Management Die vier Führungsprinzipien des Trivago-Gründers

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Raus aus den konventionellen Strukturen

Wer dabei gut abschneidet, verdient deutlich mehr als im Branchenschnitt. Aus diesem Prinzip gibt es kein Entkommen: „Wir verhandeln grundsätzlich keine Gehälter, das führt zu Fehlallokation von Ressourcen, weil am Ende am besten bezahlt wird, wer am besten verhandeln kann, und nicht, wer am besten arbeitet“, sagt Schrömgens.

Um daraus resultierenden Unfrieden zu vermeiden, stellt Trivago am liebsten Menschen ein, die zuvor nicht lange in konventionellen Konzernstrukturen gearbeitet haben. „Wer zwei Jahre in einem klassisch geführten Unternehmen war, hat diese Muster, die viel eher auf taktische denn auf inhaltliche Aspekte schauen, so übernommen, dass man das kaum noch raus bekommt“, sagt Schrömgens.

4. Vermeide falsche Kompromisse

Es ist Frühsommer, als Schrömgens und seine Vorstandskollegen merken, dass ihre Philosophie an Grenzen stößt. Immer wieder haben sie über eine sehr spezielle Gruppe im Unternehmen diskutiert: jene Kollegen, die im Telefonvertrieb Hotels zu Partnerschaften überreden. Ein klassischer Vertriebsjob. Boni, straffe Führung, Wettbewerb – in diesem Milieu gelten all jene Prinzipien, die sie bei Trivago kleinkriegen wollen. Eine Zeit lang hat man versucht, das zu ändern. Doch jetzt kapitulieren Schrömgens und seine Kollegen. Die Abteilung wird in ein eigenes Unternehmen ausgelagert, soll dort eine eigene Philosophie bekommen.

Wenn in Unternehmen Konflikte ausbrechen, gibt es in der Regel den Wunsch, sie zu ignorieren. Schrömgens hält das für einen Fehler. Nicht nur im Umgang mit den eigenen Leuten. Als die Gründer 2012 den Onlinereiseriesen Expedia als Investor an Bord holten – für mehr als 400 Millionen Euro, was Schrömgens neben einem schicken Auto und einem noch schickeren Haus in Portugal vor allem Unabhängigkeit bescherte –, waren sie zunächst zufrieden. Unter dem Dach einer größeren Firma, so die Hoffnung, ließe sich ungestörter wachsen.

Anfang 2016 kamen den Gründern Zweifel, ob das für die Zeit danach die richtige Struktur sei. Mittlerweile war Trivago so groß, dass das ursprüngliche Arrangement nicht mehr passte. „Wir glauben an die Geschichte und dass sie langfristig weitergeht. Allerdings haben wir auch gesehen, dass es in der bisherigen Struktur schwierig ist, die Geschichte weiter zu erzählen“, sagt Schrömgens. „Die beiden Produkte passen nicht eins zu eins zusammen.“ So entstand der Plan eines Börsengangs. „Hätten wir nichts geändert, wären wir Gefahr gelaufen, einfach ein Ableger im Expedia-Reich zu werden“, sagt Schrömgens.

Diese Methoden sollten Manager kennen
1. Die Hawthorne-ExperimenteDas besagt diese Theorie: Im Jahr 1920 führte Elton Mayo von der Universität Massachusetts mit Fabrikarbeitern von General Electric im Werk in Hawthorne eine Reihe von Experimenten durch. Die zeigten, dass Mitarbeiter motivierter sind, wenn sie sich einer Gruppe zugehörig fühlen. Jeder wollte einen "guten Kumpel" haben - und auch als einer angesehen werden.  So wenden Sie diese Theorie an: Teambuilding ist entscheidend. Natürlich wollen Sie, dass Ihre Mitarbeiter als Team arbeiten. Sie sollten Sie aber auch dazu ermuntern, kleinere Gruppen zu bilden, in denen das Zugehörigkeitsgefühl stärker ist. Das motiviert! Fördern Sie außerdem den gutmütigen Wettbewerb zwischen diesen Minigruppen. Ein gesundes Maß an Ehrgeiz steigert die Produktivität! Und nicht vergessen: Jeder möchte das Gefühl haben, wertgeschätzt zu werden. Behandeln Sie Ihre Kollegen und Vorgesetzten also respektvoll und als intelligente Individuen. Dann können Sie fast schon dabei zuschauen, wie die Produktivität in Ihrem Unternehmen wächst. Quelle: Fotolia
2. Das VerhaltensgitterDas besagt die Theorie: Was bedeutet das Wort Führung eigentlich? Robert Blake und Jane Mouton haben dazu ein Verhaltensgitter erstellt. Es gibt an, wie sehr sich eine Führungskraft um die Erledigung der Aufgabe und um ihre Mitarbeiter kümmert. Ihre Führungstypen tragen schönen Namen: Der Glacéhandschuh-Manager interessiert sich weniger für die Erledigung der Aufgaben als für die sozialen Bedürfnisse seiner Kollegen. Der Befehl-Gehorsam-Manager will dagegen strikt die Aufgaben erledigen. Der Organisationsmanager sorgt sich permanent um das Wohlergehen der Mitarbeiter, will aber auch die Unternehmensziele erreichen, während der Überlebensmanager sich weder für die Kollegen noch für die Arbeit interessiert. Der Team-Manager vereint die Aufgabenerfüllung mit guten Mitarbeiterbeziehungen. Wenig überraschend: Blake und Mounton empfehlen allen Managern, letzteren Ansatz zu verwenden.So wenden Sie diese Theorie an: Nutzen Sie diese Theorie, um Ihren bevorzugten Führungsstil zu untermauern. Erkennen Sie aber auch an, dass Sie Ihren Stil anpassen können, wenn es die Umstände verlangen. Sie sind ein Team-Manager? Toll! Aber passen Sie auf, dass Sie engagiert wirken, nicht rasend oder kriecherisch. Glacéhandschuhe bringen Sie auf Dauer nicht weiter, die Arbeit ruft! Organisationsmanagement kann schön und gut sein, verprellt aber dauerhaft die Mitarbeiter. Wenn Sie sich als Überlebensmanager sehen, sind Sie entweder im falschen Unternehmen oder Sie sollten besser den Beruf wechseln.  Lange Rede , kurzer Sinn: Finden Sie Ihren Stil. Sie werden merken, dass es keinen Management-Stil gibt, der pauschal in allen Situationen funktioniert. Bleiben Sie also flexibel. Quelle: Fotolia
3. Maslows BedürfnispyramideDas besagt diese Theorie: Menschen haben Bedürfnisse, die sie erfüllen wollen. Abraham Maslows Pyramide stellt eine Hierarchie von Bedürfnissen auf, die von unten nach oben erfüllt werden müssen. Diese Ebenen lauten: Biologische Grundbedürfnisse (Nahrung, Wärme, Ruhe), Sicherheit (Gewissheit, Freiheit von Angst), Sozialbedürfnis (Zuneigung und Liebe), Anerkennung und Wertschätzung (Reputation und Respekt) und Selbstverwirklichung. Wurde eine Ebene nicht befriedigt, kann man nicht auf die nächsthöhere Ebene aufsteigen.  So wenden Sie diese Theorie an: Laut James McGrath und Bob Bates ist die Anwendung simpel: Sorgen Sie dafür, dass die Grundbedürfnisse Ihres Teams erfüllt werden. Nahrung, Wasser und eine ruhige Arbeitsumgebung können da schon einmal nicht schaden. Auch soziale Interaktion ist wichtig. In manchen Firmen kommen die Mitarbeiter freitags in legerer Kleidung – das fördert die Interaktion untereinander. Glücklich machen Sie Ihre Angestellten auch mit positivem Feedback für anspruchsvolle Aufgaben. Quelle: Fotolia
4. Maccobys Spielmacher-TheorieDas besagt diese Theorie: Michael Maccoby identifizierte vier Temperamente, die im Handeln von Teamleitern zu finden sind: Der Dschungelkämpfer entfaltet sich durch Macht und will unbedingt gewinnen. Der Spielmacher liebt Risiken und neue Ideen. Der Handwerker fordert, dass sich die Mitarbeiter an seine Ideen halten und der Firmenmensch mag nichts so sehr wie Disziplin und Loyalität.So wenden Sie diese Theorie an: Erstmal sollten Sie herausfinden, welchem Stereotyp Sie entsprechen. Tun Sie dann etwas, um die positiven Aspekte Ihre Charakters zu betonen und die negativen zu vermindern. Überlegen Sie sich auch, bestimmte Tugenden der anderen Temperamente zu übernehmen. Machen Sie sich klar, dass in verschiedenen Entwicklungsstadien eines Themas verschiedene Typen benötigt werden. Am Anfang sind Handwerker unentbehrlich, die Werkzeuge zum Schutz herstellen. Diese können dann die Dschungelkämpfer nutzen, um die Umgebung zu erobern und zu sichern. Dann sind die Firmenmenschen gefragt, die die Gruppe sozialisieren. Am Ende kommen die Spielmacher zum Zug und treiben das Team auf höhere Leistungsebenen. Quelle: dpa
5. Das Risiko-Feedback-ModellDas besagt diese Theorie: Unternehmenskulturen sind abhängig vom Maß an Risiko und der Schnelligkeit des Feedbacks. Terrence Deal und Allan Kennedy unterscheiden vier Typen der Unternehmenskultur: 1. Fleißig arbeiten, fleißig feiern: Hier bedarf es schneller Rückmeldungen, was die Kundenzufriedenheit angeht. 2. Harter Mann, Macho: hohe Risiken, viele Individualisten, schnelles Feedback. 3. Das Unternehmen verwetten: Höchst riskante Entscheidungen sind alltäglich, aber nachhaltiges Denken fehlt. 4. Prozess: Bürokratisch, wenig Lust am Risiko, langsames Feedback.So wenden Sie diese Theorie an: Erstellen Sie eine Liste von Entscheidungen, die Ihr Unternehmen im vergangenen Jahr getroffen hat. Unterteilen sie sie in geringes, mittleres und großes Risiko. Dann können Sie überlegen, wie schnell das Unternehmen mit einem Feedback rechnet. Gibt es Entscheidungen, nach denen Sie nachts nicht schlafen konnten? Das ist ein guter Indikator dafür, welches Maß an Unsicherheit und Risiko Sie aushalten. Quelle: REUTERS
6. Das VeränderungsmodellDas besagt diese Theorie: Auftauen, verändern, wieder einfrieren - das ist das Motto dieser Theorie. Kurt Lewin vergleicht sein Modell mit einem Eiswürfel, den man in einen Eiskegel verwandelt. Nach seiner Argumentation motiviert man durch den dreistufigen Prozess die Menschen dazu, dass sie den Wandel wollen.So wenden Sie diese Theorie an: Seien Sie sich darüber im Klaren, welche Veränderungen Sie vornehmen wollen und warum sie nötig sind. Danach steht die Gewinnung von Unterstützung im Mittelpunkt. Dabei heißt es geschickt sein: Diejenigen, die für das Geld zuständig sind, wollen finanzielle Gewinne sehen. Die Personalabteilung dagegen fordert positive Auswirkungen auf die Mitarbeiter. Aber unterschätzen Sie nicht die Macht der Kollegen: Sie müssen die Vorteile der Veränderung verstehen - das ist entscheidend für den Erfolg. Quelle: dpa
7. Die neue moderne MethodeDas besagt diese Theorie: Die Mischung macht’s, sagen James Quinn, Gary Hamel und C.K. Prahalad. Ihre Theorie besagt, dass Unternehmen moderne und postmoderne Planungsmethoden mischen sollten. Modern heißt: Das Management erkennt die eigenen Vorstellungen der Mitarbeiter und greift ihre Ideen auf. Jede Veränderung wird dabei in eine Reihe kleinerer Veränderungen unterteilt und das Management beobachtet, wie jede kleine Veränderung gelaufen ist, bevor es die nächste umsetzt.So wenden Sie diese Theorie an: Finden Sie heraus, wie Ihr Unternehmen plant. Sie können dann mit Mitarbeitern sprechen, die Kundenkontakt haben, um herauszufinden, was unter der Oberfläche des Marktes brodelt. Wählen Sie immer das neue, moderne Planungsmodell, weil es die Wirklichkeit am besten wiedergibt. Nichts ist zu 100 Prozent vorhersehbar. Deswegen sollten Sie Ihre Mitarbeiter so schulen, dass sie flexibel, spontan und kreativ auf die Ansprüche von Kunden reagieren können.   Quelle: dpa

Brian Nowak, der sich bei Morgan Stanley mit dem Techmarkt beschäftigt, bescheinigt Schrömgens eine „Bullen-Geschichte“. Die knapp 280 Millionen Euro Erlös aus dem Börsengang will Trivago in die Perfektion der Technik investieren. Die Hotelsuche könnte noch individueller werden, künstliche Intelligenz eröffnet hier ganz neue Möglichkeiten. Ob das reicht? Die einen sagen, Trivago sei ein Übergangsphänomen, bis Google oder Booking.com das Geschäft übernehmen. Andere finden: Wer sein Angebot perfektioniert, der überlebt. Schrömgens sucht auch deswegen die Perfektion. Doug Anmuth, Techanalyst von JP Morgan, findet, er liegt damit richtig: „Trivago konzentriert sich weiter auf stetige Innovation, um der Konkurrenz voraus zu bleiben.“

Institutionell hat Schrömgens die Voraussetzungen dafür schon mal geschaffen: In Düsseldorf entsteht ein opulentes Hauptquartier, das Platz für fast doppelt so viele Mitarbeiter wie derzeit bietet. Auf dem Dach wird es eine Laufstrecke und einen Fußballplatz geben. Damit das Unternehmen in Bewegung bleibt.

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