
Der Umsatz stagniert, die Umstellung der Produktpalette schluckt viel Geld, die Fluktuation in der Führungsriege ist hoch: Als Dan Schmitz Anfang des Jahres die Geschäftsleitung von seinem Vater übernimmt, steht das Familienunternehmen alles andere als rosig da. Dass Schmitz in dieser Situation das Top-Management des Markisen- und Dekostoffherstellers Schmitz-Werke aus Emsdetten in Nordrhein-Westfalen – 800 Mitarbeiter, 106 Millionen Euro Umsatz – zu einer Strategiesitzung in einem Hotel zusammentrommelt, ist nicht ungewöhnlich – die Tagesordnung allerdings schon: Nicht um Einkaufsstrategien, Wachstumsmärkte, Gewinnprognosen soll es gehen.
Auf der Agenda steht nur ein Punkt: die Unternehmenskultur. „Nichts ist für unseren Erfolg wichtiger als unsere Unternehmenskultur. Sie bestimmt, wie wir ticken, wie wir denken, wie innovativ wir sind, was für Markisen wir entwickeln“, sagt der 31-jährige Schmitz. „Das können wir doch nicht dem Zufall überlassen.“
Übergeordnete Wertepaare
Also diskutiert die Geschäftsleitung anderthalb Tage über Grundlegendes wie Vertrauen, Leistung, Innovation, Verantwortung. Und entwickelt fünf Wertepaare, an denen sich Führungsmannschaft und Mitarbeiter künftig orientieren wollen: darunter „Qualität & Leistung“, „Innovation & Wirtschaftlichkeit“ oder „Engagement & Verbindlichkeit“. Aus diesen Eckpfeilern sollen alle Abteilungsleiter konkrete Ziele für ihre Teams ableiten. „Große Missionsfloskeln an der Wand nützen uns nichts, die Ziele müssen nachvollziehbar und messbar sein“, sagt Schmitz. „Sie geben unseren Mitarbeitern Orientierung und sind unsere Basis für erfolgreiches Wirtschaften.“
Was erfolgreiche Unternehmen für ihre Mitarbeiter tun
Bedürfnisse von Familien.
Befragt wurden 1853 Personalverantwortliche von erfolgreichen (gemessen an Umsatz und Beschäftigungsentwicklung 2007-2012) Unternehmen.
Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln
Ideen von Mitarbeitern.
Arbeitszufriedenheit.
leistungsorientiert.
Mitarbeiter und helfen diesen bei der Weiterentwicklung.
eine hierarchieübergreifende Teilnahme an Vorstandssitzungen.
Mitarbeiterzufriedenheit regelmäßig ab.
innerbetriebliche Arbeitskreise.
ein Qualitätsmanagement.
Mitarbeiterpotenziale.
ihren Mitarbeitern an, ihre Führungskräfte zu analysieren.
Die Unternehmenskultur – was ist das eigentlich? Wer den Begriff definieren will, mag sich mitunter fühlen wie beim Versuch, einen Pudding an die Wand zu nageln. „Kultur in Unternehmen entsteht aus der Wiederholung derselben Verhaltensmuster“, sagt Guido Palazzo, Professor für Unternehmensethik an der Universität Lausanne. „Dadurch bilden sich Routinen gegenseitiger Erwartungen.“
Es geht also nicht darum, Mitarbeitern weitestgehende Freiheiten zu gewähren, ihnen das Wäschewaschen abzunehmen oder Kickertische aufzustellen. Sondern darum, Antworten zu finden auf Fragen rund um das tägliche Miteinander im Unternehmen: Wie spricht der Chef mit seinen Angestellten? Wie die Mitarbeiter untereinander? Nach welchen Kriterien wird vergütet? Wie behandelt man Kunden und Lieferanten? Wie steht’s mit der Pünktlichkeit? Antworten Vorgesetzte auf Mitarbeiter-E-Mails?
„Die Kultur muss zum Unternehmen passen“, sagt Harvard-Emeritus John Kotter, einer der renommiertesten Forscher auf dem Gebiet der Unternehmenskultur. Und ist deshalb nicht beliebig kopierbar. Was etwa für den US-Ölkonzern ExxonMobil richtig ist – das Unternehmen animiert seine Mitarbeiter, Familien zu gründen und in die Kirche zu gehen –, wäre bei Apple undenkbar.
Und der militärische Führungsstil des Ex-General-Electric-Chefs Jack Welch würde genauso wenig zu einem Startup passen wie das quartalsorientierte Denken einer Investmentbank zu einem mittelständischen Familienbetrieb. „Egal, welche Werte die Kultur eines Unternehmens ausmachen“, sagt Forscher Kotter, „wenn sie glaubhaft gelebt werden, sind sie unverzichtbare Basis des ökonomischen Erfolgs.“