Katjes-Chef Tobias Bachmüller "Kofferträger? Brauch ich nicht"

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"Ich werde immer arbeiten"

Was haben Sie dort noch gelernt?

Erstens: dass man Unternehmen nur voranbringt, wenn man bestehende Paradigmen ändert. Und wie man es schafft, auch Skeptiker hinter sich zu scharen. Klingt banal – aber die wenigsten halten sich daran.

Zweitens?

Sich nicht auf den existierenden Markt zu beschränken. Schon BCG-Gründer Bruce Henderson hat darauf verwiesen, dass Marktanteile ambivalente Größen sind, weil sie nur auf die bestehenden Märkte abzielen. Drittens: die Art zu arbeiten.

Sie meinen, wie man sich damit abfindet, jede Woche 80 Stunden zu kloppen, nächtelang durchzuarbeiten und auf freie Wochenenden zu verzichten?

Nein. Das Motto lautet: arbeiten, bis der Job gemacht ist. Natürlich muss man mal länger bleiben. Vor Kurzem etwa hatte ich mit ein paar anderen Katjes-Managern eine wichtige Besprechung an Christi Himmelfahrt. Aber es muss auch keiner aus Prinzip bis 19 oder 20 Uhr am Platz bleiben. Wer fertig ist, soll gehen. Anwesenheit ist kein Wert an sich.

Die großen Karriere-Irrtümer

Arbeiten viele Ihrer Kollegen von zu Hause?

Von Home Office halte ich nicht viel – die Leute sollen sich vor Ort austauschen. Für flexible Arbeitszeitmodelle habe ich aber was übrig. Eine Kollegin etwa arbeitet seit ihrer Rückkehr aus der Babypause vorerst nur von Dienstag bis Donnerstag – weil sie es so will. Und wir sind froh, dass sie wieder zurückgekommen ist.

Weil Sie auch den Fachkräftemangel spüren?

Wir bekommen auf klassische Marketingpositionen noch immer Hunderte Bewerbungen. Die reduzieren wir auf etwa 50 und suchen die besten zehn heraus.

Was Bewerber wissen müssen

Nach welchen Kriterien?

Ich sehe heute viele tolle Lebensläufe, letztlich haben fast alle eine Zeit lang im Ausland studiert und diverse Praktika absolviert. Darüber kann man sich als Bewerber kaum mehr abheben. Die meisten vertändeln ihre Zeit mit dem hundertsten Praktikum, statt ein unverwechselbares Profil zu entwickeln.

Was könnte den Unterschied ausmachen?

Eine Kollegin ist Taekwondo-Europameisterin. Eine andere hatte schon während des Studiums bei einer renommierten Agentur gearbeitet.

Würden Sie sich heute noch selbst einstellen, mit den Qualifikationen, die Sie nach dem Studium hatten?

Ja. Ich war Reserveoffizier, hatte ein Stipendium, war Assistent eines Bundestagsabgeordneten, habe als Saaldiener in der Hamburger Spielbank gejobbt – also gekellnert. Ich hatte noch nie ein Problem mit Kundenorientierung.

Wie viel haben Sie damals verdient?

Interessant war vor allem das Trinkgeld, da kamen bis in die frühen Morgenstunden schon mal 300 Mark zusammen. Am nächsten Tag hab ich ausgeschlafen.

Sie sind 57, bis zur Rente mit 63 ist es nicht mehr lang. Welches Golfhandicap peilen Sie an?

Ich treibe keinen Sport, strebe auch nicht an, meinen Lebensabend auf dem Golfplatz oder auf einer Ölmühle in der Toskana zu fristen. Ich werde immer arbeiten. Ich werde auch keine Kunstsammlung aufbauen oder andere sozialen Maskeraden betreiben. Das meiste Geld stecke ich in die Ausbildung meiner Kinder. Unsere jüngste Tochter hat gerade in Frankreich das internationale Abitur gemacht. Eine bessere Investition, eine bessere Freude gibt es nicht.

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