Kreativität So sprudeln die Ideen im Büro

Führungskräfte pochen auf innovative Mitarbeiter. Aber lässt sich Originalität steuern? Und ob! Eine Anleitung zum Querdenkertum.

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Nonkonformisten gesucht! Quelle: Querdenkerparadies

Hinter Martin Elliott lag eine harte Nacht, als er sich auf das Sofa im Personalraum fallen ließ: Zwei Operationen hatte der Chirurg am Kinderkrankenhaus Great Ormond Street in London geleitet, jetzt wollte er nur noch runterkommen.

Seine Anspannung war hoch, denn seit Längerem stieg die Zahl der Todesfälle in seiner Abteilung. Untersuchungen hatten ergeben, dass dafür vor allem die Übergaben verantwortlich waren. Jener kritische Moment, wenn die Kinder nach Operationen umgebettet und an die Intensivabteilung übergeben werden. Vergeblich hatten die Mediziner versucht gegenzusteuern, im Team machten sich bereits Frust und Verunsicherung breit.

An diesem Morgen ließ sich Elliott gemeinsam mit einem Kollegen von einem Formel-1-Rennen berieseln. Ein Fahrer bog in die Boxengasse ein, die Kamera schwenkte auf den Reifenwechsel – und plötzlich war Elliott wie elektrisiert: Fasziniert beobachtete er, wie das Boxenteam reibungslos zusammenarbeitete. Jeder Handgriff saß, niemand stand dem anderen im Weg, Informationen wurden knapp und präzise ausgetauscht – nach sieben Sekunden war der Fahrer wieder auf dem Weg.

So bringen Sie Ihr Gehirn auf Trab

An diesem Morgen begann eine der originellsten Kooperationen des Klinikwesens. Denn Elliott beauftragte die Boxenmannschaft des Formel-1-Teams von Ferrari damit, seine Mitarbeiter zu schulen.

Ein Geistesblitz, der Leben rettet

Die Techniker waren geschockt, als sie Videos der Übergaben im Krankenhaus sahen: In ihrer Sorge um die kleinen Patienten redeten die Ärzte und Pfleger durcheinander, gleichzeitig begannen sie, ohne erkennbare Reihenfolge Versorgungsschläuche und Kabel umzustecken.

Ferrari sorgte stattdessen für ein klar definiertes Protokoll: Abläufe wurden verbindlich festgelegt, Verantwortlichkeiten eindeutig verteilt. Die Fehlerquote an Elliotts Krankenhaus sank daraufhin um 42 Prozent.

Ein Geistesblitz, der Leben rettet: Scheinbar mühelos erkannte Elliott im Autorennen mehr als eine Sportveranstaltung. Er sah die Gemeinsamkeiten zwischen der Arbeit an der Rennstrecke und am Krankenbett.

Aber warum gelingt es manchen Menschen so leicht, Parallelen zu entdecken und gedanklich auszubrechen aus dem „Haben wir schon immer so gemacht“?

Kleine Idee, große Wirkung


Der renommierte US-Wirtschaftspsychologe Adam Grant geht in seinem neuen Buch auf Spurensuche und zeigt: Nonkonformisten – so der deutsche Titel seines Buchs – haben nicht nur originelle Ideen, sondern auch den Mut und den Durchhaltewillen, sie umzusetzen. Und können damit ideale Vorbilder sein. Grant ist überzeugt: In jedem steckt die Kraft, unseren Alltag zu verändern.

Das Wissen um die Macht der Kreativität ist nicht neu. Seit Jahren verordnen Unternehmen ihren Mitarbeitern Ideenwettbewerbe, Rollenspiele und Denklabore. Grant aber zeigt: Es gibt keinen Königsweg zur originellen Idee. Dazu ist Kreativität zu schwer zu fassen – und zu fördern.

Was die Kreativität fördert

Wo der eine Mitarbeiter Ruhe braucht, sprudeln bei dem anderen die Ideen erst, wenn er abends in einer Runde mit Kollegen zusammensitzt. Wird dort auch Alkohol getrunken, kann das Vorteile für Dritte haben: Studien zeigen, dass beschwipste Teilnehmer bisweilen kreativer sind. In kompliziert wirkenden Aufgaben – Zahlenkolonnen oder Buchstabenreihen – erkennen sie geschickter Gemeinsamkeiten oder Regeln, weil sie freier assoziieren.

Kleine Schritte für ein kreatives Betriebsklima

Nun werden Unternehmen ihren Mitarbeitern kaum Drinks verordnen. Doch sie täten gut daran, mit kleinen Schritten für ein kreatives Betriebsklima zu sorgen. Denn schon minimale Änderungen können sich auszahlen: Seit der Henkel-Konzern beschlossen hat, die Einladungen zu seiner Aktionärsversammlung auf dünnerem Papier zu drucken und das Gewicht des Briefes zu senken, spart das Unternehmen jährlich Portokosten von 25.000 Euro – die Idee stammt von einem Mitarbeiter.

Ähnliche Beispiele stellt Grant in seinem Buch vor. Und räumt dabei auf mit vielen irrigen Vorstellungen über kreative Menschen und erfolgreiche Unternehmer. Dass sie besonders mutig seien. Oder dass sie unbeirrt an ihre Idee geglaubt hätten – die Google-Gründer Larry Page und Sergey Brin zum Beispiel wollten ihre Suchmaschine ursprünglich für zwei Millionen Dollar verkaufen und promovieren. Zu ihrem Glück fand sich kein Abnehmer.

Kreative scheuen Risiken tatsächlich genauso sehr wie alle andere Menschen – was sie aber nicht davon abhält, dranzubleiben. Sie sichern ihre Schritte stattdessen besonders gut ab. Das verleitet mitunter zu Fehlschlüssen, wie Grant selbst feststellen musste, als ihn vier seiner Studenten als Investor für ihr Start-up gewinnen wollten.

Positive Selbstzweifel

Er erwartete, dass sie für ihr junges Unternehmen alles andere aufgeben, weil sie von ihrem Konzept 100-prozentig überzeugt wären.
Stattdessen erklärten die Gründer, sich auch weiterhin auf ihr Studium konzentrieren und mit Nebenjobs Geld verdienen zu wollen – schließlich sei nicht klar, ob ihre Idee, Brillen über das Internet zu verkaufen, überhaupt zum Erfolg werde. Grant nahm dies als Beweis für zu große Selbstzweifel und mangelndes Engagement, investierte nicht – und versäumte so die Beteiligung an Warby Parker. Der erfolgreichste Onlinehändler für Brillen in den USA wird heute mit 1,2 Milliarden Dollar bewertet. Gerade ihre Selbstzweifel hatten die jungen Gründer stark gemacht: Sie bedachten jeden möglichen Rückschlag. Gleichzeitig standen sie dank ihrer sicheren Jobs weder unter Zeit- noch Erfolgsdruck. Sie konnten an ihrer Idee feilen, bis sie marktreif war.

So macht der Job (wieder) Spaß
SelbstwertschätzungSpaß macht vor allem das, auf das man stolz sein kann. Daher sollte man seiner Arbeit den richtigen Wert beimessen und sie als Handwerkskunst sehen, statt als Mittel zum Zweck. Die richtige Einstellung macht’s. Quelle: Fotolia
Wissen, was Spaß machtUm Freude am Job zu haben, muss man vorher identifizieren, was einem genau Spaß bei der Arbeit bereitet. Eine Liste hilft dabei, die Spaßfaktoren auszumachen. Dann gilt es so viel von den angenehmen Punkten der Liste während des Arbeitstags unter zu bringen. Und schon bereitet der Job im Ganzen mehr Freude. Quelle: Fotolia
Das Beste aus einer Aufgabe machenImmer wieder landen Aufgaben auf dem Schreibtisch, die einem weniger Freude bereiten. Die Lösung ist, nicht darüber zu jammern, sondern das Beste aus ihnen zu machen und ihnen gute Seiten abzugewinnen. Vielleicht ist es auch möglich, die Aufgabe zu verändern, seinen Vorstellungen anzupassen oder um einen Aspekt, der einem liegt, zu ergänzen. Um so agiler und schneller kann man sie auch anpacken – und sich dem nächsten Spaßmacher widmen. Quelle: Fotolia
SalamitaktikEin Arbeitsberg mag demotivierend wirkend – je nach dem aus welcher Perspektive man ihn betrachtet. Teilt man sich die Masse in kleine Häppchen auf, wirkt die Aufgabe schon weniger erschreckend – und jedes Teilergebnis wird zum anspornenden Erfolg. Quelle: dpa/dpaweb
Sich nicht runter ziehen lassenVolkswirte wissen: Arbeit gilt als „Ungut“ oder als sogenanntes „Schlecht“ – je weniger davon, um so besser. Dementsprechend freuen sich auch die meisten Menschen, wenn sie ihren Arbeitsplatz Richtung Zuhause, Kneipe oder Fitnessstudio verlassen können. In der Gesellschaft von Arbeitsplatz-Nörglern und Miesepetern ist es schwer, seine positive Einstellung zu erhalten. Um so mehr gilt es, sich nicht runter ziehen zu lassen und gegen den Strom zu schwimmen. Quelle: Fotolia
Stress bedeutet keinen ErfolgWer Stress hat, sei fleißig, erfolgreich, geht scheinbar in seiner Arbeit auf – Stress ist in. Weder ist dieser Vergleich, noch ist diese Einstellung richtig. Stress belastet Körper und Geist. Wer tatsächlich Freude an der Arbeit hat, empfindet diese auch nicht als Bürde und Belastung. im Gegenteil: Sie geht einem dann eher leichter von der Hand. Quelle: Fotolia
WeiterentwicklungWer immer in einer Position verharrt – nicht nur karrieretechnisch, sondern auch geistig – verliert über kurz oder lang den Spaß an der Arbeit. Wer aktiv an sich arbeitet, sich verbessert und weiter entwickelt, hat auch mehr Freude an seiner Arbeit. Daher lautet die Devise, sich nach Weiterbildungsmöglichkeiten zu erkundigen, von Kollegen, Kunden und Geschäftspartnern zu lernen, sowie an Konferenzen teilzunehmen, die nichts mit dem direkten Aufgabenbereich zu tun haben. Das motiviert nicht nur, sondern fördert auch die Karriere. Quelle: Fotolia

Dieses kluge Zeitmanagement ist typisch für erfolgreiche Entwickler, sagt Grant. Denn nicht immer sei es ratsam, mit seiner Idee möglichst rasch in die Öffentlichkeit zu gehen, etwa um eine Marktposition zu besetzen. Der Glaube an den Vorteil des First Movers sei einfach falsch: Pioniere müssen Fehler machen. Wer dagegen zögert, lernt von ihnen und macht sein Produkt besser.

Studien zeigen sogar, dass das viel gescholtene Prokrastinieren, also das Aufschieben von Entscheidungen, in Maßen hilfreich sein kann: Im Gehirn reifen die Ideen dann unbemerkt weiter. Und weil wir nicht verbissen an ihnen herumdoktern, gelingen überraschendere Querverbindungen.

Diese acht Dinge töten jede Motivation
Wird der Beitrag eines Mitarbeiters zum Unternehmenserfolg nicht als wichtig anerkannt, geht die Motivation sich weiter zu engagieren und sich einzubringen Quelle: Fotolia
Angst ist der Grund Nummer eins dafür dass Mitarbeiter aufhören etwas zu tun. Sie gehen keine Risiken mehr ein und bleiben hinter ihren Möglichkeiten. Quelle: Fotolia
Nichts ist frustrierender als die gleiche Aktivität wieder und wieder zu wiederholen. Dabei geht schnell das Interesse an Arbeit und Unternehmenserfolg verloren. Quelle: Fotolia
Manche Mitarbeiter kommen mit dem eigenen Versagen nicht klar. Und so mancher Manager sieht Versagen nicht als Teil der Erfolgsentstehung. Quelle: Fotolia
Ausruhen ist Pflicht! Ein Team braucht genügend Möglichkeiten sich auszuruhen, sonst geht der Antrieb schnell verloren. Quelle: Fotolia
Aber auch zu viel Erfolg kann die Motivation abwürgen und zu Bequemlichkeit führen. Wenn sich ein Team fühlt als wäre es angekommen und hätte alles erreicht dann fehlt der Druck Quelle: Getty Images, Montage
Apathie entsteht,wenn die gemeinsame Vision nicht klar definiert ist oder wenn sich Mitarbeiter nicht mit ihr identifizieren. Eine griffige und anspornende Vision ist also wichtig. Quelle: dpa, Montage

Was Impulsgeber außerdem von anderen unterscheidet: die pure Menge an kreativen Gedanken. Darunter auch viele schlechte. Doch mit der bloßen Anzahl an Ideen steigt die Chance, dass unter ihnen auch eine brauchbare ist

Für Unternehmen sind Innovationswettbewerbe deshalb ein einfacher und effektiver Weg: Wer seine Mitarbeiter um Ideen bittet, regt sie zum Nachdenken an. Was könnte besser laufen? Welche Konkurrenzprodukte könnten zur ernsten Gefahr reifen, welche eigenen Neuentwicklungen lohnen?

Ideen über soziale Netzwerke austauschen

Das funktioniert sogar nach dem Stechuhrprinzip. Das Bild vom Kreativen, den plötzlich die Muse küsst, ist falsch. Originalität ist Arbeit. Ideen lassen sich produzieren, bewerten, verwerfen und weiterentwickeln wie andere Produkte auch.

Doch dazu muss eine kreative Grundstimmung im Unternehmen herrschen, sagt Sandra Ohly, Wirtschaftspsychologin an der Universität Kassel. Als Expertin für Kreativität berät sie Unternehmen, die das innovative Potenzial ihrer Mitarbeiter wecken wollen. „Dazu müssen sie vor allem erleben, dass ihre Vorschläge ernst genommen werden“, so Ohly. „Ideengeber wollen Feedback, selbst wenn es eine Absage ist, sonst werden sie entmutigt.“

Die kreativsten Bewerbungen aus dem Netz
Der Vordruck für eine Anonyme Bewerbung ohne Foto, Name und Alter der Person liegt am 08.11.2010 in Schwerin (Mecklenburg-Vorpommern) auf Zeitungsseiten mit Stellenangeboten. Quelle: dpa
Screenshot der Seite DearLisaRudgers.com Quelle: Screenshot
Portrait auf einer Milchtüte Quelle: Screenshot
Storytelling für Personaler Quelle: Screenshot
Lebenslauf als Spiel Quelle: Screenshot
Bewerbung auf einer Anzeigentafel Quelle: Screenshot
Fotoalbum für Personaler Quelle: Screenshot

Der Briefkasten neben dem Büro des Innovationsmanagements bringe deshalb wenig, sagt auch Oliver Mauroner, Wirtschaftsprofessor an der Hochschule Mainz. Viel effektiver ließen sich Ideen über soziale Netzwerke austauschen, die für alle Mitarbeiter zugänglich sind. Dort können sie Vorschläge einbringen, die Ideen anderer bewerten oder weiterentwickeln. „Wenn dort offen diskutiert werden kann und auf Ideen rasch reagiert wird, bringen nach und nach immer mehr Mitarbeiter Vorschläge ein – denn Kreativität ist ansteckend“, so Mauroner.

Doch dazu bräuchten Mitarbeiter vor allem Zeit. Nur wer einen Gedanken auch mal schweifen lässt, kann Neues entdecken. Damit sind nicht nur kreative Auszeiten während der Arbeit gemeint, sondern echte Freizeit. Denn Überstunden und Erschöpfung sind keine gute Muse für Gedankensprünge. Wer aber neben seinem Beruf kreative Hobbys pflegen kann, Sprachen lernt, in fremde Länder reist oder inspirierende Freunde trifft, ist nachweislich mobiler im Kopf – und kreativer im Job.

So steigern Sie Ihre Kreativität
Yoshiro NakamatsuYoshiro Nakamatsu gilt als einer der größten Erfinder Japans. Er ließ sich im Jahr 1952 die Floppy Disk patentieren und hat seitdem 3300 Patente angemeldet – unter anderem eines für die Karaoke-Maschine und die Digital-Uhr. Um seine Kreativität zu wecken, trieb er sein Hirn und seinen Körper ans Limit. In der Regel ging er schwimmen und hielt seinen Kopf unter Wasser, bis er kurz davor war, bewusstlos zu werden. „Um sein Gehirn von Sauerstoff zu befreien“, hat er einmal erklärt, „muss man tief im Wasser untertauchen, sodass der Unterdruck das Blut aus dem Hirn treibt. Eine halbe Sekunde vor dem Tod fällt mir eine Erfindung ein.“ Im Bild ist er auf einem Elektromobil zu sehen, das er 2004 entwarf. Quelle: REUTERS
Jonathan FranzenDer Schriftsteller Jonathan Franzen ist vor allem bekannt für seine Romane Die Korrekturen und Freiheit, in denen er den Alltag amerikanischer Mittelklasse-Familien beschreibt. Um seine 500-Seiten-Romane zu schreiben, schottet sich Franzen von der Welt ab. Er blockiert alle sensorischen Stimuli. Beim Schreiben trägt er Ohrstöpsel und – wenn er sich besonders stark konzentrieren will – sogar eine Augenbinde. Quelle: dpa
Ludwig van BeethovenObwohl Ludwig van Beethoven taub war, war er einer der einflussreichsten Komponisten der Welt. Einen großen Anteil daran hatte sein Badezimmer. Sein Schüler und Sekretär, Anton Schindler, schrieb, dass Beethoven vor seinem Waschbecken gestanden und Wasser über seine Hände gegossen habe. Dabei gab er hohe und tiefe Töne von sich oder summte laut vor sich hin. Danach ging er durch das Zimmer, machte Notizen, goss weiter Wasser über seine Hände und sang. Schindler bezeichnete das als Momente tiefster Meditation. Quelle: dpa
Thomas EdisonThomas Edison versuchte so wenig zu schlafen wie möglich – nur drei Stunden pro Nacht. Er hielt Schlaf für Zeitverschwendung. In einem Brief schrieb er, Schlaf sei ein Verlust von Zeit, Lebenskraft und Möglichkeiten. Manchmal blieb er drei Tage am Stück wach. Er gilt als der Erfinder der Glühbirne – auch wenn ihm dieser Titel mittlerweile aberkannt wurde. Sein Platz in den Geschichtsbüchern ist trotzdem gesichert: Er entwickelte die Schreibmaschine, den Kinematographen, die erste Filmkamera, die Alkali-Batterie, den Phonographen mit Edison-Walze und machte als Unternehmer Karriere. Quelle: dpa
Charles DickensWenn Charles Dickens gerade nicht an Jahrhundert-Romanen wie Große Erwartungen, David Copperfield oder Oliver Twist schrieb, begab er sich in die Pariser Leichenhalle und starrte tote Körper an. In seiner Phantasie spielte er Detektiv und versuchte, Fälle zu lösen. Literaturexperten schreiben, dass er damit seinen kritischen Geist entwickelte, den er für seine komplexen Romane brauchte. Die Faszination des Schreckens brachte ihn auch zu den Kriminalszenen in seinen Romanen. Quelle: dpa
Maya AngelouMaya Angelou produzierte in über 50 Jahren zahlreiche Autobiografien, Gedichtbände, Filme und Fernsehshows. Das Geheimnis ihrer Kreativität: Ein kleiner Hotelraum, in dem sie von sieben Uhr morgens bis 14 Uhr am Nachmittag mit einem Wörterbuch, einer Bibel und einer Flasche Sherry in Ruhe arbeitete. Quelle: AP
Francis BaconIn Francis Bacons Bildern spielen Gewalt, Zerstörung und Verfall eine zentrale Rolle. In seinem Leben ebenfalls – flaschenweise Wein, Bier im Pub und danach Drinks in privater Runde gehörten zu seiner Tagesroutine. All das beflügelte seine Kreativität. „Ich arbeite gerne verkatert“, sagte er. „Mein Gehirn ist dann mit Energie gesegnet und ich kann klar denken.“ Quelle: Reuters

Einen ähnlichen Geist können auch neue Mitarbeiter einbringen, sagt Psychologin Ohly, denn sie seien noch immun gegen die Betriebsblindheit. Doch vor allem in großen Unternehmen würden sie oft ausgebremst von einem zu starken Hierarchiegefälle: Dann sieht manch ein Vorgesetzter in jedem Verbesserungsvorschlag nur eine Kritik am Status quo.

Widerspruch erwünscht

Zusätzlich herrsche in Deutschland eine Kultur, die Fehler kaum verzeiht, sagt Mauroner. Das hemme Innovationen: „Versuch und Irrtum müssen erlaubt sein. Viele heute bewunderte Geschäftsideen waren doch anfangs auch nichts anderes als ein verrückter Gedanke.“ Manager aber strafen kreative Mitarbeiter eher ab: Wer unbekümmert Ideen und auch Widerspruch äußert, muss um die Gehaltserhöhung oder die Beförderung fürchten. Führungskräfte neigen nun einmal dazu, Gleichgesinnte um sich zu scharen. Die aber stimmen ihnen oft blind zu. Forscher der Stern Business School fanden heraus, dass bei Beratungen oder Finanzdienstleistern 85 Prozent der Mitarbeiter selbst schwere Bedenken ihrem Chef gegenüber nicht äußern – aus Angst um Image oder Karriere.

Wo erfolgreichen Menschen die besten Ideen kommen
Stress, nervige Kollegen, besserwisserische Vorgesetzte - es gibt viele Gründe für Einfallslosigkeit am Arbeitsplatz. So ist es nicht erstaunlich, dass gerade einmal 3,4 Prozent aller Deutschen finden, ihr Arbeitsumfeld fördere Kreativität. Satte 9,9 Prozent weichen zum Grübeln und Überlegen folgerichtig auf das stille Örtchen aus: Sie haben ihre besten Ideen auf der Toilette. Fotos: dpa, Reuters, ap, PR
Er gilt als einer der berühmtesten US-amerikanischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts: Seine geistigen Ergüsse schrieb der Literaturnobelpreisträger Ernest Hemingway am Stehpult nieder - mit einem Drink in der Hand.
Sein umfangreiches Werk gehört zu den bedeutendsten im Repertoire der klassischen Musik: Das Wunderkind Wolfgang Amadeus Mozart hatte seine besten Ideen - im Bett. Im gemütlichen Zettel-Chaos lief der Komponist erst so richtig zur Hochform auf.
Sir Isaac Newton war ein englischer Physiker, Mathematiker, Astronom, Alchemist, Philosoph und Verwaltungsbeamter. Bis heute gilt er als einer der größten Wissenschaftler aller Zeiten, mit seiner Prinzipia legte er den Grundstein für die klassische Mechanik. Gearbeitet hat Newton am liebsten im Garten.
Seine Dramen gehören zum besten, was die deutsche Sprache zu bieten hat. Aber auch als Lyriker hat sich Friedrich Schiller einen großen Namen gemacht. Um sich zu entspannen und der Kreativität freien Lauf zu lassen, stellte der Stürmer und Dränger seine Füße gerne in kaltes Wasser.
Das Badezimmer scheint auch für Regisseur Woody Allen ein besinnlicher Ort zu sein: Inspiration findet der US-Amerikaner beim Rasieren. Angesichts von über 50 Filmen als Drehbuchschreiber und Regisseur scheint dies eine recht vielversprechende Form kreativer Entspannung zu sein.
Dirk Engehausen, in der Mitte des Bildes, ist der Deutschland-Chef von Lego. Seine besten Ideen hat der Manager im Swimmingpool: Beim Drehen der Bahnen lässt er seine Gedanken kreisen.

Wie sehr Mitarbeiter mit einem eigenen Kopf Unternehmen voranbringen können, konnte der Datenanalyst Michael Housman in einer kuriosen Studie im Jahr 2013 zeigen. Er untersuchte die Leistung von 30 000 Kundenbetreuern quer durch sämtliche Branchen. Erstaunlicherweise gab es eine eindeutig identifizierbare Gruppe besonders erfolgreicher Arbeitskräfte. Sie fehlten seltener, verkauften mehr und hatten zufriedenere Kunden.

Was sie gemeinsam hatten? Jene Mitarbeiter gaben sich nicht mit dem vorinstallierten Browser ihres Computers zufrieden. Lieber luden sie sich die Alternativprogramme Firefox oder Chrome herunter. Mit anderen Worten: Sie waren bereit, buchstäblich eigene Wege zu gehen – und dadurch waren sie kreativer und produktiver. Offenbar reicht ein Blick auf den Rechner, um Rückschlüsse auf seinen Benutzer zu ziehen.

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