Vor zehn Jahren hätten viele Manager beim Gedanken an fernöstliche Entspannungsübungen noch den Kopf geschüttelt. Heute gehören Qigong, Tai Chi oder Shiatsu fest zum Sport- und Entspannungsprogramm in modernen Chefetagen. Unternehmen wie SAP und Google bieten ihren Mitarbeitern Achtsamkeitskurse an, Yoga ist bei vielen Firmen Teil des Betriebssportangebotes.
Dass sich die Methoden aus China und Indien hierzulande so großer Beliebtheit erfreuen, hat verschiedene Gründe.
In Deutschland gilt in der Regel ein Waldspaziergang, ein Wannenbad oder ein Tag im Spa als Entspannung. Aber vor einem Meeting nochmal fix ein Vollbad nehmen oder für Stunden durch den Wald zu gehen? Das lässt sich in einen stressigen Tag schlechter integrieren als eine fernöstliche Entspannungs-Übung, die nur wenige Minuten in Anspruch nehmen muss. Solche Praktiken aus Fernost lassen sich beliebig oft wiederholen und sollen nicht nur dem Geist, sondern auch dem Körper nutzen.
Dass das funktioniert, belegt unter anderem eine Studie der Harvard Medical School in Boston. Die hat festgestellt, dass regelmäßige Meditation die Gehirnstruktur verändert. Der Mensch wird so widerstandsfähiger gegenüber Stress und anderen Menschen gegenüber empathischer. Für Führungskräfte sind das wichtige Eigenschaften. Plätschernde Brunnen und sanftes Glockenspiel, wie sie oft mit fernöstlichen Entspannungs-Methoden einhergehen, sind allerdings nicht jedermanns Sache.
Business-Yoga und Business-Qigong haben immer mehr Zulauf
Deshalb finden Tai Chi, ursprünglich eine chinesische Kampfkunst, und die Bewegungslehre Qigong hierzulande immer mehr Anhänger. „Qigong ist weder Sport, noch eine Meditationstechnik, sondern eine Heilgymnastik aus der traditionellen chinesischen Medizin“, sagt Awai Cheung. Der Chinese aus Berlin lehrt seit mehr als zehn Jahren seine Qigong-Variante fürs Büro: Business Qigong. Damit ist er nicht allein - auch für Yoga oder etwa Tai Chi gibt es schon solche "Business"-Abwandlungen. Inzwischen zählten große Firmen und Dax-Konzerne zu seinen Kunden, erzählt Cheung.
Diese Ressourcen helfen, den Alltag als Führungskraft zu überstehen
Optimismus ist die Überzeugung, in der Zukunft positive Dinge zu erleben und – dies ist der Knackpunkt – dies selbst beeinflussen zu können. Der optimistische Chef oder die optimistische Chefin denkt in Kategorien wie "Ich erwarte eine gute Zukunft". Der Optimist hat viel Gutes erlebt und glaubt, dass es auch in Zukunft so bleiben wird. Er oder sie geht offen auf andere zu. Die aktivere Lebenseinstellung macht Optimisten stressresistenter und es gelingt ihnen auch dadurch leichter, Krisen zu bewältigen. Im Job optimal ist ein realistischer Optimismus.
Der Chef oder die Chefin vom Typ "Fels in der Brandung" übersteht auch widrige Situationen und ist sich dessen auch bewusst. Die positive Ressource dieser Führungskraft ist Resilienz, also Widerstandsfähig- und Anpassungsmöglichkeit. Resiliente Menschen sind meist auch optimistisch, gelassen, mit sich im Reinen, haben klare Ziele und verfolgen diese konsequent. Sie sind in der Lage, die Dinge, auch die negativen, so zu nehmen, wie sie sind.
Für den Arbeitsplatz bedeutet dies die Fähigkeit, trotz Krisen, Veränderungen und Unsicherheit die eigenen Stärken für Fortschritt und positive Veränderungen aktiv zu nutzen. Gute Gefühle verstärken die Resilienz in negativen Situationen. Resilienz wird erhöht durch die Erinnerung an vergangene Krisenbewältigung, durch die Reflexion von Talenten, Fähigkeiten sowie durch Netzwerken..
Die Krönung der Ressourcen ist die Genussfähigkeit, weil sie Voraussetzung und Bestandteil aller anderen ist. Die Kunst, sich an dem zu erfreuen, was ist, benötigen wir, um Ziele zu definieren und den Weg dahin zu genießen. Aus der Genussperspektive statt der Pflichtperspektive verändert sich die Kraft, die wir haben. Für Genussfähigkeit brauchen wir Zeit, Raum und Muße: Im Stehen schnell zu essen und zu trinken und Genuss schließen sich genauso aus, wie auf der Autobahn über den Sinn des Lebens nachzudenken.
"Ich weiß, wofür ich meine Arbeit mache" - gerade der jungen Generation ist wenig wichtiger, als die Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit. Eine Führungskraft sollte diese Frage entsprechend für sich und die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beantworten können. Allerdings gehen Sinnfragen im Alltag häufig in Stress, Hektik und dem Gefühl von Zeitmangel unter. Ein Ausstieg aus den Routinen ist hilfreich, aber auch die einfache Frage „Was nützt es anderen Menschen, dass es mich/meine Arbeit gibt“, kann ein erster Schritt sein.
Der Vorteil seiner Methode: Sie funktioniere auch am Schreibtisch – im Anzug. „Business Qigong geht im Stehen oder im Sitzen, anders als beim Yoga braucht man keine Matten und muss sich nicht hinlegen“, sagt er. Ein paar Minuten genügten schon – und ins Schwitzen komme man auch nicht.
Noch ein Vorteil: Die Übungen müssen nicht in einer bestimmten Reihenfolge gemacht werden. „Man pickt sich einfach das raus, was man gerade braucht. Das kann etwas gegen leichte Kopfschmerzen, aber auch etwas gegen Lampenfieber sein.“ Drei Übungen – gegen den verspannten Nacken, Stress und für einen guten Start in den Tag – finden Sie auf der folgenden Seite.
Räucherstäbchen sind nicht nötig, Selbstvertrauen schon
Mit Esoterik habe das nichts zu tun, sagt Cheung. „Solche Übungen sind auch etwas für Berufstätige ohne Räucherstäbchen-Mentalität.“ Er gibt jedoch zu, dass das Abschalten auf asiatische Art erst einmal komisch aussehe. Andere Gymnastikübungen wirkten aber vermutlich genauso befremdlich, wenn sie im Büro gemacht werden.
„Manche trauen sich nicht, das im Büro zu machen. Dann kann man das zur Not auch mental machen“, rät Cheung. Oder im Zweifelsfall den Raum wechseln. Was ohnehin ein Tipp von Sportmedizinern für den Arbeitsalltag ist. Denn wer den Raum wechselt, signalisiert seinem Kopf: Jetzt wird nicht mehr gearbeitet, sondern Sport gemacht, beziehungsweise Entspannung gesucht.
Hinzu kommt, dass die beste Entspannungsübung nicht hilft, wenn ständig das Telefon klingelt oder Kollegen in den Raum platzen. Also entweder das komplette Team zum Mitmachen motivieren, oder sich einen eigenen Qigong-Raum suchen. Zur Not eben den im Kopf, zu dem Cheung rät. Im Zweifelsfall hilft, was immer hilft: Ausprobieren, was passt. Der eine kann sich am Schreibtisch mit der kleinen Gymnastikeinlage zwischendurch entspannen, der nächste verbringt seine Mittagspause besser im Power-Yoga-Kurs und der andere kann nur in der Sauna wirklich abschalten.