Machtwechsel Eine ungeregelte Unternehmensnachfolge ist fahrlässig

Eine Hand übergibt einer anderen Hand einen Staffelstab. Quelle: Studio I LIKE BIRDS

Manche Manager beschäftigen sich nur ungern mit ihrer Nachfolge. Doch Unternehmen müssen sich darüber rechtzeitig Gedanken machen – sonst handeln sie sich nicht nur spekulative Schlagzeilen ein, sondern auch hohe Kosten.

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Es braucht, je nach Lesart, viel Selbstüberzeugung oder wenig kommunikative Sensibilität, um den CEO-Posten so hemdsärmelig zu besetzen wie die Deutsche Bank. Wie können einem Konzern dieser Größenordnung bloß solche Pannen und Fehler unterlaufen?

Dass der Aufsichtsrat potenzielle externe Nachfolger anfragte, obwohl Vorstandschef John Cryan eigentlich noch bis 2020 im Amt bleiben sollte, ist das eine. Aber dass die britische „Times“ von diesen vertraulichen Gesprächen Wind bekam, ist dann doch erstaunlich in der eigentlich diskreten Chefetagenwelt. Tagelang kursierten daraufhin Gerüchte über das Ende von Cryan, über sein Erbe und seine potenziellen Nachfolger – bis die Bank am vergangenen Wochenende endlich Christian Sewing als neuen CEO und Cryan-Nachfolger präsentierte.

Mit der Folge, dass am Ende nicht nur die Personen im Fokus standen, über die entschieden wurde, sondern auch die Personen, die viel zu lange unentschieden waren. Die Neubesetzung wirkte nicht wie ein Akt überzeugter Entschlossenheit, sondern wie der verzweifelte Versuch, ein Chaos zu beenden. Professionell, diskret, wohlüberlegt – alles Eigenschaften, die Kunden von einer Bank erwarten. Und die die Kontrolleure um Aufsichtsratschef Paul Achleitner vermissen ließen.

Ein Einzelfall? Keineswegs.

Die deutsche Traditionsbank steht stellvertretend für viele Unternehmen, die sich ausgerechnet mit der Nachbesetzung ihres wichtigsten Postens schwertun. „Die Suche nach einem passenden Vorstandsvorsitzenden ist für viele Firmen eine Herausforderung“, sagt Kati Najipoor-Schütte, die sich bei der Personalberatung Egon Zehnder um CEO-Themen kümmert. Und weil das vielleicht eine Spur zu diplomatisch formuliert ist, schiebt die Expertin noch hinterher: „Viele Übergaben laufen deutlich weniger geordnet ab, als sie sollten.“

Auf die Frage nach dem Warum weiß zum Beispiel die Beratung Kienbaum Consultants International eine Antwort. Sie hat sich im Jahr 2014 bei 190 Personalverantwortlichen nach den wichtigsten Zielen und Prioritäten in der Personalarbeit erkundigt. Auf den ersten drei Plätzen landeten die Arbeitgeberattraktivität, die Steigerung der Führungs- und Managementqualitäten und das Change Management.

Die Nachfolgeplanung? Rangierte auf dem zwölften Rang.

Dabei setzt sich seit einigen Jahren sogar die amerikanische Börsenaufsicht SEC für geordnete Verfahren ein. Sie fordert Unternehmen in Richtlinien dazu auf, systematische Pläne für die Neubesetzung der CEO-Posten zu formulieren und die Entscheidung transparent zu kommunizieren.

Daher handelt fahrlässig, wer sich nicht bereits während der Amtszeit des CEOs mit seinem möglichen Nachfolger beschäftigt. Fahrlässig – und womöglich auch geschäftsschädigend. Denn wenn es einen Gemütszustand gibt, dem alle Investoren, Anteilseigner und Aktionäre skeptisch bis feindlich gegenüberstehen, dann ist es Unsicherheit. Mit ihr handeln sich Firmen nicht nur spekulative Schlagzeilen ein. Sondern auch hohe Kosten.

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