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Quelle: imago images

Führen mit Symbolkraft: Nutzen Sie den Queen-Effekt (und bloß nicht den von Uniper!)

Grüßt der Praktikant die Chefin nicht, ist er schön blöd. Grüßt die Chefin den Praktikanten nicht, ist sie arrogant. Die Wirkung von unbewusst gesetzten Symbolen kann verheerend sein. Oder grandios für alle. Wenn Sie es beherrschen, die Wirkung bewusst zu erzeugen. So geht’s. Eine Kolumne.

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„Erzeugen Sie mit Symbolen eine positive Wirkung“. Dieser ernst gemeinte Aufruf klingt in der ersten Sekunde wie ein Appell zum Theaterspielen, zum Fake. Das finde ich selbst auch. Als würde man mit bewusst gesetzten Gesten einen billig erheischten Vorteil zu seinen eigenen Gunsten abfischen wollen.

Lassen Sie mich also erklären, was ich stattdessen meine. Es geht mir im ersten Schritt darum, dass wir uns alle klar machen, dass viele Handlungen und Äußerungen, die wir uns leisten, auf der Seite derer, die unser Verhalten wahrnehmen, auf ihre symbolischen Wirkungen komprimiert werden.

Ihr Verhalten erzeugt oft eine Symbolwirkung – ob Sie es wollen oder nicht

Mal ein Beispiel. Die Firma Uniper, der von uns Steuerzahlern mit 15 Milliarden Euro am Leben gehalten wird, hat sich neulich, mitten in der Gaskrise, das Sponsoring der „Gastech“, der Messe der Gasbranche in Mailand, geleistet. Als Platinum-Sponsor.
Sonja Álvarez schreibt in der WirtschaftsWoche: „Zum Auftakt der Konferenz wurden die Gäste zum Gala-Dinner in die Villa Necchi eingeladen, wo jüngst der Hollywoodfilm ‚House of Gucci‘ gedreht wurde: Opulenter Blumenschmuck, Empfang mit Aperol Spritz und Musicalbegleitung zum Essen sind auf Fotos zu sehen. ‚Atemberaubend‘ sei der Abend gewesen, schwärmt der Messeveranstalter Gastech auf Twitter – und dankte dem deutschen Energiekonzern für sein großzügiges Engagement: ‚Thank you to our sponsors @uniper_energy.‘“

Was sagt der Russlandgas-Importeur Uniper dazu? Der Vertrag für das Sponsoring sei bereits im vergangenen Herbst vereinbart worden, erklärt ein Konzernsprecher. Das Sponsoring kurz vor der Messe abzusagen, „erschien uns gegenüber dem Veranstalter als nicht zumutbar.“

Dennoch ist diese Gas-Gala bei der Bundesregierung nicht gut angekommen. Aus der FDP heißt es: „Unternehmen, die staatliche Rettungsgelder bekommen, unterliegen höchsten Ansprüchen bei der Mittelverwendung.“ Und: „Für alles andere haben Steuerzahler kein Verständnis.“

Ich sage: Das PR-Desaster war für Uniper absehbar. Ich befürchte, die Verantwortlichen im Konzern sind es einfach noch nicht gewohnt, dass sich die Öffentlichkeit für ihre Aktivitäten interessiert. Deshalb war Uniper vor allem auf die Wirkung innerhalb der eigenen Branche fixiert: Was denkt die Messe über uns? Was denken unsere Geschäftspartner?

Die negative symbolische Wirkung eines Sponsoring-Stornos auf Seinesgleichen wurde als gravierender eingeschätzt als die Wirkung der „Gas-Sause“ (Álvarez) auf die unfreiwillig geneigten deutschen Verbraucherinnen und Verbraucher.

Jeder, wie er kann: Sieben Führungsstile

Aber es war eben eine Abwägung von Symbolwirkungen. Dass der Messebetreiber mittlerweile erkannt hat, wie verheerend das Gelage symbolisch gewirkt hat, zeigt sich darin, dass er besagten Dank-Tweet an Uniper mittlerweile gelöscht hat.

Daraus lässt sich lernen: Symbole setzen wir nicht nur dann, wenn wir es uns bewusst vornehmen. Und das macht es so herausfordernd, mit Fingerspitzengefühl auf das Sprengkraftpotenzial zu achten, dass unsere unbedachten (oder aus ganz anderen Motiven heraus sehr bewussten) Handlungen mit sich bringen können.

  • Der US-Präsidentschaftskandidat George Bush senior, der im TV-Duell auf die Uhr guckt. Alle von uns würden als Teilnehmende wohl gerne den Überblick über den zeitlichen Stand einer solchen Debatte haben. Die nicht bedachte verheerende Symbolwirkung: Der hat wohl was Besseres vor.
  • Der Fernsehmoderator, der im Corona-Friseur-Lockdown mit perfekt gescheiteltem Kurzhaarschnitt vor der Kamera erscheint, einfach weil seine Frau den Umgang mit Schere und Rasierer beherrscht. Völlig legitim. Aber die Symbolwirkung: Die im Scheinwerferlicht meinen wohl, für sie gälten andere Regeln.
  • Bundeskanzler Scholz, der auf seiner eigenen Pressekonferenz einer ausländischen Journalistin auf ihre Frage, ob er etwas genauer erläutern könne, antwortet: „Ja, kann ich“. Und mehr nicht. Vielleicht war sein Ansinnen, mit seinem flachen Witzchen klarzumachen, dass er die Frage nicht beantworten möchte. Doch die Symbolwirkung aus Sicht vieler Beobachter war: Frau, Ausländerin, Journaille: Deine Interessen scheren mich nicht.
  • Die Porschefahrerin, die im Halteverbot parkt. Seien wir ehrlich: Wäre es ein Polo, unsere Verachtung für diese Rücksichtslosigkeit wäre milder.
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