Weil Müller auch weiß, dass die Rendite eines Hotels mit steigender Sternezahl sinkt, ist seine Entscheidung für eine eigene Billigkette schnell gefallen. Er richtet in der Tiefgarage eines Münchner Astron-Hotels eine Experimentierecke ein. Dort verschiebt er Wände und Mobiliar, um die optimale Kombination aus Zimmerschnitt, Badgröße und Einrichtung zu finden. Und folgt dem Rat des renommierten Genfer Instituts für Markentechnik, die neue Hotellinie unter eigenem Label laufen zu lassen. „Eine gute Marke trägt sich allein“, lernt Müller, „eine schlechte Submarke zieht eine gute Hauptmarke nach unten.“
Auch der Name ist schnell gefunden: Motel One – eine Kombination aus dem Synonym für günstiges Übernachten schlechthin und dem Anspruch, rasch die Nummer eins im Markt zu sein.
Darauf konzentriert sich Müller bald komplett: Er verkauft die Astron-Hotels mit 54 Häusern und 8000 Zimmern an die spanische Hotelkette NH. Dafür kassiert er 95 Millionen Euro, für die Immobilien weitere 250 Millionen Euro. Das Geschäft kurz nach den Anschlägen vom 11. September 2001 lässt die Branche aufhorchen. Danach gönnt sich Müller erst mal eine Auszeit.
Doch schon bald merkt er, dass ihm der Versuch, sein Handicap weiter zu verbessern, nur einen Golferarm beschert. Daher kehrt er zurück ins operative Geschäft, das von Anfang an gut läuft: Schon das erste Motel One, eröffnet im Jahr 2000 in Offenbach, ist von Anfang an profitabel, bei einer Auslastung von 80 Prozent.
Tiefpreise allein genügen nicht zum Überleben
Doch Tiefpreise allein genügen auf Dauer nicht zum Überleben. Daher entwickelt Müller mit seiner Frau Ursula, die er bei Astron kennengelernt hatte, eine dezidierte Markenstrategie. Auf klassische Werbung verzichten sie bis heute, abgesehen von Online-Bannern. „Die Streuverluste sind zu groß“, sagt Müller, „das beste Marketing sind unsere Häuser.“
Also setzen die Müllers neben Top-Lagen auf hochwertiges Design von Originalherstellern, ergänzt um markante Einzelstücke, die regionalen Flair schaffen. Zum Beispiel die im Schottenkaro bezogenen Egg Chairs in Edinburgh, schwülstige Kronleuchter in Prag oder eine Schiffschaukel aus Schottland, die nun im Haus am Wiener Prater steht. Nach einem Urlaub auf Mallorca wählen sie Türkis zur Unternehmensfarbe – „weil die Farbe einfach glücklich macht“.
Tagesdecken, Teppiche und Sessel in dem Farbton gehören seitdem zur Standardausstattung. Auch die Servicemitarbeiter tragen türkisfarbene Uniformen. „Denkt nicht zu viel über euer Gehalt nach“, rät Müller seinen Mitarbeitern, „wenn ihr gut seid, kommt das Geld von allein.“
Bei Motel One zumindest schon. Wenn die Gäste laut Feedbackbogen mit Service und Sauberkeit zufrieden sind, schüttet Müller Boni von bis zu 20 Prozent aus – an das gesamte Hotelteam: „Wer aber nur vom Geld getrieben ist, folgt den falschen Prämissen.“