Perfektionisten sollten sich davon verabschieden, immer und überall makellos sein zu müssen. Nicht nur, weil diese Einstellung gesünder ist. Sondern weil das Urteil darüber, ob dieses Produkt oder jene Präsentation nun perfekt ist, von vielen Faktoren abhängt. Von Faktoren, die Angestellte häufig gar nicht beeinflussen können.
Vielleicht lehnen die Kollegen Ideen nur deshalb ab, weil sie nicht selbst darauf gekommen sind. „Not-invented-here-Syndrom“ heißt das klassische Eitelkeitsphänomen, das vor allem in kreativen Berufen vorkommt. Dann nämlich, wenn die Kollegen nicht gemeinsam nach der besten Lösung suchen, sondern nur die eigene Idee bevorzugen und die anderen miesmachen. Das Kalkül dahinter: Was nicht auf dem eigenen Mist gewachsen ist, kann nicht gut sein.
In anderen Fällen hat der Chef schlechte Laune, weil er selbst unter Druck steht. Und diesen Druck reicht er nach unten weiter – indem er Vorschläge jäh zurückweist, die er in anderen Situationen vielleicht goutieren würde. Egal, wie lange und sorgfältig man daran gearbeitet hat.
Doch am heikelsten ist Perfektionismus deshalb, weil die Betroffenen häufig an den eigenen Ansprüchen scheitern. Sie wollen ständig alles zu 110 Prozent richtig machen. Auf Dauer kann das nicht gut gehen.
Zwar ist nichts dagegen einzuwenden, immer das Beste geben zu wollen und das auch von anderen zu verlangen. Doch die Grenzen zum schädlichen Perfektionismus sind fließend. Die einen fürchten sich ständig vor Fehlern, die anderen sind auf die Bestätigung anderer angewiesen, wieder andere setzen sich zu stark unter Druck.
Frauen häufiger als Männer. Zu diesem Ergebnis kam im Jahr 2009 auch Jacqueline Mitchelson von der amerikanischen Auburn Universität. Für ihre Studie legte sie 288 Angestellten umfangreiche Fragebögen vor: Immerhin 38 Prozent der Frauen hatten das Gefühl, dass ihre Leistung im Job ihren Ansprüchen nicht genügten. Den Männern ging das nur zu 24 Prozent so.