Machtspiele Wenn Manager über Leichen gehen

Manager und die Karriere um jeden Preis. Quelle: Getty Images

Intrigen lauern überall im Job. Doch manche Unternehmen und Branchen sind häufiger betroffen als andere: In Banken, Versicherungen oder im Handel gedeihen Intrigen und Intriganten prächtig. Warum?

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Wer Intrigen sucht, muss bei der Deutschen Bank nicht lange suchen. Viele der dort verantwortlichen Topmanager beherrschen das Spiel auf der Klaviatur der Zwistigkeiten nahezu meisterlich. Der absolute Virtuose des Unternehmens: Aufsichtsratschef Paul Achleitner. Er war es, der seinen Freund und Anwalt Georg Thoma für das Kontrollgremium angeworben hatte. Dort sollte er endlich den neu verordneten Kulturwandel umsetzen. Den Job erledigte Thoma eifrig – für viele zu eifrig. Auch Achleitner ging das Engagement zu weit. Angeblich sorgte Thoma für ein Klima der Angst in der ganzen Bank, seine Kollegen sollen sich von ihm genervt fühlen. So dauerte es nicht lang, bis sich die Aufsichtsräte zu einem Schritt entschlossen, der an den Agatha-Christie-Krimi „Mord im Orient-Express“ erinnert. Nach Gemauschel hinter verschlossenen Türen entwickelten die Kontrolleure einen Plan.

Thoma sei "nicht mehr tragbar" gewesen

Der erste Akt der List: Zwei Aufsichtsräte meldeten sich in der Öffentlichkeit zu Wort und kritisierten den Aufklärer als nicht mehr tragbar. „Mit seinem Übereifer und der juristischen Selbstverwirklichung stößt Dr. Thoma zunehmend auf Kritik“, ließ sich Alfred Herling, damals Betriebsratschef und Vize-Aufsichtsratschef zitieren. Henning Kagermann, Ex-SAP-Chef und Vertreter der Kapitalseite, sagte: „Bei aller Sorgfalt, die wir haben walten lassen, ist es uns wichtig, dass die Deutsche Bank dieses Kapitel endlich abschließt und mit voller Kraft wieder in die Zukunft schaut.“

Mit diesen Sätzen war Thoma angeschossen. In der anschließenden Sitzung eines Ausschusses des Gremiums forderten dessen Mitglieder ihn zum Rücktritt auf. Ohne die erforderliche Unterstützung blieb ihm nichts anderes übrig, als zu gehen.

So wehren Sie Intrigen ab - Ein Sieben-Punkte-Plan

Damit hatte sich Paul Achleitner seines früheren Freundes und späteren Widersachers entledigt – und das, ohne selbst in Erscheinung zu treten.

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Über Leichen an die Spitze

„Intrigen sind ein Mittel, um die eigene Macht auszuweiten“, sagt Dieter Frey, Professor für Psychologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Sie fühlt sich überall wohl, wo es um Positionen geht. Die einzige Voraussetzung: Es muss einen geben, der etwas besitzt, was ein anderer ebenfalls gern sein Eigen nennen möchte. Sonst tritt sie nahezu wahllos auf. Ob in der Wirtschaft oder der Politik, im einfachen Großraumbüro oder auf der Chefetage, in Neustadt oder in New York City: Keiner ist vor ihr sicher. Auch das Alter, Herkunft, Religion oder Geschlecht ist ihr völlig egal.

Strategieumsetzung: Tipps von Managern für Manager

Und doch gibt es Branchen, Zeitpunkte und Konstellationen, in denen sich die Intrige besonders wohlfühlt. In einem wettbewerbsorientierten Arbeitsumfeld etwa. Dazu zählen Banken, Versicherungen oder der Handel. Eine strenge Hierarchie bestärkt den unlauteren Kampf ebenfalls. Überall dort, wo wenige über vieles entscheiden, wächst und gedeiht der Unmut und Neid der anderen. „Je mehr Machtkonflikte auf höchster Ebene vorhanden sind, umso mehr setzt sich das auch nach unten durch“, sagt Psychologe Frey. Zeiten großer Umbrüche, in denen sich ganze Organisationen neu aufstellen, befeuern Intrigen ebenfalls. Das kann ein Regierungswechsel sein, eine Übernahme oder der Chefwechsel.

Bäte sollte zum Rücktritt gezwungen werden

So war es auch bei der Allianz Versicherung. Vorstandschef Oliver Bäte machte sich mit dem Radikalumbau, den er Europas größtem Versicherer verordnet hat, nicht nur Freunde. Manche Manager im Konzern fürchteten angesichts der Neustrukturierung um lieb gewonnenen Einfluss, manche gar um ihren Job. So wundert es kaum, dass einer von ihnen kürzlich versucht hat, Bäte mit einer fiesen Intrige zu beschädigen.

Der Mann spielte der Tageszeitung „Die Welt“ umfangreiches Material zu, das belegen sollte, Bäte benutze den Firmenflieger der Allianz für private Reisen. Das Kalkül des Intriganten: den Konzernchef zum Rücktritt zu bewegen. Doch nach eingehender Prüfung stellten sich die Vorwürfe als haltlos heraus.

In Führungspositionen sind Intrigen Alltag

Ob geglückt oder nicht – Situationen wie diese gibt es häufig. Wie häufig, legen auch die Stimmen derer dar, die es nach ganz oben geschafft haben. Ex-EnBW-Chef Utz Claassen ließ in einem Interview verlauten: „Mit jeder Hierarchiestufe verbringen Sie tendenziell mehr Zeit mit sachfremden Dingen, illegitimen Einwirkungen Dritter und Abwehr von Intrigen.“

Und FC-Bayern-Präsident Uli Hoeneß sagte einst: „Die größte Herausforderung ist es, ganz oben zu bleiben.“ Klingt hart, ist es auch. Und offenbart zudem ein großes Problem. Denn die wohl gravierendste Auswirkung der Intrige, abgesehen vom Schicksal des Opfers, ist die folgende: Intrigen lenken ab. Mit der Folge, dass die eigentliche Arbeit darunter leidet.

Ohne Intrigen ginge es der Deutschen Bank heute besser

So vermutet auch mancher Insider der Deutschen Bank, dass es dem Institut heute besser ginge, wenn sich sein Topmanagement mehr auf seinen eigentlichen Job konzentriert hätte, statt seine Kräfte vor allem dafür aufzuwenden, sich intern zu bekämpfen. Hinzu kommt: Unternehmen, in denen Machtspiele an der Tagesordnung sind, leiden unter verseuchtem Betriebsklima. Überall dort, wo Misstrauen und Angst reagiert, leidet die Produktivität.

Das weiß CSU-Politiker Erwin Huber nur zu gut. „Ab einer gewissen Ebene ist man mehr mit dem Machterhalt beschäftigt als mit der Ausübungen der Macht“, sagt er. „Das ist wahnsinnig anstrengend.“ Denn nicht erst seit Kevin Spaceys Rolle des intriganten Politikers Frank Underwood wissen wir, dass die Hinterlist in der Politik ein besonders lauschiges Plätzchen gefunden hat.

So verscherzen sich Manager das Vertrauen ihrer Angestellten
Talk the Walk & Walk the Talk Ohne Vertrauen geht es nicht: Wenn niemand weiß, wie es hinter der nächsten Wegbiegung aussieht und Zielvorstellungen morgen schon überholt sein können, müssen Mitarbeiter und Partner dem Management blind vertrauen können. Denn Glaubwürdigkeit wird Managern zugeschrieben, die nachvollziehbar den Nutzen des Unternehmens mit echter Wertschätzung für die Menschen verbinden. Das heißt Respekt und Augenhöhe, Sprechen und Handeln nach klaren Werten: Talk the Walk & Walk the Talk. Peter Wollmann, Programmdirektor bei der Zurich Insurance Company und Berater Frank Kühn erklären in „Leading international projects“, welche Bedeutung Vertrauen für Unternehmen heutzutage hat – und wie Top-Manager es zerstören. Quelle: Presse
Narzissmus im Management Narzissten haben einen desaströsen Einfluss auf die nächsten Organisationsebenen. Das erleben wir bei Führungskräften, die an bizarren Entscheidungen ihrer Vorgesetzten verzweifeln. Daran sind – aus Sicht des Narzissten – diese Führungskräfte natürlich selbst schuld. Deshalb vertraut der Narzisst am liebsten sich selbst. Dem zutiefst geprägten Narzissten gehen Sie am besten aus dem Weg. Er lohnt Ihre Annäherung nur, wenn Sie ihm huldigen. Das hilft aber dem Unternehmen nicht, also lassen Sie es. Sie riskieren nur das Vertrauen derer, für die es sich ehrlich lohnt. Quelle: Fotolia
Fehlende Offenheit und TransparenzVerschlossene Topmanager haben ein mehrfaches Problem. Sie müssen ständig auf der Hut sein, was sie veröffentlichen wollen. Wenn es an „ihr Verschlossenes“ geht, argumen-tieren sie umständlich, nebulös oder genervt. Das kostet Kraft und Glaubwürdigkeit. Wir erleben auch Topmanager, die Zurückhaltung von Informationen als hierarchisches Prinzip sehen. Wer das Vertrauen seiner Mitarbeiter gewinnen will, muss das Paradigma, dass Wissen Macht sei, umkehren und Transparenz schaffen. Das ist Voraussetzung dafür, dass die Menschen in der Organisation überhaupt verantwortlich handeln können. Quelle: Fotolia
Unklare Prinzipien und WerteUnklar formulierte oder unpersönlich gehaltene Werte und Prinzipien, die dem Topmanagement wichtig sind, führen zwangsläufig zu Rätselraten. Klar geäußerte persönliche Werte schaffen dagegen Vertrauen. Vereinbarte Prinzipien schaffen Verhaltenssicherheit – wenn sie auf allen Ebenen spürbar sind und ernstgenommen werden. Wenn auch der CEO beim Werksrundgang den Helm aufzieht, wird sichtbar, dass Sicherheit wichtig ist. Wenn er kritisch-konstruktive Rückfragen ehrlich und sichtbar wertschätzt, zeigt er, dass ihm Feedback wichtig ist. Für Manager bedeutet das: Sprechen Sie an, was Sie ärgert und worüber Sie sich freuen. Sagen Sie, mit welchen Motivationen und Interessen Sie die Dinge angehen. Vereinbaren Sie Prinzipien für die Führung und Zusammenarbeit im Unternehmen. Und vor allem: gehen Sie mit gutem Beispiel voran. Quelle: Fotolia
Willkürliches VerhaltenMangelnde Disziplin beziehungsweise willkürliches Benehmen im Topmanagement ist ärgerlich: Verspätung zum Meeting oder Nichteinhaltung von Zusagen gehen gar nicht. Als Machtdemonstration ist das obendrein lächerlich und von den Mitarbeitern längst durchschaut. Insbesondere agile Organisation setzen darauf, dass formulierte Praktiken für lebendige Informationsplattformen, dezentrale Entscheidungsfindung und kollegiale Konflikthandhabung zuverlässig gelebt werden. Ohne Ausnahme, auf allen Ebenen, in allen Bereichen. Wenn unsere dynamische Zeit schnelles Handeln erfordert, sind pünktliches Erscheinen und disziplinierte Meetings ein Muss. Wenn Sie das als Top-Manager nicht eingehen wollen, lassen Sie die Finger von agilen Ansätzen.
DesinteresseMenschen beklagen oft mangelndes Interesse an ihnen und Ihrer Arbeit. Wie sollen sie Vertrauen in eine Führung aufbauen, der sie egal sind? Top-Manager müssen sich darüber klar sein, dass es die Mitarbeiter sind, die in den täglichen Kundensituationen das Unternehmen erfolgreich machen. Organisation und Führung sind dazu da, das bestmöglich zu unterstützen. Entwickeln Sie dies als eine ehrliche Überzeugung und schaffen Sie Gelegenheiten zum Kontakt und Austausch mit Ihren Leuten. Gehen Sie in Projektmeetings und hören Sie zu; seien Sie wohlwollend und respektvoll, auch wenn Sie mal intervenieren müssen. Beziehen Sie die Menschen aktiv in Veränderungsprojekte ein, profitieren Sie von ihren Erfahrungen und ihren Erwartungen. Quelle: Fotolia
Der Mitarbeiter als Kostenfaktor„Humankapital?“ Das mag positiv gemeint sein, kann aber schräg rüberkommen: Viele Mitarbeiter haben das Gefühl, dass sie vor allem als Kostenfaktoren betrachtet werden. Menschen wollen nicht nur Personalnummer und Budgetposten sein. Hier ist das Top-Management gefragt: Sprechen Sie die Menschen persönlich und namentlich an. Binden Sie sie mit Anerkennung ihrer Erfahrungen und Fähigkeiten ein. Unterscheiden Sie Kostenfaktoren (Materialverschwendung, schlechte Arbeitsbedingungen, schlecht vorbereitete Meetings, umständliche Prozesse) und Menschen (Andy, Petra) ausdrücklich. Quelle: Fotolia

Huber spricht gerne in Metaphern. Meistens nutzt er Vergleiche aus dem Sport, manchmal wird der CSU-Politiker technisch, etwa wenn er vom Politikbetrieb als „Tretmühle“ spricht. Beim Thema Intrigen färbt sich seine Sprache kriegerisch. „Wer in einer Führungsposition ist, muss ständig seinen Radar eingeschaltet haben, er muss definieren, woher die Attacken kommen oder wo sich fremdes Feuer entzündet.“

Ohne Misstrauen geht es in der Politik nicht

Huber mischte jahrelang ganz oben mit. Zunächst als bayrischer Staatsminister für Finanzen, später als CSU-Chef. Doch sein Triumph sollte nicht lange andauern. Nur ein Jahr später erzielte die CSU ein historisch schlechtes Wahlergebnis. Zurücktreten wollte Huber dennoch nicht. Zwei Tage später erklärte er ihn trotzdem, die Rufe nach Konsequenzen aus dem Wahldebakel werden zu laut. Vor allem von den Parteifreunden. „Attacken aus den eigenen Reihen sind die schmerzhaftesten“, sagt er.

Heute ist Huber einfacher Abgeordneter. Mit der Distanz fing Huber an nachzudenken. Über die Macht und den Machterhalt, über List und Tücke. Der 70-Jährige hat in den rund 50 Jahren seiner politischen Karriere viele Intrigen miterlebt. Nicht wenige sagen, auch aktiv. Das hat ihn verändert. „Ich bin raffinierter geworden, wachsamer auch“, sagt er. Und: „Misstrauen ist in der Politik überlebenswichtig.“

Diese Ressourcen helfen, den Alltag als Führungskraft zu überstehen

Ob er nach all den Jahren ein Frühwarnsystem für Intrigen entwickelt hat? „Nein. Aber Achtsamkeit hilft“, sagt Huber. Hellhörig würde er immer dann, wenn einer häufig seine Meinung wechsele, sagt er. Außerdem grübelt er über die Motive des Gegenübers nach. Um das herauszufinden, führt Huber viele Gespräche. Welchen Eindruck haben die Kollegen? Was hat die Person anderen gegenüber gesagt?

Was der CSU-Politiker intuitiv macht, nennt Regina Michalik, die ein Buch über die Hinterlist geschrieben hat, das Erstellen eines Intrigograms. Die Psychologin sagt: „Eine Welt ohne Intrigen wird es nicht geben. Umso wichtiger ist Intrigenkompetenz.“ Denn wer weiß, dass er Opfer einer Intrige geworden ist, geht strategischer vor. Sucht sich Bündnispartner und erhöht so die Chancen auf ein Scheitern der Gegner. In diesem Sinne: eine kurze Abhandlung zur Theorie und Praxis der Hinterlist.

Fünf Merkmale einer Intrige

Zunächst einmal erfüllt eine Intrige immer die gleichen fünf Merkmale. Das erste ist die Heimtücke. Ein offener Angriff ist keine Intrige, sie erfolgt immer aus der Deckung heraus. Dass Fälle wie die des Aufsichtsrates Georg Thoma publik werden, ist deshalb selten. Meist kennt nur der Täter den ganzen Plan, auch seine Verbündeten weiht er nicht ein, sondern manipuliert sie. Eine Ausnahme ist die politische Intrige. Dort kommen Zwistigkeiten häufiger ans Licht. Kritisiert ein Politiker einen Parteikollegen öffentlich, ist demjenigen das nicht einfach rausgerutscht, sondern Teil eines größeren Plans.

Intrigen passieren nicht spontan

Womit sich das zweite Merkmal nahtlos anschließt. Eine Intrige folgt immer einem Plan. Sie ist nie etwas Spontanes oder Unüberlegtes. Für den Literaturwissenschaftler Peter von Matt ist die Planung das Schlüsselereignis der Intrige. „Der Planszene voraus geht die Erfahrung einer Not und die Vision eines Ziels“, schreibt er in seinem Buch „Die Intrige“.

Die größten Ängste der Führungskräfte
Den Kopf in den Sand stecken Quelle: Fotolia
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Sinkender Lebensstandard im Alter Quelle: dpa

Das wiederum führt zum dritten Merkmal, dem Motiv. „Meistens sind das Macht, Geld oder Liebe“ , sagt Michalik. Doch nicht immer. Nur weil einem selbst das Motiv nicht wichtig genug erscheint, heißt das nicht, dass es für jemand anderen nicht Anlass zur Intrige liefert.

Wer Plan und Motiv beisammen hat, ist noch lange kein Intrigant. Denn die Kabale muss auch ausgeführt werden – das vierte Merkmal. Wie bei einem Mord muss der Täter irgendwann das Gift besorgen und seinem Opfer verabreichen. Es gilt: ohne Handlung, kein Intrige.

Täter - Verbündeter - Opfer

Für die Ausführung einer Hinterlist benötigt es wiederum mindestens drei Akteure. Neben Täter und Opfer muss es mindestens einen weiteren Verbündeten geben. Der kann als Mitwisser, Handlanger oder Vollstrecker fungieren. Sie selbst wissen meistens nichts von ihrer Funktion. Doch kann ein Opfer, bei all der Hinterlist, überhaupt erkennen, wenn er in einer Intrige verstrickt ist?

„Meistens dann, wenn es zu spät ist“, sagt Michalik. Doch ein Blick in den Werkzeugkoffer der Intrige schärft den Blick. Das wohl wichtigste Instrument ist die Information beziehungsweise das Vorenthalten dieser. Das kann eine „aus Versehen“ weitergeleitete E-Mail an den Kollegen sein.

Der Politiker, der einem Journalisten im Vertrauen erzählt, dass der andere Kandidat schwer krank sei. Oder eine Beschwerde, die nicht an den zuständigen Vorgesetzten geht, sondern an die nächsthöhere Ebene. Immer wenn Informationen einen fehlgeleiteten Weg nehmen, ist das ein Indiz. Kritik hingegen ist es selten – zu offensichtlich. Viel gefährlicher ist Lob. Wer denkt schon, dass der, der Nettes sagt, Böses meint? Außerdem kann man sich gegen Lob nicht wehren. „Das macht es so tückisch“, sagt CSU-Mann Huber. „Vor allem bei öffentlichem Beifall war ich immer auf der Hut.“

Hohe Ansprüche an sich selbst und „Heroismus“: Manager stehen sich oft im Weg. Dafür vernachlässigen sie andere. Dabei ist es so einfach: Wer entscheidet, sollte das kooperativ tun – davon profitieren am Ende alle.

Zu welchen dieser Instrumente Klaus Rosenfeld griff, ist leider nicht überliefert. Doch auch der Chef des MDax-Unternehmens Schaeffler soll sich seinen Weg an die Spitze des Autozulieferers laut eines Berichts des „Manager Magazins“ mit viel List und noch mehr Tücke erschlichen haben. Er selbst wies diese Vorwürfe in einem Interview entschieden zurück. Doch ob Hinterlist oder nicht: Die Geschichte seines Aufstiegs beinhaltet dennoch einige der zuvor beschriebenen Merkmale. Rosenfeld kam im Jahr 2009 als Sanierer zu dem schwer angeschlagenen Unternehmen, das nach der Übernahme von Continental zwölf Milliarden Euro Schulden hatte. Rosenfeld verhandelte, optimierte und restrukturierte geschickt. Beste Voraussetzung eigentlich, um sich für den Chefposten zu empfehlen. Doch nach dem Abgang des langjährigen Vorstandsvorsitzenden Jürgen Geißinger ernannten die Gesellschafter nicht Rosenfeld, sondern den externen Manager Klaus Deller zum Nachfolger. Dieser trat seinen Job nie an.

Obwohl Rosenfeld seinem künftigen Chef Deller zunächst seine Unterstützung zusicherte, erteilte die Gesellschafterfamilie Schaeffler ihrem Wunschkandidaten doch noch eine Absage und setzten stattdessen Rosenfeld auf den Posten. Ende gut, alles gut? Mitnichten. Zwar konnte das Unternehmen seinen Nettogewinn zuletzt wieder steigern, doch das lag vor allem am Schuldenabbau. Sorgen macht vor allem das stagnierende Geschäft mit der Industrie. Der beste Intrigant muss eben nicht auch der beste Unternehmer sein.

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