Konferenzwahn Endlich Schluss mit öden Meetings

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Ranghöchste sollten erst am Ende sprechen

Auch der „Halo“-Effekt beeinflusst Personen erheblich: Sie schließen gerne von einer prägnanten Eigenschaft auf eine andere. Füllige Menschen, so die Annahme, haben ein sanftes Gemüt, Attraktive gelten als kompetent. Und wer seine Meinung besonders vehement vertritt („Das kann nicht funktionieren!“), dem wird garantiert seltener widersprochen.

Diese Erkenntnisse lassen sich auch auf Entscheidungen in Meetings übertragen. Nobelpreisträger Kahneman empfiehlt, dass die Teilnehmer Vorschläge oder Meinungen bereits vor der Besprechung aufschreiben und später der Gruppe vorlesen. Dann lassen sie sich nicht mehr von anderen Ansichten manipulieren.

Mut zur Meinung

Experimente haben auch gezeigt, dass der hohe Status eines anderen Menschen einen großen Einfluss auf die eigene Meinung hat: Für ein effizientes Meeting ist es daher hilfreich, wenn der Ranghöchste erst am Ende spricht. „Denn es braucht schon viel Mumm, eine andere Meinung als der Chef zu haben“, sagt Professor Becker.

Eine weitere Falle ist das Gruppendenken: Die Teilnehmer trauen sich nur Sachen zu sagen, die sie für konsensfähig halten. „Dann kann man sich das Meeting eigentlich auch gleich sparen“, sagt Becker. Doch das können Chefs leicht ändern, beispielsweise indem sie Mitarbeiter loben, die eine abweichende Meinung vertreten.

Zu etwas rabiateren Methoden greift hingegen Jeff Bezos. Für den 51-jährigen Amazon-Gründer ist es unerträglich, wenn Mitarbeiter in Meetings einen Konsens finden, nur um sich besser zu fühlen. Im Unternehmensleitbild ließ er festhalten, dass Führungskräfte keine Kompromisse „nur um des lieben Friedens willen“ machen dürfen. Glaubt man dem Autor Brad Stone, soll Bezos sogar einmal genervt gerufen haben: „Wenn ich diese Idee noch einmal höre, bringe ich mich selbst um.“ Ob seine Mitarbeiter solche Meetings noch produktiv finden, darf bezweifelt werden – aber zumindest bleiben sie im Gedächtnis.

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