Amy Cuddy, Psychologin an der bekannten Harvard-Universität, hat sich das Thema Körpersprache der Macht von einer anderen Seite her angesehen und sich mit zwei Kollegen gefragt: Wenn wir gezielt Machtposen einnehmen, fühlen wir uns dann automatisch kraftvoller und risikobereiter?
In einer Studie von 2010 bat sie 26 weibliche und 16 männliche Versuchsteilnehmer entweder hintereinander für jeweils eine Minute zwei sogenannte Low-Power-Posen einzunehmen oder zwei High-Power-Posen. Die High-Power-Posen sind erstens gekennzeichnet durch raumeinnehmende Gesten - Arme in die Hüften stemmen, mehr als hüftbreiter Stand, offene Körperhaltung.
Low-Power-Gesten zeigen genau das Gegenteil - sitzend mit leicht eingefallener Körperhaltung, die Hände übereinander im Schoß liegend.





Cuddy nahm bei den Versuchsteilnehmern zwei Speichelproben – die erste vor den Power-Posen und die zweite circa 17 Minuten danach. Gemessen wurden zwei Werte: Das Dominanzhormon Testosteron, das auch Frauen haben, und das Stresshormon Kortisol.
Sowohl beim Menschen als auch bei den Tieren lässt sich die soziale Stellung eines Individuums innerhalb einer Gruppe anhand dieser beiden Hormone bestimmen. Hohe Testosteron- und niedrige Kortisol-Werte stehen dabei mit mehr sozialem Einfluss und einer höheren Stellung in der Hierarchie in Verbindung. Die niedrigen Kortisol-Werte erklären dabei auch das geringere Auftreten von nonverbalen Stress-Signalen.
Nun zu den Ergebnissen der Studie: Die „High-Power-Poser“ fühlten sich nicht nur kraftvoller, sondern zeigten dies auch in angestiegenen Testosteron- und gesunkenen Kortisol-Werten. Sie ahnen es wahrscheinlich bereits: Bei den „Low-Power-Posern“ war es nach der zweiminütigen Übung genau umgekehrt: Weniger Testosteron und mehr Kortisol.
Damit aber nicht genug. In einer Aufgabe, die den Versuchsteilnehmern nach der Übung gestellt wurde, verhielten sich die „High-Power-Poser“ risikobereiter als die Probanden, welche die Low-Power-Posen eingenommen hatten. Bewusst die Körpersprache der Macht einzusetzen, beeinflusst also direkt auch unseren emotionalen Zustand und sogar den Hormonspiegel.
Wie können Sie sich diese Erkenntnisse zu Nutze machen? High-Power-Posen sind im Alltag nur in leichter Dosierung zu empfehlen. Übertrieben wirken sie schnell überheblich. Dennoch können Sie die zentralen Ideen aus dieser Studie direkt nutzen:
- Vermeiden Sie eine eingefallene und geschlossene Körperhaltung.
- Achten Sie stattdessen auf eine aufrechte und offene Körpersprache.
Diese beiden Punkte beeinflussen Ihren emotionalen Zustand bereits erheblich: Sie fühlen sich sicherer und strahlen mehr Stärke aus. Dies beeinflusst direkt ihre Durchsetzungskraft.
Kinder sind hier großartige Gradmesser. Wer Kinder hat, kann dies ja einmal ausprobieren: Wenn Sie zum Beispiel möchten, dass Ihre Kinder ins Bett gehen, unterstreichen Sie doch Ihre Bitte versuchsweise zunächst einmal mit einer Low-Power-Pose und anschließend mit einer High-Power-Pose. Die unterschiedliche Wirkung werden Sie direkt merken. Was bei Kindern hier sehr offensichtlich wirkt, zeigt sich bei uns Erwachsenen subtiler.