Management 2018 Was Experten für verschiedene Branchen erwarten

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Digitalisierungs-Experten sind allerorts Mangelware

Julia Schäfer, Kienbaum-Expertin Life Sciences & Healtcare:
Der Trend zum Outsourcing hält weiter an, betroffen sind aber inzwischen außer Bereichen wie Küche und Reinigung, auch die medizinisch-diagnostischen Abteilungen wie Pathologie, Labor oder Radiologie. Umstrukturierungen erfolgen in den Bereichen IT, Technik/Infrastruktur und Service. Kommunale Träger haben derzeit häufiger Probleme mit Compliance: Zum Beispiel bei kritischen Vergabe-Praktiken, Datenschutz oder auch personellen Auswahlverfahren. Insgesamt wächst der Druck auf Aufsichtsgremien, fachlich besser im Thema zu sein und Corporate-Governance-Regeln zu etablieren.

Bei den Top-Besetzungen im Gesundheitssektor wird Diversity immer mehr zum Faktor, allerdings weniger bei kommunalen und konfessionellen Krankenhausträgern, sondern mehr bei den privaten Trägern. Bei den Aufsichtsgremien geht der Trend zur Konzentration: Viele Träger verkleinern die Anzahl ihrer Aufseher, dafür werden sie spezialisierter und fachkundiger – auch das hat vermehrtes Stühlerücken zur Folge.

Top-Manager oder Chefärzte aus dem Ausland zu rekrutieren kommt im deutschen Krankenhausmarkt so gut wie nicht vor. Auch weil für diese relativ wenigen Stellen nach wie vor sehr gute Kandidaten vorhanden sind. Ganz anders als in der Pflege: da herrsch eklatanter Fachkräftemangel und es wird besonders in Asien und Südosteuropa rekrutiert.

Julia Schäfer leitet die Practice Health Care und verantwortet den Bereich Executive Search. Quelle: Presse

Vorstände von Krankenhausunternehmen verlieren heute schneller ihre Positionen, wenn sie nicht vertrauensvoll, transparent und regelhaft mit dem Gesellschafter zusammenarbeiten. Kein Grund für die Entlassung von Geschäftsführern ist ihr wirtschaftlicher Misserfolg. Laut Robert-Koch-Institut ist jedes dritte Krankenhaus in Deutschland defizitär.

In der Gesundheitsbranche wächst das Bewusstsein, dass insbesondere IT ein strategisch unterbelichtetes Thema ist. Die Anforderungen, die das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik stellt, auch Cyberattacken haben die Sensibilität erhöht. Immer öfter werden CDO- und CTO-Positionen (Digital- beziehungsweise Technikvorstand) geschaffen, die aber stark kämpfen müssen, um in ihren Unternehmen akzeptiert zu werden. Hinzukommt: Datenschutzrichtlinien sind immer noch ein Hemmnis für die effiziente Vernetzung und zusammengefasste Patientenakten.

Frauenmangel in Führungspositionen ist auch im Gesundheitssektor ein Problem: Auf dem mittleren Führungslevel in der Medizin sind Frauen noch zum Teil vertreten. Zum Beispiel: 30 Prozent der Oberärzte sind Frauen. Die Medizin-Lehrstühle hingegen sind nicht einmal zu zehn Prozent weiblich besetzt.

Bei den Aufsichtsräten werden nur die kommunalen Aufsichtsräte und die von privaten Trägern langsam diverser. Konfessionelle Träger haben fast nur Männer in ihren Kontrollgremien. Frauennetzwerke treten in der Medizinbranche immer noch zu dezent auf oder werden nur mit halber Kraft unterstützt.

Lutz Rachner, Kienbaum-Experte Manufacturing & Engineering:
Die Unternehmen am Standort Deutschland erleben einen starken Konkurrenzdruck besonders aus China und vor allem im Bereich der Standardmaschinen, -anlagen und -prozesse. Die Digitalisierung steigert obendrein den Veränderungsdruck erheblich, bietet aber auch Chancen für neue Geschäftsmodelle etwa im Aftersales des Maschinen- und Anlagenbaus auf der Basis verknüpfter Sensorik.

Lutz Rachner ist Partner und Vice President der Kienbaum Consultants International GmbH. Er leitet das Büro Hannover und ist für die Practice Group Manufacturing/ Engineering verantwortlich. Quelle: Presse

Weil der Veränderungsdruck so hoch ist, nehmen immer gezieltere Abwerbeversuche von erfolgreichen Führungskräften der Wettbewerber zu. Sie wollen so Defizite im eigenen Unternehmen schnell kompensieren.

Digitalisierungs-Experten sind Mangelware und sehr stark nachgefragt. Kaum ein Unternehmen hat langjährige Erfahrung in diesem Bereich, daher gibt es auch zu wenig Kandidaten. CIO- oder CDO-Positionen (IT- beziehungsweise Digitalvorstand) werden neu geschaffen oder deutlich aufgewertet, indem sie auf Vorstandsebene etabliert werden. Die Bereitschaft, Manager aus anderen Branchen an Bord zu holen, steigt durch den Mangel. Allzu oft scheuen sich die Unternehmen aber, sich auf Branchenfremde einzulassen, um ihre Risiken gering halten.

Weil die Industrie 4.0 häufig völlig neue Arbeitsformen mit sich bringt, können langfristig nur Manager erfolgreich sein, wenn sie diese Anforderungen neben der technischen Dynamik ernst nehmen.

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