Wer als Mann aus familiären Gründen im Job kürzertritt, dem ist Heldenstatus sicher – zumindest in den Medien. Jüngstes Beispiel: Rubin Ritter. Der Multimillionär kündigte seinen Ausstieg als CEO von Zalando an, um sich stärker seiner Familie und einem Stiftungsprojekt zu widmen. Bravo – ein tolles Vorbild, so tönte es von allen Seiten. Doch sind die Vorschusslorbeeren berechtigt?
Um Missverständnissen vorzubeugen: Es ist absolut begrüßenswert, dass Männer sich mehr in der Kinderbetreuung engagieren. Wenn wir Einzelfälle derart glorifizieren, verschweigen wir das eigentliche Problem: Dass gelebte Vaterschaft noch immer nicht selbstverständlich ist. Schon Vätern, die werktags ihre Kinder in die Schule bringen oder gar ein paar Wochen Elternzeit nehmen, ist ein anerkennendes Schulterklopfen sicher. Bei Müttern folgt eher die besorgte Frage: Und wie verkraften die Kleinen das?
Hier klafft eine Lücke zwischen Leistung und Ruhm. Denn Mütter verbringen mehr als doppelt so viel Zeit mit den Kindern, wie eine aktuelle DIW-Studie belegt. Laut Mikrozensus lag 2019 die Elternzeitquote bei Müttern, deren jüngstes Kind unter drei Jahren ist, bei 42,2 Prozent – bei Vätern waren es nur 2,6 Prozent.
Wie lässt sich das ändern? In Spanien haben Väter seit Anfang des Jahres genauso wie Mütter einen Anspruch auf 16 Wochen Elternzeit – bei vollem Lohnausgleich. Norwegen hat ein ähnliches Modell. Die Erfahrung mit solchen Gesetzen zeigt: Männer nehmen die Elternzeit, auf die sie explizit einen bezahlten Anspruch haben, der sonst verfällt – in Deutschland sind das meist zwei Monate. Mehr trauen Männer sich auch deshalb nicht zu, weil ihre Arbeitgeber sie zu wenig ermutigen.
Wir brauchen also nicht nur mehr gesetzgeberische Anreize, sondern auch Unternehmen, die tun, was sie predigen. Vor allem sind neue Vorbilder gefragt: Männer in Führungspositionen, die offen aussprechen, dass sie als „Versorger“ in den eigenen Geschlechtsnormen feststecken.
Mehr zum Thema: Die Frauenquote für Vorstände ist eine gute Sache. Und als Quotenfrau nun aufzusteigen, ist es auch. Denn: Wir brauchen ein neues Narrativ für Gleichstellung.