Personalmanagement Warum junge Talente schwer zu halten sind

Eröffnen sich anderswo neue Chancen, kehren vor allem junge Arbeitnehmer ihrer Firma schnell den Rücken. Quelle: Fotolia

Junge Fachkräfte bleiben selten lange in ihren Unternehmen, ziehen manchmal sogar ohne konkrete neue Jobperspektive weiter. Am ehesten lassen sie sich mit interessanten Aufgaben halten, zeigt eine aktuelle Umfrage.

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Um kaum eine Gruppe von Arbeitnehmern machen sich Personalabteilungen mehr Gedanken als um die jungen Talente, also die frisch von der Uni kommenden oder erste Berufserfahrung mitbringenden Arbeitskräfte. Auf dem Arbeitsmarkt heiß umworben, sind diese Mitarbeiter für Unternehmen schwer zu rekrutieren und noch schwerer zu halten. Eine Befragung unter Fach- und mittleren Führungskräften zeigt: Das viele Mühen der Unternehmen prallt weitgehend an den jungen Talenten ab.

Und das wissen auch ihre Kollegen und Vorgesetzten: 91 Prozent der Befragten halten es für schwierig, neu eingestellte junge Mitarbeiter zu halten und dauerhaft ins Unternehmen zu integrieren. 40 Prozent halten dies sogar für sehr schwierig. Die Einschätzung basiert auf der Erfahrung, dass junge Mitarbeiter auch bei geringfügiger Unzufriedenheit oder einfach aufgrund von Freude an der Abwechslung Unternehmen nach wenigen Jahren oder sogar nur Monaten wieder verlassen.

Die Gründe dafür sind komplex, erklärt Carsten Schaefer von der Talent- und Organisationsberatung Korn Ferry: „Es kommen einfach unterschiedliche Welten und Generationen zusammen. Gerade junge Talente, die mit Anfang zwanzig sehr früh in den Arbeitsmarkt einsteigen, probieren sich gerne aus. Sie sind schnell bereit, Positionen einzunehmen. Wenn das aber nicht das richtige ist, haben sie auch die Chance, weiterzuziehen.“

Unternehmen und Personalabteilungen haben es also nur begrenzt in der Hand, ob ihre jungen Mitarbeiter bleiben. Mit genaueren Jobbeschreibungen können sie aber Abgänge aus Enttäuschung vermeiden. 38 Prozent der Befragten halten nicht erfüllte Erwartungen der neuen Mitarbeiter bezüglich ihrer Rolle und der konkreten Position für den Hauptgrund. 20 Prozent vermuten, dass die Arbeit für das Unternehmen sich als ganz anders herausstellt als im Rekrutierungsprozess dargestellt. „Wir empfehlen deshalb, ein realistisches Bild zu zeichnen“, sagt Schaefer.

Wer meint, ein hohes Gehalt könne die Bleibemotivation erhöhen, wird damit nur scheinbar Erfolg haben. Erstens sehen nur sieben Prozent der Befragten in dem Wunsch nach mehr Geld den Hauptkündigungsgrund ihrer jungen Talente – wenngleich 40 Prozent auch einräumen, dass ein höheres Gehalt Wechselwillige noch aufhalten könne. Zweitens warnt Schaefer davor, die Unzufriedenen mit Geld zum Bleiben zu bewegen. Die Bezahlung halte sie nur davon ab, sofort zu gehen. „Zwar wickeln sie ihre Aufgaben im Tagesgeschäft ab. In Wirklichkeit sind sie aber vor allem damit beschäftigt, ihren Abgang fortwährend vorzubereiten. Sie werden ihr Potenzial nicht entfalten.“

Auffällig bei der Befragung der Fach- und Führungskräfte: Sie sehen die hohe Wechselbereitschaft ausschließlich bei der Generation Y, also der heute etwa 18- bis 36-Jährigen. Ihnen werden Attribute wie technikaffin, gut ausgebildet, sinnsuchend und werteorientiert, aber auch auf das eigene innere Gleichgewicht bedacht zugeschrieben. Tatsächlich sind nach Einschätzung der Befragten 26 Prozent dieser Gruppe bereit zu kündigen, wenn eine Stelle doch nicht ihren Vorstellungen entspricht – selbst ohne eine neue Stelle sicher zu haben. Klassische „Kaminkarrieren“ – Berufseinstieg und Aufstieg über Jahrzehnte in ein und demselben Unternehmen – kommen in dieser Generation praktisch nicht mehr vor.

Sollten sich Unternehmen angesichts dieser Befunde einfach gar nicht verbiegen und auf eine hohe Fluktuation bei jüngeren Mitarbeitern einstellen? Nein, sagt Personalexperte Schaefer bestimmt. „Man muss sich natürlich auf die Situation einstellen. Aber Anwerbe-Prozesse sind sehr aufwendig, man investiert in die potenziellen Talente. Man hat schon ein Interesse, diese Leute an sich zu binden.“

Gelingen kann dies mit einer fein auf das jeweilige Unternehmen abgestimmten Personalpolitik und einem Neuzuschnitt von Positionen und Aufgaben. Für 73 Prozent der Befragten der Korn-Ferry-Umfrage ist nämlich vor allem eines ein triftiger Bleibegrund: Herausfordernde Aufgaben und eine wertschätzende Arbeitskultur im Unternehmen. „Junge Talente wollen sehr früh in verantwortungsvolle und interessante Projekte involviert sein“, erläutert Schaefer. „Sie möchten gefragt werden, in diesen Projekten durchaus eine führende Rolle zu übernehmen. Das ist das, was junge Leute sich wünschen und sie wollen an den praktischen Beispielen lernen. Damit auch verbunden – klar – weitere Extras und Anreize, die nicht finanzieller Art sein müssen.“

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