bei Goschs Fischmarkt am Lister Hafen. Die Kernsanierung des 250 Quadratmeter großen Ladens hat gerade begonnen, die Wiedereröffnung ist für Mitte März geplant.
„Wir müssen umdenken, bevor es zu spät ist“, sagt Jürgen Gosch. Der, so schätzt er, für die Umbausumme „auch zwei Eigenheime auf dem Festland“ kaufen könnte. Warum er das Geld nicht lieber in ein neues Restaurant oder einen Imbiss steckt?
„Die Urlauber wollen immer häufiger in ihren Ferienapartments statt im Restaurant essen“, hat Gosch beobachtet. Also müssen sie einkaufen – und sich in Ruhe umgucken, mit dem Personal schnacken und gute Qualität zu passablen Preisen kaufen können.
„Das ist unsere Zukunft“, sagt Gosch. „Höchste Zeit, dass wir zur Sache gehen – wenn wir es nicht machen, macht es ein anderer.“
Goschs Gesetze
Stehe zu 100 Prozent zu deiner Idee. Verfolge mehrere Projekte gleichzeitig – gute Unternehmer sind gierig.
Konkurrenz belebt das Geschäft? Was für ein Quatsch! Konkurrenz bedeutet Bedrohung – und Ansporn, sie zu vernichten. Wie ein Hai, mit Haut und Haaren.
Feiere deine Erfolge, aber steck das Geld nicht in privaten Luxus, sondern investiere so viel wie möglich in die Zukunft des Unternehmens.
Anzeigen, TV-Spots, schriftliche Markenregeln? Überflüssig. Das beste Marketing findet direkt am Kunden statt. Der hat immer recht, denn er ist dein größtes Kapital. Widersprich ihm nicht, sondern sorge für sein Wohlbefinden. Nur wenn er sich gern an dich erinnert, kommt er wieder.
Sei stolz auf das Erreichte, aber nie damit zufrieden. Sei offen für Neues, sonst drohen Stillstand und Rückschritt. Wer nichts wagt, ist feige – und verpasst die besten Chancen.
Seine Chancen wittern und konsequent nutzen, sich zur rechten Zeit weiterentwickeln, statt stur am immer Gleichen festzuhalten, das Angebot am Interesse der Kunden ausrichten, „denn der hat immer recht“.
So wie der Gründer und Eigner der Gastronomiekette Gosch gerade die nächste Entwicklungsstufe seines Unternehmens plant, hat er es immer wieder gehalten in seinem Leben. Und sich so im Laufe von fast fünf Jahrzehnten hochgearbeitet vom klammen Maurergesellen, der nebenbei in der Mittagspause und nach Feierabend Aale an Sylt-Touristen verkaufte, zum millionenschweren Alleineigentümer der Gastronomie- und Fischhandelskette Gosch Sylt.
Die ist längst weit über die Grenzen von Deutschlands nördlichster Insel hinaus bekannt und erfolgreich: Zu Gosch gehören heute 34 Imbissbuden und Restaurants zwischen dem Lister Hafen auf Sylt und dem Münchner Hauptbahnhof.
Beliefert werden sie mit täglich rund fünf Tonnen Lachs und Matjes, Seezungen und Krabben, Kabeljau und Heringen aus der eigenen Fischfabrik. Das Unternehmen mit dem roten Hummer im Logo gilt laut Verlag Deutsche Standards seit 2010 als „Inbegriff von Genuss und Atmosphäre“ und zählt zu den 100 bekanntesten Marken Deutschlands – die Gosch mit Dutzenden Produkten konsequent versilbert.
Mit 900 Mitarbeitern setzte Gosch 2013 über alle Kanäle laut der Fachzeitschrift „food-service“ gut 68 Millionen Euro um, nach Unternehmensangaben waren es 2014 fünf Prozent mehr als 2013.





„Ich bin kein Verlierertyp, wer nichts wagt, ist feige“, sagt Gosch. „Ein Unternehmer muss seine Chancen erkennen und nutzen.“
Gosch hatte eigentlich keine – genutzt hat er sie trotzdem, von frühester Kindheit an: Aufgewachsen in ärmlichen Verhältnissen ohne Vater im nordfriesischen Küstenörtchen Tönning, muss Klein-Jünne schon mit vier Jahren mit Krabbenpulen das kärgliche Familieneinkommen aufbessern helfen.
Bis zu 20 Pfund der Schalentiere putzt er täglich, bis zu 40 Mark landen so Woche für Woche in der Familienkasse. Manchmal übernimmt er auch die Ration seiner Schwestern, die nicht so fingerfertig sind wie der Bruder, der es gut 40 Jahre später gar zum offiziellen Krabbenpul-Weltmeister bringen sollte.

Herrscher des Müllbergs
„Ich war so flink, weil ich schnell auf den Fußballplatz wollte“, erinnert sich Linksaußen Gosch, mit zwölf Jahren in Nordfriesland „Talent des Jahres“. Noch besser als kicken kann er etwas anderes: „Ich wusste immer, wie ich Geld verdienen kann.“
Zum Beispiel beim Murmelspielen gegen die Mitschüler. Auch beim Sammeln von Altmetall ist er so geschickt, dass er im Dorf bald als „Schietbargkönig“ gilt – der Herrscher des Müllbergs. Goschs Trick: Statt auf der Müllkippe sucht er schon am Straßenrand nach Wiederverwertbarem, bevor die Müllabfuhr den Abfall einsammelt und zur Deponie bringt. Oft hilft Gosch junior auch den Fischern beim Ausladen des Fangs.