Management Die vier Führungsprinzipien des Trivago-Gründers

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2. Führung und Fachwissen trennen

Ein Montag, Schrömgens ist gerade von einer US-Reise zurück. Er hat sich einen Kaffee aus der Küche geholt und ist grüblerisch an diesem Abend. In den vergangenen Tagen gab es viele Diskussionen auf der Plattform Slack, wo Trivago seine internen Diskussionen führt. Er hat dort die Beschwerde eines Kollegen gefunden, dass viele Führungskräfte die Trivago-Werte nicht mehr leben würden. Seitdem beschäftigt ihn das.

Schrömgens Anspannung kreist stets darum, dass Trivago schleichend konventioneller werden könnte. Sein Umgang mit Führungskräften soll das verhindern, deswegen alarmieren ihn solche Unzufriedenheitsbekundungen. Seine Idee, wie man Führungskräfte dazu verpflichtet, die Unternehmenskultur zu pflegen: indem man Führungsaufgaben von inhaltlichen Themen trennt. „Spezialisten lösen Aufgaben, Führungsexperten lenken Kraft in die richtigen Bahnen.“ Das soll verhindern, dass Führungskräfte klassische Chefs werden: Weil sie inhaltliche Spezialisten brauchen, begegnen sie ihnen auf Augenhöhe.

Jeder Trivago-Mitarbeiter wird nach Stärken sortiert: Kann er Verantwortung tragen, ist er talentiert, bringt er besonderes Wissen mit? Die Gewichtung dieser Eigenschaften entscheidet darüber, wer eher motiviert und wer eher inhaltliche Probleme löst. Beides wirkt sich aber nicht auf Karrierechancen oder Gehälter aus. So glaubt Schrömgens, die Kultur bewahren zu können. Ob das funktioniert? Immerhin gehört Trivago zu den wenigen Firmen, die ausprobieren, was Berater Sprenger fordert: „Die digitale Welt wird verstärkt vom Kunden aus gedacht, nicht von internen Macht- und Kontrollinstanzen. Führung wird dadurch indirekter.“

Diese Sätze zerstörten Manager-Karrieren
Paul Singer: „Kleinfeld hat eine einzigartig charismatische Persönlichkeit, er nutzt seine Beziehungen dazu, weiterhin angestellt zu sein“Elliott-Chef Paul Singer hielt den Ex-Siemens-Chef Klaus Kleinfeld, der 2016 den Metallspezialisten vom Aluminiumkonzern Alcoa  abgespalten hat, schon lange für eine Fehlbesetzung. Seit Anfang 2017 hat der Hedgefonds-Manager alles daran gesetzt, den Deutschen an der Spitze von Arconic loszuwerden. Es herrsche eine hierarchische Kultur im „schicken New Yorker Konzernsitz“, weit weg vom Kunden, was schon bei der Vorgängerfirma Alcoa zu „dramatischer Minderleistung“ geführt habe. Kleinfeld habe eine „einzigartig charismatische Persönlichkeit“, er nutze seine Beziehungen dazu, „weiterhin angestellt zu sein“, stellte er zuletzt fest. Die Schlammschlacht zwischen Singer und Kleinfeld hatte die gesamte Wall Street in den Bann gezogen. Elliott durchkämmte jede Börsenpflichtmitteilung, sprach von Fabrikarbeitern bis zu Aufsichtsräten mit Mitarbeitern von Arconic. Der schwerste Vorwurf: Kleinfeld habe mit dem Geld von Arconic Stimmen von Aktionären gekauft, es soll gar eine Verbindung mit der Schmiergeldaffäre von Siemens  geben, wo Kleinfeld bis 2007 die Geschäfte führte. Quelle: Reuters
Klaus Kleinfeld: „Das erinnert mich an diese Mafia-Filme, wo es heißt: ‚Das ist nicht persönlich gemeint‘“Erst war er Siemens-Chef, dann machte er in den Vereinigten Staaten weiter Karriere: Klaus Kleinfeld (Mitte) gilt als einer der bekanntesten deutschen Manager in den USA. Nun hat er seinen Posten als Vorstandschef und Chairman beim Metallkonzern Arconic aufgegeben. Mit diesem Rücktritt hat sich Hedgefonds-Manager Paul Singer im erbitterten Streit gegen den Manager durchgesetzt. Singers Fonds Elliott Management ist Aktionär bei Arconic – und drängte seit Monaten auf eine Ablösung des ehemaligen Siemens-Mannes. Auf eine Frage nach dem Clinch mit dem Hedgefonds antwortete Kleinfeld Anfang des Jahres auf dem Podium einer New Yorker Finanzkonferenz mit einem Scherz. „Das erinnert mich an diese Mafia-Filme, wo es heißt: ‚Das ist nicht persönlich gemeint.‘“ Fast alle Gäste im Saal lachten. Nur zwei im Publikum verzogen keine Miene: Sie arbeiten für Elliott. Am Ende war der Druck wohl doch zu groß. Kleinfeld kommentiert seinen Rückzug nun wie folgt: „Wir haben eine Menge erreicht. Heute ist Arconic in guter Position für die nächste Phase.“ Nur künftig ohne den Manager aus Deutschland. Quelle: dpa
Paul Achleitner: „Es geht bei diesen Fragen um die Zukunft der Institution Deutsche Bank, nicht um die von Individuen.“Ein Vertrauensbeweis liest sich anders, als das Interview, das der Aufsichtsratschef der Deutschen Bank, Paul Achleitner, kurz vor der Hauptversammlung im Mai 2015 der Wirtschaftswoche gab. Statt sich deutlich hinter die Vorstandsdoppelspitze aus Anshu Jain und Jürgen Fitschen zu stellen, ging er auf Distanz. „Niemand ist unersetzbar“, sagt er. Quelle: dpa
Ferdinand Piëch: „Ich bin auf Distanz zu Winterkorn"Mit einfachen Worten machte VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch (rechts) im April 2015 klar, dass er von seinem langjährigen Weggefährten und VW-Chef Martin Winterkorn (links) abrückt. „Ich bin auf Distanz zu Winterkorn", ließ Piëch verlauten und verdeutlichte damit, dass er mit der Arbeit des Konzernchefs nicht mehr zufrieden ist. Winterkorns Vertrag läuft im kommenden Jahr aus. Dass er spätestens im Frühjahr 2017 als Aufsichtsratsvorsitzender auf Piëch folgen würde, galt bislang als ausgemacht. Ob es wirklich so kommt, ist nun äußerst fraglich. Quelle: dpa
Berthold Beitz: „Cromme bleibt"Der Industriekonzern Thyssen-Krupp kämpfte Anfang 2013 um die Existenz. Aufgrund von gut fünf Milliarden Euro Verlust durch Fehlinvestitionen, Korruption und Kartellabsprachen, stand auch Aufsichtsratschef Gerhard Cromme vor dem Aus. Viele Jahre hatte Patriarch Berthold Beitz nicht mit der Presse gesprochen, doch in dieser Situation griff er zum Hörer und rief beim Handelsblatt an: „Cromme bleibt“, sagte er und wollte damit Spekulationen um das Aus von Cromme ein Ende setzen. In Wahrheit offenbarte der Satz, in welcher prekärer Situation das Unternehmen war. Nur vier Monate später musste der Aufsichtsratschef Cromme den Konzern trotzdem verlassen. Quelle: dpa
Josef Ackermann: „Die richtige Persönlichkeit kann alles lernen, Persönlichkeit aber kann man nicht lernen."Josef Ackermann verkündete im Jahr 2011, dass er zwei Jahre später als Chef der Deutschen Bank ausscheiden würde. Gleichzeitig machte er Angaben dazu, wie er sich das Profil seines Nachfolgers vorstellte: „Die richtige Persönlichkeit kann alles lernen, Persönlichkeit aber kann man nicht lernen." Damit verdeutlichte Ackermann seine Abneigung gegen den designierten Nachfolger Anshu Jain. Vor allem warb er auch für seinen eigenen Favoriten, den Bundesbank-Chef Axel Weber. Doch all das nützte Ackermann wenig: Bereits Ende Mai 2012 musste er seinen Posten zugunsten einer Doppelspitze aus Anshu Jain und Jürgen Fitschen räumen. Axel Weber ging zur Schweizer Großbank UBS. Quelle: dapd
Metro-Aufsichtsratsmitglied: „Soweit ich das übersehe, gibt es keine Mehrheit mehr für ihn."Zwar ist unklar, wer genau der Urheber dieses Zitats war, die Botschaft vom Aufsichtsrat der Metro AG für den damaligen Vorstandsvorsitzenden Eckhard Cordes war dennoch eindeutig. „Soweit ich das übersehe, gibt es keine Mehrheit mehr für ihn", hieß es im Jahr 2011. Für Eckhard Cordes war das der Anfang vom Ende. Zu eindeutig hatte sich eine Mehrheit gebildet, die sich gegen eine Verlängerung seines 2012 auslaufenden Vertrages aussprach. Grund dafür waren charakterliche Zweifel, nachdem sich Cordes in einer Bar im russischen St. Petersburg beleidigend über Aufsichtsratsmitglieder geäußert hatte. Hinzu kamen Zweifel, ob Cordes seine Verkaufspläne für die Konzerntöchter je würde umsetzen können. Zum 31. Dezember 2011 legte Cordes sein Amt als Vorstandschef der Metro AG nieder. Quelle: dpa

3. Nicht jeder gute Mitarbeiter ist auch gut fürs Unternehmen

Als sich die Mitarbeiter von Trivago im Frühjahr zur Vollversammlung treffen, liegt der Altersschnitt bei 28 Jahren, gesprochen wird englisch. Im Anschluss geht es weiter zur Party, die Schrömgens später als „geil“ bezeichnen wird. „Der Partymeister“, hat eine Zeitung mal über ihn getitelt. Schrömgens hat das aufgeregt. „Wir feiern doch nicht, weil wir feiern wollen oder weil das irgend so ein Klischee erfüllt, das man von Start-ups hat“, sagt er. „Wenn wir für vier Tage nach Ibiza fahren mit allen, dann, weil wir nach jedem solcher Erlebnisse wieder ein Stück fester zusammengewachsen sind.“

Damit Feier-Ideen nicht an fehlenden Zutaten scheitern, stehen in den Büros auch alle erdenklichen Snacks und Getränke. Deswegen kauft Trivago für seine Leute WG-taugliche Wohnungen auf. Deswegen sortieren sie allerdings auch jeden aus, der in die Art von Gemeinschaft nicht passt. Das bringt unter Ehemaligen den Vorwurf ein, „wie eine Sekte“ organisiert zu sein, die sich um einige Gurus schare.

Seit 2012 gilt eine Art Trivago-Grundgesetz aus sechs Werten. Ein menschliches wie algorithmisches Bewertungssystem misst jeden Mitarbeiter auch auf seine Orientierung an diesen Werten. Klingt ein wenig abgefahren, darauf basiert aber ein Teil der Bezahlung: Trivago-Leute verdienen ein im Branchenschnitt unterdurchschnittliches Festgehalt. Ein Algorithmus berechnet einen zusätzlichen Betrag – auf Grundlage der Orientierung des Einzelnen an den Werten und der Bewertungen, die Kollegen geben.

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