




Ob es den viel diskutierten "Fachkräftemangel" nun gibt oder nicht, in Unternehmen gewinnt angesichts der Wahrnehmung wachsender Rekrutierungsprobleme auch die Bindung vorhandener Mitarbeiter an Bedeutung. Zu diesem Ergebnis kommt zumindest die Studie "HR-Report 2012/13" des Instituts für Beschäftigung und Employability und des Personaldienstleister Hays. Befragt wurden 714 "Entscheider aus Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Nach Ansicht der Befragten sind vor allem kulturelle Faktoren wichtig, um Mitarbeiter dauerhaft zu halten. Daher steht auch das gute Betriebsklima mit über 93 Prozent ganz oben auf der Liste der Instrumente. Gefolgt von der Reputation des Arbeitgebers mit 76 Prozent. Newcomer auf den vordersten Plätzen ist im Vorjahresvergleich die marktgerechte Entlohnung. Sie kletterte von 57 auf immerhin 77 Prozent. Möglicherweise ein Indiz für die Knappheit an qualifizierten Mitarbeitern auf einigen Arbeitsmärkten.
Erstaunlich ist die Diskrepanz zwischen der behaupteten Bedeutung und der tatsächlichen Umsetzung von Instrumenten zur Mitarbeiterbindung. So geben beispielsweise nur 70 Prozent der befragten Unternehmen an, über ein gutes Betriebsklima zu verfügen. Und eine gute Reputation sprechen nur 55 Prozent der Befragten ihrem Arbeitgeber zu, obwohl ihr eine ungleich höhere Bedeutung zugesprochen wird.
Sieben Thesen
Ein gutes Betriebsklima ist entscheidend dafür, dass Mitarbeiter ihrer Organisation treu bleiben. Gerade angesichts des demografischen Wandels ist dies mehr denn je notwendig.
Trotz aller kulturellen Faktoren: Die Bedeutung einer marktgerechten Entlohnung für die Mitarbeiterbindung hat zugenommen. Ein gutes Gehalt ist zentral für die Zufriedenheit.
Organisationen sehen nun stärker die kulturelle Dimension des demografischen Wandels. Doch die meisten Unternehmen zeigen allenfalls Ansätze der Balance zwischen den Generationen.
Führungskräfte im Personalmanagement sind deutlich aufmerksamer für gesellschaftliche Trends als die Unternehmensführung und die Führungskräfte aus den Fachbereichen. HR-Verantwortliche müssen weiterhin um die Aufmerksamkeit der Topmanager und Führungskräfte aus den Bereichen kämpfen.
Die Aufmerksamkeit für eine ausgeglichene Work-Life-Balance steigt. Das Repertoire an Instrumenten dafür ist größer geworden. Vor alle geht es um flexiblere Arbeitszeiten. Auch darüber sollten HR-Verantwortliche mit den Fachbereichen sprechen.
Chefs bewerten ihr Führungsverhalten nach wie vor positiver als ihre Mitarbeiter. Mittlerweile gibt es in mehr Unternehmen regelmäßige Rückmeldungen über die Leistungen der Mitarbeiter. Das entspricht einem starken Bedürfnis vor allem junger Angestellter.
Trotz aller Diskussionen hat das Geschlechterthema im Vergleich zu anderen gesellschaftlichen Trends anscheinend geringen Einfluss auf die Unternehmens- und Personalpolitik.
Diese Kluft zwischen Anspruch und Handeln zeige, so die Autoren, "dass Unternehmen noch einen hohen Nachholbedarf in puncto Mitarbeiterbindung haben." Man könnte dies allerdings auch dadurch erklären, dass der tatsächliche Handlungsdruck eben noch längst nicht so groß ist, wie das alltägliche Gerede vom Fachkräftemangel suggerieren. Der einzige Bereich, in dem Anspruch und Wirklich nicht auseinander liegen sind flexible Arbeitszeitmodelle, deren Stellenwert entspricht nahezu dem Grad der Umsetzung ist. Viele Unternehmen bieten bereits flexible Arbeitszeiten an.
Der Vergleich zwischen großen und mittelständischen Unternehmen zeigt: Konzerne bieten ein weitaus umfangreicheres Maßnahmenspektrum zur Mitarbeiterbindung an (vor allem mit Blick auf die Sozialbetreuung, die Gesundheitsförderung und Karriereperspektiven) als der Mittelstand. Der öffentliche Dienst punktet insbesondere mit Beschäftigungssicherheit und Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und jeweiliger Lebensphase.
Für den HR-Report befragt das IBE im Auftrag von Hays jährlich Entscheider aus Unternehmen aller Branchen sowie öffentliche Verwaltungen zu ihren wichtigsten HR-Handlungsfeldern sowie den Auswirkungen gesellschaftlicher Trends auf ihre Organisation.