Sie sprechen den Leser direkt an und sagen ihm, er habe das Zeug zum We-care-Leader. Hat das tatsächlich jeder?
Jeder kann ein We-Care-Leader werden. Daran glaube ich fest. Das Buch ist wie ein erfahrener lebenskluger Mentor, der dem Leser dabei hilft, diesen Weg zu gehen.
Sie sprechen von unterschiedlicher Sozialisierung bei Männern und Frauen. Es erweckt fast den Eindruck, als hätten es Frauen einfacher, We-care-Leader zu werden.
Männer werden dazu erzogen, ihre unangenehmen Gefühle wie Ängste, Traurigkeit oder Hilflosigkeit zu verdrängen. Sie haben schlichtweg nicht gelernt, mit diesen gut umzugehen. Da fällt es schwer, mit Mitarbeitern umzugehen, die genau diese Gefühle haben.
Frauen haben dagegen öfters den Vorteil, dass sie ihre Emotionen besser wahrnehmen können. Das heißt aber nicht, dass sie auch automatisch besser damit umgehen.
Am Ende jeden Kapitels geben Sie Handlungsempfehlungen, wie man ein besserer Leader wird. Ist es tatsächlich möglich, diese alle zu verinnerlichen?
Ich will den Leuten etwas Konkretes bieten, womit sie anfangen können. Ich unterliege nicht der Illusion, dass man mein Buch liest und zum We-care-Leader wird, denn das ist eine lebenslange Entwicklung. Wenn man aber nach und nach zwei oder drei der Ideen umsetzt, macht das schon einen deutlich wahrnehmbaren Unterschied in der Führung.
Sie stellen fest, dass Menschen hauptsächlich im Beruf produktiv sind und sogenannte Flow-Erlebnisse empfinden. Ist das ein Problem unserer Gesellschaft?
Das ist gar kein Problem. Flow ist der Zustand, in dem wir ganz in einer Sache aufgehen und alles um uns herum vergessen. Wir empfinden Flow, wenn wir herausgefordert werden, wenn wir eine Aufgabe bearbeiten, die uns an die Grenze unserer Leistungsfähigkeit bringt, aber noch machbar ist. Solche Momente hat man laut Forschung deutlich öfters in der Arbeit und das ist okay; Arbeit soll schließlich Spaß machen. Im Privatleben hat man viele Wiederholungen, die einen eben nicht mehr besonders fordern.
Läuft ein We-care-Leader nicht Gefahr, irgendwann überholt zu werden - beispielsweise von einem Mitarbeiter, den er selbst gefördert hat?
Die Gefahr gibt es. Aber was wäre die Alternative? Talentierte Personen künstlich kleinzuhalten? Dann gehen diese woanders hin. Es gibt das Zitat, dass Erstklassige Erstklassige einstellen und Zweitklassige nur Drittklassige.
Wie interessant ist die Arbeit, wenn man nur Ja-Sager einstellt und Leute, die nicht das Potenzial haben, einen selbst zu überholen? We-care-Leader suchen die Besten. Sie genießen in der Regel aber so viel Respekt, dass kein Mitarbeiter auf die Idee käme, sie einfach so rechts zu überholen.