Hybrides Führen stellt alle Kommunikation- und Entscheidungswege, die eine Führungskraft und ihr Team hat, in Frage. Genau genommen, müssen diese Wege gänzlich oder in Teilen neu organisiert werden. Es braucht im ersten Schritt eine sorgfältige Analyse dafür, was an Strukturen bisher existiert und was nun gebraucht wird. Es braucht neue Verabredungen, explizite Spielregeln, die alle kennen und dann neue technisch passende Lösungen, die diese neue Art miteinander zu kommunizieren und zu entscheiden, unterstützt. Die Technikfrage folgt also den Anforderungen der Zusammenarbeit und wird nicht als erstes beantwortet.
Die Qualität der Neuorganisation bestimmt die Effektivität und Effizienz der hybriden Arbeitssettings. Sie bestimmt aber auch die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter und langfristigen Zusammenhalt des Teams in hybriden Arbeitssettings.
Es ruckelt sich nicht zurecht, sondern – so die Erfahrung – fährt sich fest, wenn man es laufen lässt und hofft, gute Zusammenarbeit ergebe sich doch von selbst. Hybride Arbeitssettings zu etablieren, ist ein ernst zu nehmender Veränderungsprozess, der erst etwas Zeit und Hirnschmalz kostet, um dann ein Vielfaches an Zeit, Produktivität und Zufriedenheit zurückzugeben. Nicht zuletzt den Führungskräften, weil sie – dank guter Strukturen – weniger adhoc führen, sowie spontan und ständig in die Speichen greifen müssen.
Mythos 4: One size fits all
Spoiler: Hybrides Führen „als solches“ gibt es nicht. Sicherlich kann man von Lösungsansätzen anderer lernen und profitieren. Statt aber links und rechts zu schielen, sollten Führungskräfte lieber selbst Lösungen entwickeln, die die eigenen Ziele, die des Teams und der Organisation fest im Blick haben. Die Regeln dafür sind eben organisationspezifisch und nicht generisch. Es gilt neue räumliche und zeitliche Strukturen zu schaffen, die auf die spezifische Zielsetzung einzahlen. Es gilt eine maßgeschneiderte Lösung zu finden, die zur Führungsaufgabe und zum Team passt. Never mind best practice.
Mythos 5: Die Führungskraft muss die Richtung geben!
Um die passenden hybriden Arbeitsstrukturen zu erarbeiten, braucht es einen Diskurs mit dem Team, in dem zahlreiche Fragen und Lösungsoptionen diskutiert, abgewogen und entschieden werden müssen. Es braucht den Austausch mit den Stakeholdern des eigenen Teams und der Bereiche, mit denen man Schnittstellen bildet. Man muss verstehen, was bisher (implizit) funktioniert hat, um es übertragen zu können auf eine neue, hybride Lösung. Und man muss verstehen, was zukünftig funktionieren muss.
Es geht zum Beispiel um zukünftige Arbeitsprozesse, Arbeitsteuerung, die Ermöglichung von asynchronen Arbeiten, es geht um den Erhalt des Zusammenhalts im Team, neue Interaktionsformate, Erwartungsabgleich zwischen Mitarbeitenden, Mitarbeitenden und Führungskräften, neue Kommunikationswege und noch etliche Themen mehr. Die Führungsaufgabe liegt darin, diesen Verständigungsprozess zu führen. Es ist aber nicht Aufgabe der Führungskraft den Masterplan von Anfang an zu kennen. Es ist, wenn man es gut anlegt, ein gemeinsamer Entwicklungs- und Lernprozess.
Der Kampf ums Büro ist im vollen Gange. Wie finden wir ein passendes Konzept für die Balance zwischen Präsenz und Abwesenheit, um beste Ergebnisse zu erzielen und den Spaß an der Arbeit nicht zu verlieren? Sollen wir zum Beispiel eine bestimmte Anzahl von Tagen im Office verpflichtend vorgeben? Wie substituieren wir die wirkmächtigen Strukturen eines gemeinsamen Gebäudes, die Funktion von Büros, Fluren, Sozialflächen, Kaffeeküchen und der Kantine?
Das sind spannende Fragen und die Chance für Innovation, die die Pandemie uns auf den Schreibtisch gelegt hat, wie ich finde. Diese Entwicklung und Reorganisation für ein funktionales, hybrides Arbeitskonzept muss von Führungskräften bewusst und systematisch geführt werden. Und das bald.
Mehr zum Thema: Die Pandemie hat gezeigt: In vielen Jobs ist es egal, von wo aus Mitarbeiter ihre Arbeit erledigen. Das bietet Unternehmen die Chance, weltweit auf die Suche nach Fachkräften zu gehen.