Management „Erfolgreiche Unternehmen müssen menscheln“

Management mit Empathie Quelle: Getty Images

Richard Straub, Organisator des Peter-Drucker-Forums, über die Lektionen des österreichischen Managementvordenkers und die Qualitäten guter Führungskräfte.

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Herr Straub, was können Führungskräfte heute noch vom Managementvordenker Peter Drucker lernen?
Vor allem drei Dinge: Erstens geht es bei Management nicht nur um unternehmerische Verantwortung für eine Firma, sondern um gesellschaftliche Verantwortung auf allen Ebenen. Institutionen des öffentlichen Sektors oder der Zivilgesellschaft brauchen ein ebenso solides Management wie private Organisationen. Zum zweiten steht bei Drucker der Mensch im Zentrum aller Überlegungen. Das Management hat die Verantwortung, Menschen so einzusetzen, dass sie die erforderliche Leistung bestmöglich erbringen können. Und drittens hat Drucker stets die Bedeutung von Innovation betont. Für ihn hatte sie gesellschaftliche Bedeutung, da nur sie den Fortbestand – und damit die gesellschaftliche Wertschöpfung – des Unternehmens garantiert.

Egal, ob Gier, Selbstüberschätzung oder Innovationsstau: Peter Drucker behandelte schon vor Jahrzehnten viele der heute aktuellen Themen. Wieso tut sich da nichts?
Ich denke schon, dass sich viel tut, aber das ist eben ein langer Prozess. Management als Disziplin wurde lange unterschätzt beziehungsweise falsch verstanden. Letztlich tickt aber die Gesellschaft nur richtig, wenn ihr Management richtig tickt.

Inwiefern?
Wer über Wachstum und Wohlstand spricht, spricht über Ökonomie und Wirtschaftspolitik. Tatsächlich wird der wirtschaftliche Erfolg von Unternehmen getragen, die erfolgreich gemanagt werden. Derzeit sehen wir eine Transformation: Manager müssen mit wachsender Komplexität umgehen lernen – die lässt sich mit reiner Ingenieurs-Logik nicht mehr erfassen. Kreativität kann nicht per künstlicher Intelligenz simuliert werden. Wenn eine Organisation langfristig erfolgreich sein will, dann gerade deshalb, weil es dort „menschelt“.

Zur Person

Wie kamen Sie im Jahr 2009 eigentlich darauf, das Peter-Drucker-Forum in Wien zu starten, eine inzwischen international renommierte Managementkonferenz?
2009 wäre Peter Drucker 100 Jahre alt geworden – und ich fand, dass der gebürtige Wiener geehrt werden müsste. Bei Recherchen entdeckte ich ein „Drucker Institut“ im kalifornischen Claremont, das den Kontakt zu Druckers Witwe Doris herstellte. Sie unterstützte unsere Idee von Anfang an und kam im Alter von 97 Jahren sogar zur ersten Konferenz nach Wien.

Damals kamen etwa 300 Besucher, in diesem Jahr waren es mehr als tausend. Wie erklären Sie sich die Beliebtheit der mehrtägigen Veranstaltung?
Das ist eine gute Frage, ich bin ja eigentlich kein professioneller Konferenzveranstalter (lacht). Aber im Ernst: Es freut uns natürlich, dass wir inzwischen in eine größere Location – in die Hofburg – umziehen mussten. Offenbar gibt es ein großes Interesse daran, zu erfahren, wie Experten aus der Wissenschaft und Praxis heute gutes Management definieren.

Und zwar wie?
Auch wenn sie die Antwort enttäuschen mag, aber ich halte mich da an Peter Drucker: Jedes Unternehmen tickt unterschiedlich, da gibt es keine Patentrezepte. Am ehesten ließe es sich mit der Künstlichen Intelligenz vergleichen: Es genügt nicht, einen Algorithmus zu schreiben, der sich generell anwenden lässt, so wie es heute geschieht. Sondern darum, ein Programm zu entwickeln, das je nach Fragestellung einen neuen Algorithmus schreibt, wie es künftig der Fall sein wird. Die Aufgabe des Managements ist es, das richtige Modell für die spezifische Situation des Unternehmens zu finden – um nicht zuletzt die Rahmenbedingungen für den optimalen Einsatz der Mitarbeiter zu schaffen. Das wichtigste aber bleibt die Schaffung einer Unternehmenskultur, die Leistungsdenken und Empathie vereint.

Wie lässt sich das bewerkstelligen?
Mit sinnvoller Autonomie und Eigenverantwortung. Drucker hat dies bereits in den Sechzigerjahren anhand des Konzepts vom Wissensarbeiter gezeigt: Die Aufgabe des Managements ist es, Richtung und Ziel festzulegen; die Wissensarbeiter aber bestimmen den Weg – in Zusammenarbeit mit Wissensarbeitern aus anderen Bereichen des Unternehmens. Teamfähigkeit ist heute wichtiger denn je.

Im kommenden Jahr lautet das Oberthema „The Power of Ecosystems: Managing in a Networked World“. Wieso?
Die Digitalisierung führt zu einer neuen, menschgemachten Ökologie, die wir etwa in hochvernetzten Lieferketten, digitalen Plattformen, der sogenannten „Sharing Economy“ oder den Innovations-Clustern finden. Peter Drucker sprach von „Social Ecology“ – von Organisationen und Institutionen, deren Komplexität neue Management-Ansätze benötigt. Das illustrieren Unternehmen wie Apple, Alibaba, Spotify, aber auch „old Industry“-Unternehmen wie der chinesische Haushaltsgerätehersteller Haier. Wie motiviere ich die Mitarbeiter in einer vernetzten, virtuellen Organisation? Wie messe ich Erfolg? Diese Fragen werden uns in den kommenden Jahren sehr beschäftigen – und deshalb wollen wir auch beim Forum darüber sprechen.

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