Mimik So erkennen Sie, was Ihr Gegenüber verschweigt

In Verhandlungen mit Geschäftspartnern und Kunden ist es wichtig, sich auch auf die Mimik des Gegenübers zu konzentrieren. So geht es.

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Die Mimik kann verschiedene Emotionen, Wünsche oder Gedanken übermitteln. Wer die Codes erkennt, hat in Verhandlungen einen Vorteil.Foto: Bettina Volke

Geraten wir unter Druck, werden wir zeitweise blind für die Gefühle anderer. Wir erkennen nicht mehr treffsicher, wie sich unser Gegenüber fühlt. Dies gilt auch für Menschen, die unter normalen Bedingungen sehr empathisch sind.

Auch in professionellen Verhandlungen oder Konfliktgesprächen kann Stress unsere empathischen Fähigkeiten blockieren. Wollen wir jedoch wirkungsvoll verhandeln oder einen Konflikt schlichten, sind wir darauf angewiesen, die Emotionen unserer Gesprächspartner richtig einzuschätzen. Umso fataler, wenn gerade diese Fähigkeit im entscheidenden Moment gehemmt wird.

Erkenntnisse aus der Emotions- und Mimikforschung sind für Ihren Erfolg in Verhandlungen besonders hilfreich. Denn durch das bewusste Wissen und ein gezieltes Training können Sie auch unter Stress Ihre Fähigkeit, die Gefühle anderer richtig einzuschätzen, bewahren und sogar ausbauen.

Dirk W. Eilert ist seit 2001 als selbständiger Trainer, Speaker und Autor tätig und hat sich auf Emotionscoaching sowie nonverbale Kommunikation spezialisiert, hier insbesondere auf die Emotionserkennung durch Mimik und Mikroexpressionen. Im September 2013 ist beim Junfermann-Verlag sein Buch: „Mimikresonanz. Gefühle sehen. Menschen verstehen.“ erschienen. Quelle: Presse

Zwei Impulse für Ihren Verhandlungserfolg:

  • Achten Sie besonders auf sehr schnelle und feine Bewegungen in der Mimik – sogenannte Mikroexpressionen. Diese geben Ihnen Aufschluss über unbewusste Gefühle und emotionale Einwände.
  • Es gibt klare Signale in der Mimik eines Menschen, die signalisieren, dass er einen Einwand hat.

Anzeichen von Lügen erkennen

In den Sechzigerjahren machten die beiden Psychologen Ernest A. Haggard und Kenneth S. Isaacs eine bemerkenswerte Entdeckung. Die beiden schauten sich in Zeitlupengeschwindigkeit auf Video aufgezeichnete Psychotherapie-Sitzungen an, um Hinweise für eine nonverbale Kommunikation zwischen Therapeut und Patient zu finden. Es war also mehr Zufall, als sie dabei auf sehr schnelle Gesichtsausdrücke beim Patienten stießen, die gerade mal eine Dauer von 125 bis 200 Millisekunden hatten.

Begeistert und fasziniert von ihrer Entdeckung verwarfen Haggard und Isaacs ihre Ausgangsidee und beforschten die gerade entdeckten Mikroexpressionen weiter. Sie stellten fest, dass diese in der Regel Inkongruenzen ausdrückten.

Das heißt: Sie tauchten in Situationen auf, in denen der verbale Inhalt des Gesagten der Botschaft der Mikroexpression widersprach. Der Patient sagte also zum Beispiel, dass er jemanden sehr mochte, zeigte dabei aber eine Mikroexpressionen von Ärger im Gesicht.

Diese körperlichen Signale deuten auf eine Lüge hin

Dass sich Inkongruenzen in Form von Mikroexpressionen gerade im Gesicht zeigen, ist kein Zufall. Denn an keinem anderen Körperbereich werden Emotionen so deutlich und konkret wie im Gesicht. Einer der Hauptgründe dafür ist, dass unsere mimische Muskulatur direkt mit unserem limbischen System – unserem Emotionszentrum – „verdrahtet“ ist.

Heute ist die Mimik der am besten beforschte Bereich im Gebiet der nonverbalen Kommunikation. Von vielen Menschen wird die Mimik als Informationsquelle aber immer noch vernachlässigt. Es gibt einige klare Signale in der Mimik eines Menschen, die Einwände signalisieren.

Sieben Signale

1. Augenbrauen zusammenziehen
Diese Bewegung kann bedeuten, dass die Person irritiert oder skeptisch ist. Darüber hinaus ist dieser Ausdruck zwar kein zuverlässiges Zeichen für Ärger (dafür fehlt das Hochziehen der oberen Augenlider), er kann aber durchaus auch ein Hinweis auf kontrollierten oder leichten Ärger sein.

Diese Bewegung tritt auch auf, wenn jemand konzentriert ist. Damit ist sie ein Hinweis auf kognitive Anstrengung - ein Zeichen dafür, dass die Person gerade nachdenkt. In diesem Fall hilft es, das Redetempo etwas zu drosseln oder die Sprechpausen zu vergrößern.

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2. Augenbrauen hochziehen
Beim Sprechen wird das Hochziehen der Augenbrauen häufig benutzt, um etwas zu betonen. Tritt die Expression beim Zuhören auf, kann sie Ungläubigkeit, Skepsis oder Zweifel signalisieren oder auch Erstaunen (dann meist begleitet durch eine leichte Nach-vorne-Bewegung des Kopfes). Wird nur die äußere Augenbrauenseite einseitig hochgezogen, ist dies ebenfalls ein mögliches Zeichen für Skepsis. Bei nur leichtem Hochziehen der Augenbrauen kann dieser Ausdruck ein Zeichen für die Emotion Interesse sein.

3. Oberlippe hochziehen
Genau wie das Rümpfen der Nase ist das Hochziehen der Oberlippe ein Zeichen für die Emotion Ekel und damit ein potenzieller Hinweis darauf, dass Ihrem Gegenüber irgendetwas nicht schmeckt. Denn die Emotionsfamilie Ekel umfasst auch Gefühlsbeschreibungen wie Ablehnung und Abgeneigt-Sein. Tritt diese Bewegung auf, während Ihnen jemand zuhört, kann sie deshalb ein Signal dafür sein, dass die Person nicht ihrer Meinung ist (Skepsis, Zweifel) oder das ablehnt, was Sie gerade sagen.

4. Nase rümpfen
Das ist ein Zeichen für Ekel und damit ebenfalls ein mögliches Signal für Ablehnung. Da es von nahezu jedem Menschen bewusst ausgeführt werden kann, ist es aber nicht zu 100 Prozent zuverlässig. Diese Bewegung machen wir auch, wenn uns jemand etwas vorschlägt oder erzählt, das wir in der Umsetzung für schwierig halten. Auch bei Schmerz kann dieser Gesichtsausdruck auftreten.

5. Das Schürzen der Lippen
Dahinter stecken meist zwei Bedeutungen. Entweder die Person denkt nach oder sie sucht nach einer Idee. Tritt diese Bewegung auf, während jemand zuhört, bedeutet dies in der Regel, dass die Person mit dem Standpunkt nicht übereinstimmt und eine andere Idee in Erwägung zieht. Um bei dieser Expression zwischen neutralem Abwägen, Einwand und positivem Interesse zu unterscheiden, achten Sie zusätzlich auf weitere mimische Ausdrücke und insbesondere auch auf subtile Kopfbewegungen (Hin- und herwiegen, Kopfschütteln oder Nicken).

Trainieren Sie Ihre Mimik

6. Mundwinkel anpressen

Foto: Bettina Volke

Dieser einseitig auftretende Ausdruck ist zum einen ein Zeichen für die Emotion Verachtung. Er kann zum anderen aber auch bedeuten, dass jemand nachdenkt, unentschlossen ist oder Zweifel hat.

7. Der „Facial Shrug“

Der Facial Shrug.Foto: Bettina Volke

Tritt diese Expression auf, während jemand zuhört, drückt sie für gewöhnlich Ungläubigkeit oder Verneinung aus. Tritt sie in Kombination mit Kopfnicken auf, kann sie auch beeindruckendes Zustimmen signalisieren. Dieser Ausdruck ist die mimische Entsprechung des Schulterzuckens und damit ein erlernter, redeersetzender körpersprachlicher Ausdruck, der so viel sagt wie „Ich bin unsicher / ich weiß es nicht“. Da Einwände in dieser Form meist nur subtil auftreten, ist es wichtig, auch auf feinere Versionen dieses Ausdrucks zu achten.

Was Gesten über Sie verraten
Ein Mann verschränkt die Hände hinter dem Kopf Quelle: Fotolia.com
Vermutlich Angela Merkel mit verschränkten Händen Quelle: dpa
Eine Frau mit verschränkten Armen Quelle: Fotolia.com
Eine Frau fasst sich an den Hals Quelle: Fotolia.com
Eine Hand berührt den Ärmel am Anzug der anderen Hand Quelle: Fotolia.com
Eine Frau zeigt mit "zur Pistole" geformten Fingern auf den Betrachter Quelle: Fotolia.com
Eine Frau fasst sich an die Nase Quelle: Fotolia.com

Signale kontern

Wohlgemerkt gilt: Eine Mimik verrät nie den genauen Grund für ein bestimmtes Gefühl. Ein Gefühl von Ablehnung zum Beispiel kann durch etwas ausgelöst werden, das ein Mensch direkt in seiner Außenwelt wahrnimmt oder auch durch eine innere Wahrnehmung. Beobachten Sie also ein nonverbales Einwand-Signal, gilt es im nächsten Schritt herauszufinden, wodurch der Widerstand ausgelöst wurde – zum Beispiel, indem Sie wertschätzend nachfragen oder Ihre Beobachtung durch eine Spiegel-Aussage verbal rückkoppeln. Ihr Gesprächspartner zieht zum Beispiel die Augenbrauen zusammen und Sie sagen: „Sie runzeln gerade die Stirn.“

Spiegel-Aussagen haben gegenüber normalen Fragen einen erheblichen Vorteil: Sie bringen unseren Gesprächspartner innerlich zum Nicken und damit halten sie das Gespräch auf der emotionalen Ja-Straße. Dies ist sowohl für eine positive Gesprächsatmosphäre wichtig als auch förderlich dafür, dass Ihre Argumente den anderen erreichen.

Wenn eine Spiegel-Aussage sehr ungewöhnlich klingt und damit nicht praxistauglich ist – wie zum Beispiel „Sie pressen gerade den Mundwinkel nach innen.“ – hinterfragen Sie einfach die Gefühle: „Wenn ich es richtig sehe, haben Sie noch Zweifel. Darf ich fragen, woran Sie zweifeln?“

Im Alltag trainieren

Wenn Sie damit beginnen, in Gesprächen auf die Gesichtsbewegungen Ihres Gegenübers zu achten, werden Sie anfänglich wahrscheinlich nur noch sehr wenig vom eigentlichen Inhalt der Unterhaltung mitbekommen. Trainieren Sie deshalb Ihre Wahrnehmung vorerst in Situationen, die eher unwichtig sind – wenn Sie nicht aktiv am Gespräch beteiligt sind oder wenn Sie Talkshows im Fernsehen anschauen. So bauen Sie Ihre Wahrnehmungsfähigkeiten Stück für Stück aus.

Schon bald werden Sie dann auch in wichtigen Situationen merken, dass Sie automatisch schneller und leichter erkennen, wann Einwände bei Ihren Gesprächspartnern auftauchen und welche Punkte für Ihr Gegenüber besonders wichtig sind. Das hilft Ihnen nicht nur dabei, einen wirklichen Konsens zu finden, sondern oft lassen sich so mögliche spätere Probleme bereits im Ansatz erkennen und gegebenenfalls sogar vermeiden.

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