Und dann steht er vor einem Bürotrakt und kommt nicht rein. Schlüsselkarte vergessen. Rolf Schrömgens hopst in die Luft, um über dem Milchglasstreifen der Tür sichtbar zu werden. Er klopft gegen das Glas. Ein Angestellter schaut vom Bildschirm auf und wieder runter. Schrömgens hopst und klopft noch mal. Ein Mitarbeiter steht auf, schlurft zur Tür, öffnet. „Sorry, I forgot my keycard“, sagt Schrömgens. Der andere zuckt mit den Schultern und geht zurück an die Arbeit.
Dass hier der Gründer und Chef des einzigen deutschen Einhorns, also eines Start-ups mit mindestens einer Milliarde Dollar Börsenwert, versucht, seine Zentrale zu betreten, lassen sich weder Chef noch Mitarbeiter anmerken. Wieso auch? Für die mehr als 1200 Mitarbeiter der Düsseldorfer Hotelsuchplattform Trivago ist der unaufgeregte Umgang über alle Hierarchien hinweg die tägliche Selbstvergewisserung, dass man nicht ist, was man nie werden wollte: ein klassisch geführter Konzern.
Vor einem halben Jahr ging dieses Google für Hotels, das zum größten Teil dem US-Reisekonzern Expedia und den drei Gründern Rolf Schrömgens, Peter Vinnemeier und Malte Siewert gehört, an die US-Technologiebörse Nasdaq. Der Kurs liegt bis zum Doppelten über dem Ausgabepreis, der Konzern ist 5,1 Milliarden Dollar wert. Wer in der Techszene Unternehmen in dieser Dimension führt, folgt gemeinhin zwei Regeln: Sei ein egozentrisches Großmaul. Und damit dennoch die Besten für dich arbeiten, setze deine Leute auf bunte Bananen statt biedere Bürostühle.
Rolf Schrömgens hält das für Unsinn. Seine Art der Führung ist gleichzeitig ein Blick in die Zukunft der Arbeit, in der sich Wissen, Macht, Motivation und Geld neu sortieren. „Jeder von uns“, sagt Schrömgens, „hat eine Vorstellung, was der Wert der Firma ist, vermutlich sogar jeder eine andere. Aber keiner dieser Werte hängt vom Börsenkurs oder von klassischen Kennzahlen ab.“
Der Wert, den Schrömgens in seiner Firma sieht, sind seine Führungsmethoden. Er will das Prinzip der Menschenführung neu erfinden. „Wie in konventionellen Unternehmen Arbeit organisiert ist“, sagt Schrömgens, „das ist absurd.“ Deswegen führt er seine Firma nach vier Prinzipien.
Die besten CEOs Deutschlands 2016
Name: Dr. Ulf Mark Schneider
Unternehmen: Fresenius
Leistung: 89
Die Leistung gibt an, wieviel Prozent ausländische Konkurrenten geschlagen wurden.
Quelle: Obermatt 2016
Name: Hans-Georg Frey
Unternehmen: Jungheinrich
Leistung: 84
Die Leistung gibt an, wieviel Prozent ausländische Konkurrenten geschlagen wurden.
Name: Armin Papperger
Unternehmen: Rheinmetall
Leistung: 84
Die Leistung gibt an, wieviel Prozent ausländische Konkurrenten geschlagen wurden.
Name: Thomas Ebeling
Unternehmen: ProSiebensat.1
Leistung: 83
Die Leistung gibt an, wieviel Prozent ausländische Konkurrenten geschlagen wurden.
Name: Dr. Elmar Degenhart
Unternehmen: Continental
Leistung: 82
Die Leistung gibt an, wieviel Prozent ausländische Konkurrenten geschlagen wurden.
Name: Erich Sixt
Unternehmen: Sixt
Leistung: 80
Die Leistung gibt an, wieviel Prozent ausländische Konkurrenten geschlagen wurden.
Name: Dr. Reinhard Ploss
Unternehmen: Infineon
Leistung: 79
Die Leistung gibt an, wieviel Prozent ausländische Konkurrenten geschlagen wurden.
Name: Dr. Dieter Zetsche
Unternehmen: Daimler
Leistung: 78
Die Leistung gibt an, wieviel Prozent ausländische Konkurrenten geschlagen wurden.
Name: Dr. Till Reuter
Unternehmen: Kuka
Leistung: 78
Die Leistung gibt an, wieviel Prozent ausländische Konkurrenten geschlagen wurden.
Name: Timotheus Höttges
Unternehmen: Deutsche Telekom
Leistung: 78
Die Leistung gibt an, wieviel Prozent ausländische Konkurrenten geschlagen wurden.
1. Hierarchien abschaffen
An einem der ersten heißen Frühsommerabende steht Schrömgens in der Parteizentrale der CDU auf einem Podium neben Bundeskanzlerin Angela Merkel. Schrömgens trägt wie meist einen dieser Pullover, die man schon nach wenigen Minuten wieder vergessen hat. Es soll darum gehen, wie Deutschland im Generellen und die CDU im Speziellen gründerfreundlicher werden. Die Kanzlerin hält eine Eingangsrede, in der sie das Rad „eine besonders gute Entwicklung“ nennt. In der Diskussion mit Schrömgens soll sie sich nun dem Thema Digitalisierung noch weiter nähern.
Der 41-jährige Gastronomensohn könnte nun das wohlige Rahmenprogramm zur Regierungschefin bilden. Aber Schrömgens sagt: „Ich glaube, dass wir nicht besonders gut aufgestellt sind in Deutschland.“