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Nutzen Sie diese Rhetorik-Tricks der CEOs

Kunden, Mitarbeitende, Aktionäre, Investoren – sie alle lassen sich mit gekonnten rhetorischen Methoden mitreißen. Ergreifen Sie als Chefs und Chefinnen diese Chance. Alles beginnt mit Ihrer persönlichen Manuskript-Revolution.

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„Deren Präsentationen ziehen sich immer so.“
„Bei seiner Rede bin ich kurz weggenickt.“
„Während die gequatscht hat, habe ich auf dem Handy den Wochenendeinkauf bei Rewe bestellt.“

Die persönliche Rede gilt vielen als langweilig. Und das ist nicht nur schade, sondern reine Ressourcenverschwendung, denn nichts überzeugt Ihre Zielgruppe mehr als Sie mit Ihrer Fachkompetenz, die Sie mit Leidenschaft gekonnt vortragen. Da kann kein Text, keine Grafik mithalten!

Und selbst im Topmanagement gibt es da interessante rhetorische Qualitätsunterschiede. Einige CEOs deutscher DAX-Konzerne reden, als trügen sie artig ein Lasten- und Pflichtenheft vor, andere sprühen vor eigener Begeisterung, reißen den Saal mit, ernten Zwischenapplaus und große Anerkennung nicht nur für erfolgreiche Bilanzen, sondern für den Vortrag selber.

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Als glänzendes Bespiel gilt hier vielen der Chef der Deutschen Telekom Tim Höttges. Dem gelingt es etwa, den Aktionärinnen und Aktionären die Lage seines Konzerns zu schildern, als würde er gerade vor Freunden voller Begeisterung von einer Mountainbike-Tour berichten.
Natürlich zählt für einen gelungenen Auftritt: Stimme, Pausen, Körperhaltung, Eroberung der Bühne, das perfekt getimte Zusammenspiel mit den Einblendungen von guten, knappen Texten und prägnanten Fotos, Grafiken und Animationen.
Doch der erste Schritt, an dem Sie die Weichen stellen für die Eroberung Ihres Publikums, ist ein gelungenes Manuskript (ob ausgeschrieben oder in Stichworten). Und da machen CEOs wie Tim Höttges und etwa auch Nikolai Setzer von Continental und Ola Källenius von Mercedes-Benz meiner Ansicht nach vieles richtig. Darum soll es hier gehen: das Manuskript.

Texten fürs Sprechen ist eine Kunst für sich

Die größte Hürde hier ist, sich zu überwinden. Denn wir sprechen ganz anders, als wir schreiben. Und deshalb haben wir auch ganz andere Hör- als Lesegewohnheiten. Doch in der meisten Zeit des Berufslebens schreiben die Allermeisten von uns fürs Lesen. Für Redemanuskripte gilt es, Formulierungen zu wählen, die uns damals wohl jeder Lehrer in einem guten deutschen Schulaufsatz mit einem dicken roten A für „Ausdruck“ angestrichen hätten.

Denn in Schule, Berufsschule und Universität wird uns unterschwellig vermittelt, dass nur ein hochtrabend formulierter Text auch wirklich anspruchsvolle Inhalte vermitteln kann. Einfach verständlich gilt oftmals als plump.

Dabei ist genau das Gegenteil richtig: Gerade anspruchsvolle Inhalte lechzen nach einfacher Sprache. Erst recht im Gesprochenen, wo wir nicht wieder und wieder nach- und nachlesen können, innehalten und mit dem Textmarker pointieren.

Also: Trauen Sie sich! Und machen Sie es Ihrem Publikum leicht. Sie können nur die überzeugen, die Ihnen folgen können. Je weniger Ihre Zuhörenden nachdenken müssen über das, was Sie sagen, umso besser. So eliminieren Sie Verständlichkeitshürden:

1. Ein Gedanke pro Satz

Im Deutschen können wir nicht nur beliebig lange Schlangenwörter bilden wie Supermarkteingangsautomatiktürsensorelektronikstörungsmeldung, viele Vortragende verlieben sich auch in Schachtelsätze, aus denen aus Zuhörerperspektive oft aber kein Entrinnen mehr ist.

Der CEO von HelloFresh, Dominik Richter, hatte einst zum Vortrag ins Manuskript notiert:

„Was Sie aber nicht vergessen dürfen, ist, dass der Einzelhandel kontinuierlich ein sehr breites Sortiment mit über 10.000 Artikeln anbieten muss, was zum einen relativ ineffizient ist und zum anderen verfehlt, dem Verbraucher ein auf ihn zugeschnittenes Angebot zu machen.“

Grammatikalisch richtig. Aber ein Satz mit vierzig Wörtern und einigen Einschüben. Der ist schon beim Lesen schwer zu verdauen. Nach der Regel „Ein Gedanke pro Satz“ klänge es so:

„Vergessen Sie eins nicht. Der Einzelhandel muss kontinuierlich ein sehr breites Sortiment anbieten. Mit über 10.000 Artikeln. Das ist relativ ineffizient. Und außerdem ist das kein auf den Verbraucher zugeschnittenes Angebot.“

Ein Satz wird zu fünf Sätzen. Von denen einer noch nicht einmal ein vollständiger Satz ist. Genau das meine ich. Schreiben fürs Sprechen schmeißt alte Schulweisheiten über Bord. Damit Ihnen alle an den Lippen kleben.

Ein Gedanke pro Satz – so reden wir. Und so verstehen wir es am bestem beim Zuhören. Genau so redet in ganz weiten Strecken etwa Telekom-CEO Höttges: „Wir verbinden Menschen. 300 Millionen Kundinnen und Kunden. Dafür steht unser T. Gemeinsam mit den beiden Quadraten links und rechts. Sie stehen für ein starkes Europa. Und sie stehen für ein starkes USA-Geschäft.“ Ohne lange Nachdenkumwege sofort in den Bauch. Wie warme Honigmilch.

2. Fachbegriffe erklären

„Wir beherrschen den Digital Car Tech Stack über alle Domänen. Offboard und Onboard.“
Da war mit BMW-Chef Oliver Zipse einer in seinem Element. Aber sind es auch die Menschen im Publikum?

Selbst Halsnasenohrenärzte müssen beim Wort Sinusitis noch kurz den Gedankenfunken zünden: „Nasennebenhöhlenentzündung“. Weil die Fachbegriffe, Abkürzungen und Fremdworte auf unseren Grundwortschatz nachträglich aufgesattelt wurden.

Wenn Sie Fachsprache anwenden, zeigen Sie allerdings auch, dass Sie sich auskennen. Das ist gut. Daher empfehle ich eine Mischung. Nennen Sie das Fachwort und erklären Sie es dann.

Höttges etwa sagt Dinge wie: „Wir werden weiter zweistellige Milliardenbeträge in (…) das führende Glasfasernetz stecken. FTTH. Fiber to the home, wie die Fachwelt es heute nennt. Wir bauen zehn Millionen Haushalte in Europa…“

Und wählen Sie Anglizismen nur, wenn Sie sich sicher sein können, dass diese im Publikum etabliert sind.

3. Immer die gleichen Worte

Schon wieder so ein Bruch mit den Konventionen. Wie haben wir es gelernt? „Sag nicht immer Haus, sag auch mal Gebäude. Verwende Synonyme.“ Ja, das lockert auf. Aber wenn Sie Ihrem Publikum Halt geben wollen, bilden Sie auch eine Reling aus wiederkehrenden Worten.
Sprechen Sie nicht einmal von Motiv, dann von Antrieb, dann von Motivation, einmal von Kapitel, dann von Abschnitt, dann von Aspekt, einmal von Kunden, dann von Käufern, dann von Klienten.
Sondern wählen Sie einen Begriff aus und lassen Sie ihn immer wiederkehren. Es sind die vielen kleinen Orientierungshilfen, die Ihre Überzeugungskraft anfeuern.

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Sie können einen Begriff auch zur Ikone Ihres Vortrages erheben. Wie als Running Gag. Höttges von der Telekom etwa hat einst das Wort „stabil“ durch seinen Auftritt gezogen.
Das T bleibe stabil, Stabilitätsanker, stabiles Netz, stabile Finanzen, stabil wegen des digitalen Ausbaus, stabile Lieferketten.

Wortwiederholungen werden so sogar zum Ankerpunkt, an den sich das Publikum noch abends beim Zähneputzen erinnert.

4. Aktive bildhafte Verben statt Substantivierungen

„Die Zahl der Innovationen ist erhöht worden“ versus „Wir haben da alles Mögliche neu gemacht.“

Wenn Sie aktiv mit kräftigen Verben formulieren, entstehen bei den anderen richtige Bilder im Kopf. So können Sie selbst trockene Bilanzen erlebbar machen.
Hören Sie den CEOs bei deren Reden zu: Sie setzen auf plastische Erzählungen, wie das Team geschuftet hat, wie begeistert die Kunden sind, was sich alles tut. Setzen auch Sie auf Verben: Statt „Dank höherer Investitionen konnten die Kundenzufriedenheitswerte signifikant erhöht werden“ lieber „Da buttern wir richtig rein. Und die Kunden lieben uns dafür.“

5. Holen Sie das Team ins Boot

Gerade zu komplexen Vorträgen bitten viele Führungskräfte ihr Team um Unterstützung in der Vorbereitung. Dann liefert Abteilung A den Textbaustein A und Abteilung B den Grafikbaustein B. Damit Sie all dem vor Ihrem Auftritt nicht ihren „neuen Geist“ einhauchen müssen (was Zeit frisst), leben Sie alle gemeinsam diese neue Rhetorik. An der rhetorischen Qualität eines Vortrags erkennt man nicht nur die Fertigkeiten des oder der Vortragenden. Sondern auch die Mentalität des Unternehmens.

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Formulieren Sie knapper, einfacher, aktiver. Und das gemeinsam im Team. Das Gute ist: Es kostet Sie irgendwann genauso viel Zeit, Ihr Manuskript so zu formulieren, dass Sie das Publikum mit Spaß souverän überzeugen. Viel Erfolg!

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