Milliardenmarkt Medikamente Douglas will sich von der Parfümeriekette zur Apotheke wandeln

Douglas auf Shoppingtour, Versandapotheke Disapo im Einkaufswagen. Quelle: imago images

Die Verschmelzung von Gesundheits- und Schönheitsgeschäft ist das große Ziel von Douglas-Chefin Tina Müller. Der Kauf der Versandapotheke Disapo soll nur ein erster Schritt sein, um in dem Milliardenmarkt stärker Flagge zu zeigen.

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Tina Müller hat viel vor: „Es wäre schon schön, die 100 zu erreichen“, sagt die Chefin des Kosmetik- und Parfümeriehändlers Douglas. Um ein solches Alter zu erleben, müsse man zwar einiges tun und reichlich Selbstdisziplin in Sachen Sport und Ernährung mitbringen. Aber es lohnt sich, ist die Managerin überzeugt. Und nicht nur sie. Das Verschmelzen von Gesundheits- und Schönheitsgeschäft gilt angesichts der alternden Gesellschaften in Westeuropa als Wachstumstrend. Ein Trend, von dem auch Douglas profitieren will. 

Vor wenigen Wochen hat Müller angekündigt, die niederländische Versandapotheke Disapo zu übernehmen. Aber das ist offenbar nur ein erster Schritt, um in dem Milliardenmarkt künftig stärker Flagge zu zeigen, lässt Müller im WirtschaftsWoche-Podcast „Chefgespräch“ mit Chefredakteur Beat Balzli durchblicken: „Interessant ist das Thema Telemedizin“, sagt die Douglas-Chefin. Die Digitalisierung der Medizin schreite unaufhaltsam voran und für Douglas könne ein Geschäftsfeld, in dem es auf Beratungskompetenz ankomme, künftig durchaus spannend sein. 

Zunächst will die Managerin aber behutsam starten und Disapo in den eigenen Onlinemarktplatz eingliedern. Vor allem gehe es darum Zugang zu Marken zu erhalten, die bislang exklusiv über Apotheken verkauft werden. Die Bereitschaft der Kundinnen sei groß, bei Douglas neben Parfüms und Cremes auch Medikamente oder Nahrungsergänzungsmitteln zu kaufen, sagt Müller. Dabei gehe es im ersten Schritt um frei verkäufliche Mittel, etwa Hautpflegepräparate und andere Kosmetikartikel. „Es muss nicht sofort der Blutdrucksenker sein“, so Müller. Aber irgendwann könne man „den Schalter umlegen“ und auch rezeptpflichtige Medikamente anbieten.  

Disapo ist nach Unternehmensangaben zurzeit vor allem in Deutschland und China aktiv. Zurück geht das Geschäft auf eine Apotheke in Offenbach, die seit 2005 Medikamente versendet. Im Geschäftsjahr 2021 habe das Unternehmen mit rund 200 Mitarbeitern einen Umsatz im hohen zweistelligen Millionenbereich erzielt. Nach Daten des Beratungsunternehmens Azoya ist Disapo damit zwar die viertgrößte Onlineapotheke in Deutschland. Der Abstand zur Konkurrenz ist aber erheblich. So hat beispielsweise der Wettbewerber Shop Apotheke im vergangenen Jahr rund eine Milliarde Euro umgesetzt. 

Vor allem von der Einführung des E-Rezepts in diesem Jahr versprechen sich die Onlineapotheken – und nun auch Douglas – große Wachstumschancen. Von den rund 60 Milliarden Euro, die pro Jahr in Deutschland mit Medikamenten in Apotheken umgesetzt werden, werden bislang nur rund fünf Prozent im Onlinehandel erzielt. Das Geschäft sei zwar Neuland für Douglas, sagt Müller, aber es ergebe strategisch Sinn, denn „die Märkte für Schönheit und Gesundheit wachsen zunehmend zusammen“. 

„Ich bin kein Model, ich leite ein Unternehmen“

Der Vorstoß in den Gesundheitsmarkt dürfte auch ein Signal an potenzielle Investoren sein. Der Finanzinvestor und Douglas-Mehrheitseigner CVC hatte in der Vergangenheit bereits Möglichkeiten für eine Rückkehr der Parfümeriekette an die Börse ausgelotet. Die Kette hatte sich mit dem ehemaligen Hugo-Boss-Manager Mark Langer zudem einen Kapitalmarktexperten als Finanzchef an Bord geholt. Müller selbst hält sich zu möglichen Plänen für einen Börsengang bedeckt. Für die Managerin wäre es aber wohl der nächste große Schritt in ihrer Karriere. 

Zunächst startete die Rheinländerin in der Konsumgüterindustrie: Bei Henkel war sie unter anderem weltweit für die Marke Schwarzkopf verantwortlich. 2013 wechselte sie in die Automobilbranche, unterschrieb einen Vertrag als Marketing-Geschäftsführerin bei Opel, wo sie mit der Werbekampagne „Umparken im Kopf“ für Aufsehen sorgte. Auch als CEO bei Douglas hat Müller inzwischen vieles umgekrempelt, das Onlinegeschäft massiv ausgebaut und sich von unrentablen Filialen getrennt. 

Die jüngsten Geschäftszahlen bestätigen den Kurs. „Das Filialgeschäft verzeichnet nach den langen Lockdowns eine deutliche und spürbare Belebung“, bilanzierte Müller vor Kurzem. „Gleichzeitig ist es uns gelungen, das hohe Umsatzniveau im E-Commerce leicht auszubauen.“

Im ersten Quartal mit dem wichtigen Weihnachtsgeschäft stieg der Umsatz von Douglas, verglichen mit dem Vorjahr, auf ähnlicher Fläche um 16,8 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro. Damit liegen die Erlöse um fast elf Prozent über dem Niveau vor der Corona-Pandemie im Geschäftsjahr 2019/20. Auch das operative Konzernergebnis stieg im ersten Quartal deutlich um 11,6 Prozent auf 191 Millionen Euro. 

Angesichts solcher Zuwächse und der Corona-Lockerungen ist Müller auch für das gesamte Geschäftsjahr „vorsichtig optimistisch“. Mit dem Wegfall der meisten Corona-Beschränkungen im deutschen Heimatmarkt, offenen Restaurants und Clubs könne es einen sehr guten Frühling und Sommer in den Innenstädten geben. Hinzu komme das gut laufende Digitalgeschäft – und Douglas‘ starke Position im Beautybusiness.

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Müller plädiert beim Thema Schönheit indes für Gelassenheit. Auch als Chefin eines Kosmetik- und Schönheitsunternehmens sehe sie sich keinem übermäßigen Druck ausgesetzt, alle Präparate selbst anzuwenden, oder ihr Äußeres anzupassen. „Ich bin kein Model, ich leite ein Unternehmen“, sagt sie im WirtschaftsWoche-Podcast Chefgespräch. Man müsse sich irgendwann entscheiden, wie man altern möchte, so Müller. Ihr gehe es eher darum, fit und gesund zu bleiben, „die ein oder andere Falte, die kommt sowieso.“

Hören Sie hier den „Chefgespräch"-Podcast mit WiWo-Chefredakteur Beat Balzli, in dem Tina Müller, Douglas-Chefin, erzählt, wie sie Douglas zu einer Beauty- und Gesundheitsplattform umbaut und warum Managerinnen anders bewertet werden als Manager.

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